Leitsatz

1. Die vom Gesetzgeber abschließend formulierte Regelung des § 6 Abs. 5 EStG 1997 i.d.F. des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes lässt eine Buchwertübertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften nicht zu (Bestätigung des Senatsurteils vom 25.11.2009, I R 72/08, BStBl II 2010, 471, BFH/NV 2010, 535, BFH/PR 2010, 125; entgegen BFH-Beschluss vom 15.4.2010, IV B 105/09, BStBl II 2010, 971, BFH/NV 2010, 1345, BFH/PR 2010, 284).

2. Es wird eine Entscheidung des BVerfG darüber eingeholt, ob § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 i.d.F. des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes insoweit gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, als hiernach eine Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften nicht zum Buchwert möglich ist.

 

Normenkette

§ 6 Abs. 5 Sätze 1 und 3 EStG 1997 i.d.F. des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes, Art. 3 Abs. 1, Art. 100 Abs. 1 GG

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine GmbH, auf welche eine GmbH & Co. KG (F1 KG) ihr Vermögen im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme unter Auflösung ohne Abwicklung nach § 3 Abs. 1 UmwG 1995 übertragen hatte; die Verschmelzung erfolgte durch Vertrag vom 27.8.2001, dem Streitjahr, rückwirkend zum 1.1.2001. Bereits durch Vertrag vom 24.8.2001 hatte die F1 KG – ebenfalls mit Rückwirkung auf den 1.1.2001 – zwei mit einem Fabrik- und einem Verwaltungsgebäude bebaute Grundstücke an ihre beteiligungsidentische Schwestergesellschaft (F2 KG) zu einem Kaufpreis i.H.d. Buchwerts von rd. 6,7 Mio. DM veräußert. Die Klägerin beanspruchte in diesem Zusammenhang die Übertragung einer von ihr i.H.v. rd. 1,5 Mio. DM gebildeten Reinvestitionsrücklage nach Maßgabe von § 6b EStG.

Das FA folgte dem nicht. Zum einen erfordere eine derartige Rücklagenübertragung nach § 6b EStG nicht eine gesellschafter-, sondern eine gesellschaftsbezogene Betrachtungsweise, was die Übertragung hier scheitern lasse. Zum anderen sei eine Buchwertfortführung nach Maßgabe des § 6 Abs. 5 EStG 1997 und i.d.F. des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes vom 20.12.2001 (BGBl I 2001, 3858, BStBl I 2002, 35) ausgeschlossen; es fehle insoweit am Tatbestand. Es seien daher stille Reserven i.H.v. insgesamt rd. 1,5 Mio. DM aufzulösen und der Besteuerung eines Veräußerungsgewinns zu unterwerfen.

Dagegen wandte sich die Klägerin mit ihrer Klage erfolgreich (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.7.2012, 13 K 1988/09, Haufe-Index 3578184).

 

Entscheidung

Der BFH sah sich angesichts der klaren Regelungslage in § 6 Abs. 5 EStG außerstande, das FG-Urteil durch "einfache" Subsumtion zu bestätigen. Er ist aber davon überzeugt, dass die "Schlechterbehandlung" von beteiligungsidentischen Schwestergesellschaften, was die Frage der steuerneutralen Übertragung von Wirtschaftsgütern anbelangt, gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes verstößt. Der BFH hat deswegen das BVerfG gem. Art. 100 Abs. 1 GG zur Normenkontrolle angerufen.

 

Hinweis

Der Beschluss "reagiert" auf einen vieldiskutierten und "podienbeliebten" – und literarisch als "Zoff im BFH" (DStR 2010, 1173) bekannt gewordenen – Streit:

1. Wird ein einzelnes Wirtschaftsgut von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen überführt und ist die Besteuerung der stillen Reserven gesichert, ist als Überführungswert der sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergebende Wert, also der Buchwert, anzusetzen (§ 6 Abs. 5 Satz 1 EStG). Dasselbe gilt soweit

  • ein Wirtschaftsgut unentgeltlich oder gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten aus einem Betriebsvermögen des Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft überführt wird oder umgekehrt (§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG);
  • ein Mitunternehmer ein Wirtschaftsgut seines Sonderbetriebsvermögens unentgeltlich oder gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten in das Gesamthandsvermögen derselben Mitunternehmerschaft oder einer anderen Mitunternehmerschaft überträgt, an der er beteiligt ist (§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG);
  • ein Einzelwirtschaftsgut zwischen den jeweiligen Sonderbetriebsvermögen verschiedener Mitunternehmer derselben Mitunternehmerschaft übertragen wird (§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG).

In allen genannten Fällen entsteht im Zusammenhang mit der Überführung oder Übertragung des Wirtschaftsguts für den Überführenden oder Übertragenden kein steuerpflichtiger Gewinn.

2. Nicht geregelt ist der Fall der Übertragung eines Wirtschaftsguts aus dem Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft in das Gesamthandsvermögen einer anderen Mitunternehmerschaft.

Insbesondere kann dieser Vorgang nicht als Überführung "von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen" (§ 6 Abs. 5 Satz 1 EStG) gewertet werden. Die in § 6 Abs. 5 Satz 3 Nrn. 1 und 2 EStG getroffene Unterscheidung zwischen dem "Betriebsvermögen des Mitunternehmers" und dem Gesamthandsvermögen der Mitunternehmerschaft verdeutlicht vielmehr, da...

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