Tz. 187

Stand: EL 111 – ET: 09/2023

Die Vorschrift unterscheidet zwischen Erwerb und Aufstockung eines fiktiven Teilbetriebs.

Unter Erwerb eines fiktiven Teilbetriebs ist die erstmalige Anschaffung bzw Begr einer Beteiligung durch die Übertragung von Einzel-WG zu verstehen. Durch die Übertragung des Einzel-WG entsteht mithin das entsprechende Beteiligungsverhältnis, dh die Gegenleistung muss in der Gewährung von Gesellschaftsrechten bestehen. S Schießl (in Widmann/Mayer, UmwStG, § 15, Rn. 180). Folglich müssen neue Anteile ausgegeben werden (100%ige Kap-Beteiligung) oder mindestens teilweise eine Gutschrift auf dem Kap-Kto I (MU-Anteil) erfolgen.

Dies ist auch folgerichtig, da andernfalls die Übertragung des Einzel-WG nicht kausal für den Erwerb des fiktiven Teilbetriebs ist. Fehlt es an der Gewährung von Gesellschaftsrechten, so liegt uU eine Aufstockung eines fiktiven Teilbetriebs vor.

Wird das Einzel-WG auf eine bereits bestehende Beteiligungsgesellschaft übertragen, so liegt begrifflich die Aufstockung eines fiktiven Teilbetriebs vor. Auch hierunter dürften überwiegend nur Übertragungsvorgänge fallen, die gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten erfolgen (s auch Schumacher in R/H/vL, 3. Aufl, § 15 UmwStG Rn 221).

Nach zutr Sichtweise der Verw-Auff (s UmwSt-Erl 2011 Rn 15.18) ist hier jedoch insoweit zu differenzieren, als bei einer Übertragung auf eine MU-Schaft die Aufstockung eines MU-Anteils iSd § 15 Abs. 2 S 1 UmwStG unabhängig davon anzunehmen ist, ob die Übertagung des WG als Einlage oder gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten erfolgt. Auf die diesbezügliche Abgrenzung (s BMF v 26.07.2016 BStBl I 2016, 684 und s BFH-Urt v 29.07.2015, BStBl II 2016, 593) kommt es daher nicht an. Diese weitgehende Auslegung des Begriffs der Aufstockung wird einerseits dem Normzweck gerecht (s Tz 181) und anderseits dem Umstand, dass das übertragende WG in beiden Übertragungsarten in dem MU-Anteil aufgeht und folglich zu seiner Aufstockung geführt hat.

Da § 15 Abs 2 S 1 UmwStG nur Erwerb und Aufstockung eines fiktiven Teilbetriebs durch Übertragung von Einzel-WG als schädlich ansieht, ist der "normale" entgeltliche Erwerb des MU-Anteils bzw einer 100%ige Kap-Beteiligung im Wege eines Kaufs gegen Geld von dem Anwendungsbereich der Norm nicht umfasst. Hiervon geht auch zutr die FinVerw aus (s UmwSt-Erl 2011 Rn 15.20) die aus den gleichen Erwägungen auch den unentgeltlichen Erwerb eines MU-Anteils bzw einer 100%ige Kap-Beteiligung an unschädlich ansieht.

 

Tz. 188

Stand: EL 111 – ET: 09/2023

Nach herrschender Sichtweise ist der zu weit geratene Wortlaut von § 15 Abs 2 S 1 UmwStG dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass die Übertragung von Einzel-WG, die keine stillen Reserven aufweisen, ebenso wenig unter den Anwendungsbereich der Norm fallen, wie die gewinnrealisierende Übertragung unter Ansatz des gW. Letzteres dürfte nur bei Übertragungen auf eine Kap-Ges relevant sein, da bei Übertragung auf eine Pers-Ges unter den Voraussetzungen von § 6 Abs. 5 S 3 EStG zwingend der Bw anzusetzen ist. Begründet wird diese Sichtweise im Kern damit, dass der Normzweck in der Vermeidung der Aufdeckung der stillen Reserven bestünde. S Schumacher (in R/H/vL, 3. Aufl, § 15 UmwStG Rn 223); s Hörtnagl (in S/H/S, 9. Aufl, § 15 UmwStG) Rn 128; und s Asmus (in H/M/B, 5. Aufl, § 15 UmwStG Rn 140). Auch die FinVerw geht zumindest bei der Aufstockung eines fiktiven Teilbetriebs von den gleichen Erwägungen aus und beschr den Anwendungsbereich der Norm auf die st-neutrale Übertragung von Einzel-WG, die tatsächlich über stille Reserven verfügen (s UmwSt-Erlass 2011 Rn 15.16 und 15.18).

Diese Sichtweise ist uE zu weitgehend, da sie dem eigentlichen Normzweck des § 15 Abs 2 S 1 UmwStG nicht gerecht wird. Die Vorschrift nimmt nicht Anstoß an der st-neutralen Übertragung eines Einzel-WG, sondern an der Transformation eines Einzel-WG in einen fiktiven Teilbetrieb und einer hierdurch erreichbaren St-Neutralität einer nachfolgenden Spaltung.

 

Beispiel

Die X-GmbH verfügt über einen echten Teilbetrieb und ein Grundstück ohne Bezug zu diesem Teilbetrieb. Der Teilbetrieb verfügt über hohe stille Reserven, während das Grundstück keine stillen Reserven aufweist. Im Vorfeld der Abspaltung des Teilbetriebs überträgt die X-GmbH das Grundstück gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten auf die X-KG.

Durch die Übertragung des Grundstücks auf die X-KG erwirbt die X-GmbH einen MU-Anteil (fiktiver Teilbetrieb) und erfüllt damit erst das doppelte Teilbetriebserfordernis. Gerade in solchen Fällen soll durch § 15 Abs 2 S 1 UmwStG verhindert werden, dass in der nachfolgenden dreijährigen Sperrfrist eine st-neutrale Spaltung erfolgen soll. Da im Bsp-Fall Gegenstand der Abspaltung der hohe stille Reserven aufweisende echte Teilbetrieb ist, kann es für die Einschlägigkeit von § 15 Abs 2 S 1 UmwStG uE nicht entsch-relevant sein, ob das in einen fiktiven Teilbetrieb transformierte Einzel-WG über iRd Übertragung nicht aufgedeckte stille Reserven verfügt. Anders sähe es hingegen aus, dass ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge