Tz. 189

Stand: EL 104 – ET: 12/2021

Wenn eine Kö ihren Satzungssitz und/oder ihren Verwaltungssitz über die Grenze verlegt, kann dies eine Reihe stlicher Probleme auslösen, deren Lösung eng mit der Frage verknüpft ist (aber s Tz 189b), ob die Verlegung zivilrechtlich "identitätswahrend" erfolgt (erfolgen kann), also ob die Verlegung den zivilrechtlichen Bestand der Kö unberührt lässt oder zwingend zu deren Auflösung (Liquidation) führt, so dass in dem Staat, in den der Sitz verlegt wird, die Gründung einer neuen Kö erforderlich wird. Eine solche Verlegung kann aus Deutschland heraus ins Ausl oder umgekehrt erfolgen (umfassend zum Ganzen auch Kahle/Cortez, FR 2014, 673):

  • Die Verlegung ins Ausl hat der Gesetzgeber geregelt, und zwar in § 12 Abs 1 und 3 (bis VZ 2005: Abs 1) KStG für die Verlegung von Satzungs- und/oder Verwaltungssitz (Geschäftsleitung) mit der Folge der entsprechenden Anwendung des § 11 KStG; unmittelbar ist § 11 KStG anzuwenden, wenn die Verlegung zivilrechtlich zur Auflösung der Kö führt (s § 11 KStG Tz 11). In Bezug auf die beschr St-Pflicht sind diese Konstellationen (nur) dann problematisch, wenn die Verlegung ins Ausl im og Sinne identitätswahrend geschieht (was zunächst trotz der EuGH-Rspr, s Tz 189a, immer noch die Ausnahme war, zB – zu umgekehrten Fällen des Zuzugs – s Urt des BayOLG v 11.02.2004, IStR 2004, 214 mit Anm Buchbinder; s Brandenburgisches OLG v 30.11.2004, DB 2005, 604; s OLG München, DB 2007, 2530; s OLG Nbg v 13.02.2012, DStR 2012, 571, sich aber inzwischen geändert haben dürfte, denn anders dann unter Berufung auf EU-Recht s OLG Nbg v 19.06.2013, DStR 2014, 812; auch Pöllath/Fischer, IStR 2015, 778 mwNachw) und nach dem "Wegzug" im Inl iSd § 49 EStG stverhaftete stille Reserven verbleiben (zB eine inl BetrSt) und auch nach dem ggf einschlägigen DBA Deutschland nach wie vor hierfür das Besteuerungsrecht behält. Für diese Fälle war jedenfalls für § 12 KStG idF vor SEStEG str, ob entgegen der Anordnung des § 12 KStG (bzw des § 11 KStG) auf eine Realisierung beim "Wegzug" verzichtet werden konnte. Zur aktuellen Fassung s § 12 KStG; auch Becker/Schwarz/Mühlhausen, IStR 2017, 45.
  • Vor VZ 2006 nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt war hingegen die Verlegung ins Inl (und nach wie vor nicht die Verlegung von einem ausl Staat in einen anderen ausl Staat; dies kann ebenso zu einer Auflösung und damit zT zu den im Folgenden geschilderten Fragen führen). Im Hinblick auf folgende stliche Fragen war eine ausdrückliche Regelung wünschenswert; ab grds VZ 2006 liegt sie nunmehr auch vor, s u:

    • Zur Frage, ob die (ggf durch Verlegung ins Inl verursachte) Auflösung der ausl Kö eine Besteuerung nach § 49 Abs 1 Nr 2 Buchst a, e oder f EStG auslöst, schon s Tz 188 ff.
    • Sofern hingegen eine identitätswahrende Verlegung ins Inland zu bejahen ist (s Tz 189a f), stellt sich auch hier ggf als erstes die Frage, ob allein dies zu einer Besteuerung gemäß § 49 Abs 1 Nr 2 Buchst a, e oder f EStG führen kann. Dies ist zu verneinen. Es handelt sich weder um eine Veräußerung noch bildet die Verlegung als solche irgendeinen Veräußerungsersatztatbestand. Anders als im umgekehrten "Wegzugsfall" (s § 12 KStG) fehlte es bis grds VZ 2005 an einer gesetzlichen Regelung. Diese war indes auch nicht erforderlich, da die St-Verhaftung der stillen Reserven durch die Verlegung ins Inland als solche nicht tangiert ist. Nunmehr liegt mit § 4 Abs 1 S 8 (früher: S 7) EStG (iVm § 8 Abs 1 KStG) eine mittelbare gesetzliche Regelung vor. Danach ist die Begründung des deutschen Besteuerungsrechts als Einlage mit der Folge des Ansatzes des gemeinen Werts (§ 6 Abs 1 Nr 5a EStG) zu behandeln. Daraus ergibt sich (grds ab VZ 2006, s § 52 Abs 8b EStG) im Umkehrschluss, dass WG, die bereits vorher iRd beschr St-Pflicht stverhaftet waren, weiterhin mit den AK bzw dem BW anzusetzen sind, die Verlegung also nicht zu einer Gewinnrealisierung führt.
    • Im vorgenannten Fall stellt sich außerdem ganz allgemein die Frage, ob bzw inwieweit stille Reserven durch "Buchwertfortführung" bei der erstmaligen inl Bilanzierung ins Inland übernommen werden müssen oder dürfen und welche Folgen im Einlagekonto iSd § 27 KStG gezogen werden müssen.
    • Schon nach alter Rechtslage (grds bis VZ 2005), dh ohne gesetzliche Regelung, war wohl ein Ansatz des Teilwerts (Gedanke des § 6 Abs 1 Nr 5 Buchstabe a EStG aF) und mithin ggf ein step-up erlaubt. Sofern durch den Vorgang im Ausl eine Besteuerung der stillen Reserven ausgelöst wurde, wäre es ansonsten letztendlich zu einer Doppelbesteuerung gekommen. Aber auch unabhängig davon konnte mangels gesetzlicher Regelung grds nicht von einer Pflicht zum "Importieren" stiller Reserven ausgegangen werden. Anders war es nur bei den stillen Reserven, die schon vor Verlegung im Inland stverhaftet iSd § 49 EStG waren (auch s voriger Spiegelstrich). Bei diesen folgte uE unmittelbar aus § 49 Abs 1 Buchstaben a, e und f EStG, dass der für diese WG anzusetzende Wert identisch mit demjenigen sein muss, der bei einer gedachten Veräußerung im Zei...

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