BMF, 6.4.2023, IV C 6 - S 2246/19/10004 :004

Nach Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt ab Veranlagungszeitraum 2023 für die ertragsteuerliche Behandlung der Kindertagespflege Folgendes:

 

I. Definition der Kindertagespflege

1

Bei der Kindertagespflege nach § 22 Sozialgesetzbuch VIII (SGB VIII) wird von einer Kindertagespflegeperson ein einer Kindertagesstätte ähnliches Angebot im familiären Rahmen geboten.

 

II. Einkunftsart

 

1. Selbständige Kindertagespflegeperson

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Wird die Kindertagespflege im Haushalt der Kindertagespflegeperson, der Personensorgeberechtigten (z. B. Eltern) des Kindes oder in anderen geeigneten Räumen (z. B. in für die Durchführung der Kindertagespflege extra angemieteten Räumen außerhalb der Wohnung der Kindertagespflegeperson) vorgenommen und betreut die Kindertagespflegeperson Kinder verschiedener Personensorgeberechtigter eigenverantwortlich, handelt es sich um eine selbständige erzieherische Tätigkeit i. S. v. § 18 Absatz 1 Nummer 1 Einkommensteuergesetz (EStG).

 

2. Nichtselbständige Kindertagespflegeperson

3

Betreut die Kindertagespflegeperson ein Kind oder mehrere Kinder in dessen/deren Familie nach Weisungen der Personensorgeberechtigten, ist sie in der Regel Arbeitnehmer.

Die Personensorgeberechtigten sind die Arbeitgeber. In diesem Fall erzielt die Kindertagespflegeperson Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i. S. v. § 19 EStG. Von den Einnahmen aus der Tätigkeit als Kindertagespflegeperson können die tatsächlich angefallenen Werbungskosten (§ 9 Absatz 1 EStG) oder alternativ der Arbeitnehmerpauschbetrag (§ 9a Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a EStG) von 1.230 EUR abgezogen werden.

 

III. Ermittlung des Gewinns bei einer selbständigen Kindertagespflegeperson

 

1. Einnahmen

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Nach § 23 SGB VIII erhält die Kindertagespflegeperson eine laufende Geldleistung, die neben der Erstattung des Sachaufwands die Förderungsleistung der Kindertagespflegeperson anerkennen soll. Diese Geldleistung ist als steuerpflichtige Einnahme aus freiberuflicher Tätigkeit im Sinne des § 18 Absatz 1 Nummer 1 EStG zu qualifizieren. Dies gilt unabhängig von der Anzahl der betreuten Kinder und von der Herkunft der vereinnahmten Mittel. § 3 Nummer 11 und 26 EStG sind nicht anwendbar.

5

Die vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe geleisteten Erstattungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung, die Erstattungen zu einer angemessenen Alterssicherung und zu einer angemessenen Kranken- und Pflegeversicherung nach § 23 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und 4 SGB VIII sind nach § 3 Nummer 9 EStG steuerfrei.

 

2. Abzug der tatsächlichen Betriebsausgaben

6

Von den steuerpflichtigen Einnahmen (vgl. III.1) sind die tatsächlich angefallenen und nachgewiesenen Betriebsausgaben abzuziehen.

7

Zu den Betriebsausgaben einer Kindertagespflegeperson gehören zum Beispiel folgende tätigkeitsbezogene Aufwendungen für

  • Nahrungsmittel, Ausstattungsgegenstände (Mobiliar), Beschäftigungsmaterialien, Fachliteratur, Hygieneartikel,
  • Miete und Betriebskosten der zur Kinderbetreuung genutzten Räumlichkeiten,
  • Kommunikationskosten,
  • Weiterbildungskosten,
  • Beiträge für Versicherungen, soweit unmittelbar mit der Tätigkeit im Zusammenhang stehend,
  • Fahrtkosten,
  • Freizeitgestaltung.

8

Keine Betriebsausgaben sind die von der Kindertagespflegeperson gezahlten Beiträge zur Alterssicherung, Unfallversicherung und zu einer angemessenen Kranken- und Pflegeversicherung.

 

3. Betriebsausgabenpauschalen

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a) Betriebsausgabenpauschale für betreute Kinder

Bei der Ermittlung der Einkünfte aus der Tätigkeit als Kindertagespflegeperson wird aus Vereinfachungsgründen zugelassen, dass anstelle der tatsächlichen Betriebsausgaben von den erzielten Einnahmen 400 EUR je Kind und Monat pauschal als Betriebsausgaben abgezogen werden. Der Betriebsausgabenpauschale liegt eine wöchentliche Betreuungszeit von 40 Stunden zugrunde. Weicht die tatsächlich vereinbarte Betreuungszeit hiervon ab, ist die Betriebsausgabenpauschale zeitanteilig nach der nachfolgenden Formel zu kürzen:

  400 EUR × vereinbarte wöchentliche Betreuungszeit (max. 40 Stunden)  
  (8 Stunden × 5 Tage =) 40 Stunden  

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Bei tageweiser Belegung von sog. Freihalteplätzen (vgl. Ausführungen unter b) ist die ggf. nach der obigen Formel gekürzte Betriebsausgabenpauschale von 400 EUR/Monat/Kind zeitanteilig (Zahl der belegten Tage/pauschal 20 Arbeitstagen im Monat) zu gewähren.

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Für Zeiten, in denen die Kindertagespflegeperson verhindert ist, die vereinbarten Betreuungszeiten selbst zu absolvieren (z. B. aufgrund von Urlaub, Krankheit oder Fortbildung), kann die Betriebsausgabenpauschale nur dann abgezogen werden, wenn das Betreuungsgeld für diese Zeit weitergezahlt wird.

12

Die Betriebsausgabenpauschale kann auch dann abgezogen werden, wenn die Kindertagespflegestätte aufgrund von Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) geschlossen wurde und die Kindertagespflegeperson in der Schließzeit keine Geldleistungen i. S. v. Rn. 4 mehr erhält.

13

Hat die Kindertagespflegeperson Leistungen nach § 56 Absatz 1 bis 4 IfSG

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