BMF, 15.8.2023, IV C 6 - S 2145/19/10006 :027

Neuregelung durch das Jahressteuergesetz 2022 (JStG 2022) vom 16. Dezember 2022 (BGBl I S. 2294, BStBl 2023 I S. 7)

Dieses Schreiben ergeht zur Neuregelung des § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6b und 6c EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2022. Die Neuregelung ist für nach dem 31. Dezember 2022 in der häuslichen Wohnung ausgeübte Tätigkeiten anzuwenden (§ 52 Absatz 6 Satz 12 EStG). Das BMF-Schreiben vom 6. Oktober 2017 (BStBl 2017 I S. 1320) ist für die zuvor geltende Rechtslage weiterhin anzuwenden.

Die ertragsteuerliche Berücksichtigung der betrieblichen und beruflichen Betätigung in der häuslichen Wohnung nach § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6b und 6c, § 9 Absatz 5 Satz 1 und § 10 Absatz 1 Nummer 7 Satz 4 EStG wurde durch das Jahressteuergesetz 2022 (JStG 2022) vom 16. Dezember 2022 (BGBl 2022 I S. 2294, BStBl I 2023 S. 7) neu geregelt. Die Neuregelung setzt auf dem bisherigen Begriffsverständnis auf. Die Begriffe des häuslichen Arbeitszimmers und des Mittelpunktes der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung im Sinne des § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6b EStG in der Fassung des JStG 2022 (a. a. O.) entsprechen den bisher geltenden Begriffen gemäß der zuvor geltenden Rechtslage. Die Begriffe werden insoweit unverändert auch in diesem Schreiben verwendet. Nach Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt hierzu Folgendes:

 

I. Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer

 

1. Grundsatz

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Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung dürfen grundsätzlich nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden (§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6b Satz 1 und § 9 Absatz 5 Satz 1 EStG). Die Aufwendungen können aber abgezogen werden, wenn das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet (§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6b Satz 2 EStG). Wenn das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet, kann anstelle der tatsächlichen Aufwendungen pauschal ein Betrag von 1.260 EUR (Jahrespauschale) für das Wirtschafts- oder Kalenderjahr abgezogen werden (Wahlrecht – § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6b Satz 3 EStG). Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für den Abzug der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer nicht vorliegen, ermäßigt sich die Jahrespauschale von 1.260 EUR um ein Zwölftel (§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6b Satz 4 EStG, vgl. Rn. 21). Der Betrag von 1.260 EUR ist ein Pauschbetrag, mit dem die Aufwendungen für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung im häuslichen Arbeitszimmer abgegolten sind. Das Wahlrecht zum Abzug der Jahrespauschale anstelle der Aufwendungen kann nur einheitlich für das gesamte Wirtschafts- oder Kalenderjahr ausgeübt werden. Die Ausübung des Wahlrechts ist bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung möglich. Die Jahrespauschale ist personenbezogen anzuwenden. Sie kann nicht mehrfach für verschiedene Tätigkeiten in Anspruch genommen werden, sondern ist ggf. auf die unterschiedlichen Tätigkeiten aufzuteilen (vgl. Rn. 17 bis 18). Auch bei der Nutzung mehrerer häuslicher Arbeitszimmer ist die Jahrespauschale aufgrund ihrer Personenbezogenheit (vgl. Rn. 20) nur einmal anzuwenden. Ein Abzug der Tagespauschale nach § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6c EStG ist zusätzlich zu den Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer oder zur (anteiligen) Jahrespauschale für denselben Zeitraum nicht zulässig (§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6c Satz 3 EStG, vgl. Rn. 39).

 

2. Anwendungsbereich der gesetzlichen Regelung

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Unter die Regelung des § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6b und § 9 Absatz 5 Satz 1 EStG fällt die Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers zur Erzielung von Einkünften aus sämtlichen Einkunftsarten des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 7 EStG.

 

3. Begriff des häuslichen Arbeitszimmers

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Ein häusliches Arbeitszimmer ist ein Raum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist, vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher, verwaltungstechnischer oder -organisatorischer Arbeiten dient (>BFH-Urteile vom 19. September 2002 – VI R 70/01, BStBl II 2003 S. 139 und vom 16. Oktober 2002 – XI R 89/00, BStBl II 2003 S. 185) und ausschließlich oder nahezu ausschließlich zu betrieblichen und/oder beruflichen Zwecken genutzt wird (>BFH-Urteile vom 22. März 2016 – VIII R 10/12, BStBl 2016 II S. 881, VIII R 24/12, BStBl 2016 II S. 884 und vom 8. September 2016 – III R 62/11, BStBl II 2017 S. 163); eine untergeordnete private Mitbenutzung (< 10 %) ist unschädlich (>BFH-Beschluss vom 27. Juli 2015 – GrS 1/14, BStBl II 2016 S. 265). Es muss sich nicht zwingend um Arbeiten büromäßiger Art handeln; ein häusliches Arbeitszimmer kann auch bei geistiger, künstlerischer oder schriftstellerischer Betätigung gegeben sein. In die häusliche Sphäre eingebunden ist ein als Arbeitszimmer genutzter Raum regelmäßig dann, wenn er zur privaten Wohn...

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