Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerhinterziehung

 

Verfahrensgang

LG Duisburg (Urteil vom 29.11.1983)

 

Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 29. November 1983 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer – Wirtschaftsstrafkammer – des Landgerichts zurückverwiesen.

 

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen fortgesetzter Steuerhinterziehung in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Mit der Revision rügt er die Verletzung förmlichen und sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel greift mit der Sachrüge durch.

1. Das Landgericht hat sich rechtsfehlerfrei davon überzeugt, daß der Angeklagte zur Tatzeit – zusammen mit seinem Bruder Robert S. – tatsächlicher Inhaber der Firma Bauausführungen W. H. war (UA S. 3, 9 ff). Zu Recht geht es stillschweigend davon aus, daß er in dieser Eigenschaft für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten des Unternehmens mitverantwortlich war (§ 42 AO). Soweit die Firma H. unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung betrieb, ließ dies ihre steuerlichen Pflichten unberührt. Sie blieb trotz Unwirksamkeit der Arbeitsverträge mit den Leiharbeitnehmern (BGHSt 31, 32, 35) nach § 41 Abs. 1 Satz 1 AO steuerrechtlich Arbeitgeberin und damit zur Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer auf die von ihr gezahlten Löhne verpflichtet (BFH Wistra 1982, 234 = BB 1982, 1776).

2. Gleichwohl hat der Schuldspruch keinen Bestand, weil die Feststellungen zum Umfang der Steuerverkürzungen nicht ausreichen.

a) Hinsichtlich der Hinterziehung von Lohnsteuer und Lohnsummensteuer hätte das Landgericht die Grundlagen seiner Steuerberechnungen insbesondere im Hinblick darauf näher darlegen müssen, daß der Angeklagte in Abrede stellt, mit den ihm vorgeworfenen Taten etwas zu tun zu haben. Er wendet sich auch gegen die Höhe der als hinterzogen ermittelten Beträge (vgl. BGH, Urteil vom 18. April 1978 – 5 StR 692/77). Wie der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift an den Senat ausgeführt hat, genügen die Angaben im Urteil nicht, um zu belegen, daß sich die Löhne während des ganzen Tatzeitraums auf 71 % des Nettoumsatzes beliefen. Die Unterlagen, aus denen das Landgericht diesen Prozentsatz im Wege der Schlußfolgerung ermittelt hat, beziehen sich nur auf einige Wochen (UA S. 4), während sich die Taten über 1 1/4 Jahr erstrecken. Auch ist nicht ersichtlich, auf welcher Grundlage die Annahme beruht, es sei von einem durchschnittlichen Lohnsteuersatz von 28,2 % auszugehen (UA S. 7). In Anbetracht seiner Höhe versteht es sich jedenfalls nicht von selbst, daß sich dieser Steuersatz, der sich auch auf die Höhe der hinterzogenen Lohnsummensteuer auswirkt, auf einen allgemein anerkannten Erfahrungssatz zurückführen läßt. Schätzungen des Finanzamts (§ 162 AO) darf der Tatrichter nur übernehmen, wenn er von ihrer Richtigkeit überzeugt ist (BGHSt 3, 377, 383 f; Hübner in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO 8. Aufl. § 370 Rdn 29).

b) Im Hinblick auf die Einlassung des Angeklagten reichen auch die Feststellungen über die Umsätze der Firma Hessler im Tatzeitraum nicht aus, auf die das Landgericht die Verurteilung wegen Umsatzsteuerhinterziehung stützt. Sie erschöpfen sich in der pauschalen Angabe, daß die Nettoumsätze des Unternehmens im Jahre 1977 statt vorangemeldeter 108.922 DM 1.342.896 DM und im Jahre 1978 statt vorangemeldeter 249.711 DM 3.947.061,30 DM betragen hätten (UA S. 5). Sie lassen weder die Auftraggeber, die Art und die Zahl der Aufträge, das im Einzelfall vereinbarte Entgelt noch den Umfang und den Zeitpunkt ihrer Ausführung erkennen. Sie genügen daher nicht zur nachprüfbaren Widerlegung des Einwands des Angeklagten, die Umsatzsteuerverkürzung betrage höchstens 70.000 DM.

 

Unterschriften

Dr. Schauenburg, Dr. Krauth, Laufhütte, Dr. Gribbohm, Zschockelt

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1502323

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