Leitsatz (amtlich)

Eine Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied i. S. von § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG übt nicht aus, wer nur Repräsentationsaufgaben wahrnimmt und nicht zur Überwachung der Geschäftsführung einer Körperschaft berechtigt ist.

 

Normenkette

GewStG § 2 Abs. 1; GewStDV § 1 Abs. 1; EStG § 18 Abs. 1 Nr. 3

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), ein US-Staatsbürger, nahm in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) die Interessen eines Unternehmens mit Sitz in den USA (Firma X) wahr. Daneben hatte er nach seinen Angaben im Inland noch eine Einkaufs- und Verkaufsagentur, betrieb Marktforschung für einen amerikanischen ....verband und war in dem später von ihm übernommenen Betrieb seiner Ehefrau tätig.

Nach einem Schreiben der Firma X vom März 1967 war es Aufgabe des Klägers, den Verkauf der von dieser Firma sowie von einer anderen Firma hergestellten Waren in den Verkaufsstellen der US-Armee zu fördern. Dazu hatte der Kläger persönliche Beziehungen zu den Verkaufsstellen herzustellen, Anfragen von Kunden zu beantworten sowie Anregungen und Ratschläge zu erteilen, um den Absatz von Waren der erwähnten Firmen zu fördern. Der Kläger war zur Zusammenarbeit mit der von der Firma X im Inland unterhaltenen eigenen Verkaufsorganisation verpflichtet. Über seine Tätigkeit hatte er monatlich in bestimmter Form zu berichten. Andere Vertretungen durfte er in dieser Zeit nicht übernehmen. Nach diesem Schreiben sollte der Kläger nicht Angestellter der Firma X und außerdem nicht berechtigt sein, die Firma ohne besondere Ermächtigung zu verpflichten. Für seine Tätigkeit erhielt der Kläger jährlich 10 000 US-Dollar, seine Ausgaben hatte er selbst zu tragen.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das FA) hielt die Tätigkeit des Klägers für die Firma X für gewerblich und erließ dementsprechend Gewerbesteuermeßbescheide für 1967 und 1968.

Nachdem vom FG in einem rechtskräftigen Urteil über einen Umsatzsteuerbescheid für 1968 ausgesprochen worden war, daß der Kläger mit der hier umstrittenen Tätigkeit Unternehmer i. S. des Umsatzsteuerrechts gewesen sei, machte der Kläger mit seiner Sprungklage gegen die Gewerbesteuermeßbescheide geltend, seine Tätigkeit für die Firma X sei keine gewerbliche, sondern eine selbständige Tätigkeit i. S. von § 18 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gewesen. Der Kläger sei als Repräsentant der Firma X wie ein Aufsichtsratsmitglied tätig gewesen. Er habe zwar nicht dem board of directors dieses Unternehmens angehört. Seine Tätigkeit mit der speziellen Aufgabe zur Repräsentation sei aber von einer Art gewesen, wie sie sonst nach amerikanischem Recht diesem Gremium übertragen sei.

Das FG wies die Klage ab und führte dazu im wesentlichen aus:

Der Kläger habe ein gewerbliches Unternehmen i. S. von § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG und § 1 Abs. 1 Satz 1 GewStDV betrieben. Der Kläger sei selbständig tätig gewesen - dazu übernahm das FG die Beurteilung aus dem Rechtsstreit zur Umsatzsteuer und machte sie sich zu eigen -, habe sich außerdem nachhaltig und in Gewinnerzielungsabsicht betätigt. Entgegen seiner Auffassung sei er auch nicht in Ausübung eines freien Berufs oder einer anderen selbständigen Arbeit im Sinne des Einkommensteuergesetzes tätig geworden. Eine Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied i. S. von § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG habe der Kläger nicht ausgeübt, da er nicht Mitglied eines Gremiums gewesen sei, das zur Überwachung der Geschäftsführung einer Gesellschaft im weitesten Sinn bestellt ist. Die Mitglieder eines board of directors nach amerikanischem Recht hätten nicht die Stellung eines Aufsichtsrats, weil das Gremium nicht bloß Aufsichtsorgan, sondern leitendes Organ der Gesellschaft sei. Zwar könne auch nach amerikanischem Recht der board of directors sich auf eine überwachende Tätigkeit beschränken; nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung hätten sich jedoch keine Anzeichen dafür ergeben, daß dies bei der Firma X der Fall war. Hiervon abgesehen genüge zur Annahme einer Aufsichtsratstätigkeit nicht die Übertragung von Repräsentationsaufgaben, es müßte auch das Überwachungsrecht eingeräumt sein. Eine Tätigkeit, die der eines in § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG aufgeführten Berufs ähnlich sei, habe der Kläger auch nicht ausgeübt. Der Betätigung des Klägers fehlten insbesondere die Merkmale des Berufs des beratenden Volks- oder Betriebswirts; nach seinen eigenen Angaben habe der Kläger keine diesem Beruf ähnliche oder vergleichbare Ausbildung genossen. Schließlich sei die Tätigkeit des Klägers für die Firma X auch von seinen übrigen Tätigkeiten trennbar; es sei deshalb unerheblich, welche der Tätigkeiten des Klägers gewinn- oder umsatzmäßig gegenüber den anderen von untergeordneter Bedeutung gewesen sei.

Mit der Revision wird unrichtige Anwendung der Vorschriften des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG und des § 2 GewStG gerügt. Dazu wird vorgebracht:

Entgegen der Meinung des FG sei für die Annahme der Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied i. S. von § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG nicht die Überwachung der Geschäftsführung als Hauptaufgabe eriorderlich; es genüge, daß die Tätigkeit sich auf die Repräsentationsaufgaben beschränke, wie sie sonst auch von Aufsichtsratsmitgliedern übernommen würden. Das FG verkenne auch die Stellung eines Mitglieds des board of directors nach amerikanischem Recht; die Funktionsbereiche der Mitglieder dieses Gremiums seien trennbar. Die Tätigkeit des Klägers stelle sich auch als Nebentätigkeit mit vielen Zügen einer unselbständigen Tätigkeit dar, sie sei deshalb als eine Tätigkeit i. S. von § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zu behandeln.

Der Kläger beantragt sinngemäß unter Aufhebung der Vorentscheidung Änderung der angefochtenen Bescheide dahin gehend, daß die Bezüge des Klägers von der X nicht der Gewerbesteuer unterworfen werden.

Das FA beantragt Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Zutreffend ist das FG zu dem Ergebnis gelangt, daß der Kläger auch mit seiner Tätigkeit für die Firma X einen Gewerbebetrieb i. S. von § 2 Abs. 1 GewStG, § 1 Abs. 1 GewStDV unterhielt und damit der Gewerbesteuer unterliegt.

Nachdem der Kläger bereits im Klageverfahren seine Einwendungen gegen die angefochtenen Becscheide ausdrücklich auf die steuerrechtliche Beurteilung seiner Betätigung für die Firma X beschränkt hat, richtet er sein Revisionsvorbringen nur noch dagegen, daß diese Tätigkeit nicht als die eines Aufsichtsratsmitglieds und damit als eine sonstige selbständige Arbeit i. S. von § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG angesehen wurde. Dem FG ist indessen darin beizutreten, daß der Kläger weder die Tätigkeit eines Aufsichtsratsmitglieds noch eine dem vergleichbare Tätigkeit ausgeübt hat.

Was unter Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied i. S. von § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zu verstehen ist, ergibt sich unmittelbar weder aus dieser noch einer anderen Vorschrift des Einkommensteuergesetzes. Es bestehen jedoch keine Bedenken, diese Betätigung mit der Tätigkeit derjenigen Personen gleichzusetzen, deren Vergütungen bei der Einkommensermittlung nach den Vorschriften des Körperschaftsteuergesetzes nicht (§ 12 Nr. 3 KStG) oder nur teilweise (§ 10 Nr. 3 KStG 1977) abziehbar sind. Hierbei handelt es sich um Mitglieder von Organen einer Körperschaft wie Aufsichtsrat, Verwaltungsrat oder Grubenvorstand oder um andere Personen, die mit der Überwachung der Geschäftsführung beauftragt sind. Der Begriff der überwachenden Tätigkeit wird weit ausgelegt (vgl. z. B. Urteile des BFH vom 20. September 1966 I 265/62, BFHE 87, 8, BStBl III 1966, 688; vom 12. September 1973 I R 249/71, BFHE 110, 277, BStBl II 1973, 872; vom 30. September 1975 I R 46/74, BFHE 117, 358, BStBl II 1976, 155).

Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich für den Streitfall, daß der Kläger nicht, wie nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG erforderlich, als oder wie ein Aufsichtsratsmitglied tätig war. Sowohl nach seinem eigenen Vorbringen als auch nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des FG war der Kläger weder als Mitglied eines Gremiums noch als Einzelperson mit der Überwachung der geschäftsführenden Organe der Firma X befaßt. Es ist hier unerheblich und kann deshalb offenbleiben, welche Stellung und Befugnisse die Mitglieder des board of directors nach anglo-amerikanischem Recht haben und ob ihre Tätigkeit im wesentlichen der eines Aufsichtsratsmitglieds i. S. von § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG entspricht. Der Kläger war unstreitig nicht Mitglied eines solchen Kollegiums. Soweit der Kläger Repräsentationsaufgaben für die Firma X wahrgenommen hat, ist er damit auch nicht wie ein Aufsichtsratsmitglied tätig geworden. Repräsentation, gleichgültig welchen Inhalt oder Umfang sie hat, ist begrifflich etwas anderes als Überwachung. Es fehlen bei der Repräsentation das Recht und die Pflicht zur Kontrolle der Geschäftsführung.

Die Besteuerung des Klägers nach den Vorschriften des Gewerbesteuergesetzes ist durch das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und einiger anderer Steuern vom 22. Juli 1954 in der Fassung des Protokolls vom 17. September 1965 - DBA-USA 1965 - (BGBl II 1966, 746, BStBl I 1966, 866) nicht ausgeschlossen (Art. III DBA-USA 1965).

 

Fundstellen

BStBl II 1978, 352

BFHE 1978, 345

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