Leitsatz

Einkommensteuer -Vorauszahlungen für zusammen veranlagte Eheleute werden, sofern keine anderweitige Absichtsbekundung erkennbar ist, für Rechnung beider Ehegatten gezahlt. Dies gilt auch bei Insolvenz eines Ehepartners.

 

Sachverhalt

Die betroffenen Eheleute sind seit Anfang 2002 verheiratet. Das Finanzamt gab zunächst gegenüber der Klägerin unter deren vorehelichen Steuernummer die zu leistenden Vorauszahlungen für 2003 bekannt. Ab dem Veranlagungszeitraum 2002 wurden sie unter einer neuen Steuernummer zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Ihre Steuerberaterin beantragte unter dieser Steuernummer die Herabsetzung der Vorauszahlungen für 2003. Unter einer dritten Steuernummer erließ das Finanzamt gegenüber den Eheleuten einen Vorauszahlungsbescheid für 2004. Die Ehefrau leistete die Vorauszahlungen für 2004 in voller Höhe unter dieser dritten Steuernummer und gab als Verwendungszweck ESt und Soli an. Das Finanzamt rechnete das Guthaben aus den Vorauszahlungen für 2004 im Rahmen eines Abrechnungsbescheides zunächst in vollem Umfang der Ehefrau zu.

Über das Vermögen des Ehemanns wurde am 1.5.2003 das Insolvenzverfahren eröffnet, das am Tag der mündlichen Verhandlung im vorliegenden Klageverfahren noch nicht beendet war. Dem Finanzamt war dieses Insolvenzverfahren bekannt. Der Insolvenzverwalter erhob Einspruch gegen den Abrechnungsbescheid und beantragte die Zuordnung der gezahlten Vorauszahlungen auf beide Ehegatten und die Erstattung der Hälfte der Vorauszahlungen. Das Finanzamt gab diesem Antrag statt; die hinzugezogene Ehefrau erhob hiergegen Klage mit dem Antrag, die geleisteten Vorauszahlungen für 2004 ausschließlich ihr zuzurechnen.

 

Entscheidung

Das FG entschied, die Vorauszahlungen für 2004 sind für Rechnung beider Ehegatten gezahlt worden und deswegen zur Hälfte aufzuteilen. Nach § 37 Abs. 2 AO kommt es für die Erstattungsberechtigung darauf an, wessen Steuerschuld nach dem Willen des Zahlenden, wie er im Zeitpunkt der Zahlung dem Finanzamt erkennbar hervorgetreten ist, getilgt werden sollte. Das gilt auch bei Gesamtschuldnern wie zusammen veranlagten Ehegatten. Solange die Ehe besteht und die Eheleute nicht dauernd getrennt leben, kann das Finanzamt als Zahlungsempfänger davon ausgehen, dass der leistende Ehegatte auch die Steuerschuld des mit ihm zusammen veranlagten Ehegatten begleichen will. Werden mithin keine Anhaltspunkte für eine bestimmte andere Tilgungsabsicht bekundet, sind beide Ehegatten erstattungsberechtigt; die Aufteilung erfolgt nach Köpfen.

Im vorliegenden Streitfall wurden die Ehegatten seit 2002 zusammen veranlagt, und die streitigen Vorauszahlungen für 2004 wurden unter einer gemeinsamen Steuernummer gezahlt. Folglich kann von einer Zahlung für Rechnung beider Ehegatten ausgegangen werden. Eine andere Beurteilung aufgrund der wirtschaftlichen Interessenlage der Ehefrau ist nach Ansicht des Gerichts nicht angebracht. Das Finanzamt habe nicht zu prüfen, ob sich die Einkommensverhältnisse des aktuellen Veranlagungszeitraums im Vergleich zu dem Veranlagungszeitraum, auf dem die Festsetzung der Vorauszahlungen beruht, verändert haben, sich voraussichtlich ein Steuererstattungsanspruch ergibt und die Aufteilung eines solchen Guthabens sich nachteilig für die Eheleute auswirken könnte. Vielmehr seien unerwünschte Folgen durch einen entsprechenden Tilgungshinweis im Zeitpunkt der Zahlung durch den einen Ehegatten zu vermeiden.

Auch die dem Finanzamt bekannte Insolvenz des Ehemannes rechtfertige keine volle Zurechnung des Vorauszahlungsguthabens bei der Ehefrau, denn es bestehe kein allgemeingültiger Erfahrungssatz, dass trotz bewusst gewählter Zusammenveranlagung Vorauszahlungen stets nur für Rechnung des nicht insolventen Ehegatten geleistet würden. Wegen der hohen Verluste des Ehemannes und der gewählten Zusammenveranlagung erhalte die Ehefrau erhebliche Steuervorteile, von denen der Insolvenzverwalter aufgrund seiner Zustimmung zur Zusammenveranlagung habe teilhaben wollen. Die Insolvenz eines Ehepartners führe mithin nicht automatisch zu einem steuerlichen Nachteil, und die Vorauszahlungen könnten auch in Absprache mit dem Insolvenzverwalter berechnet worden sein. Deshalb sei auch im Insolvenzfalle eine Zahlung von Vorauszahlungen für Rechnung beider Ehegatten nicht zwangsläufig interessewidrig. Zudem könne keine Pflicht des Finanzamt zur Nachfrage nach einer möglicherweise abweichenden konkreten Tilgungsabsicht angenommen werden; dies gelte umso mehr, als die Ehefrau steuerlich beraten war.

 

Hinweis

Das FG hat die Revision gegen sein Urteil zugelassen, weil noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung über die Zuordnung von Vorauszahlungen im Falle einer dem FA bekannten Insolvenz eines Ehegatten vorliegt. Ob tatsächlich Revision eingelegt wurde, ist zurzeit nicht bekannt; zumindest konnte kein Aktenzeichen über die anhängige Revision recherchiert werden. Im Insolvenzfalle ist Ehegatten auf jeden Fall zu raten, einen eindeutigen Verwendungszweck bei Zahlungen auf gemeinsame Steuer...

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