Leitsatz (amtlich)

Remelted-Metalle gehören nicht zu den Zwischenerzeugnissen des § 28 Abs. 2 Ziff. 12c UStDB 1938 (§ 29 Abs. 2 Ziff. 13c UStDB 1951).

 

Normenkette

UStG § 4 Ziff. 4; UStDB 1938 § 28 Abs. 2 Ziff. 9c, § 28 Abs. 2 Ziff. 12c, § 29 Abs. 1 Ziff. 6, Abs. 2

 

Tatbestand

Die Beschwerdeführerin (Bfin.) hat im Veranlagungszeitraum 1949 797 941 kg Remelted-Zink erworben, bei einer anderen Firma auf 743 591 kg Feinzink umarbeiten (verhütten) lassen und bei der Veräußerung des hierdurch gewonnenen Feinzinks 813 788 DM erlöst. Sie hält diesen Erlös nach § 4 Ziff. 4 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) für steuerfrei, weil in der Umarbeitung (Verhüttung) des Remelted-Zinks zu Feinzink ein steuerlich unschädlicher Verarbeitungsvorgang im Sinne des § 29 Abs. 1 Ziff. 6 in Verbindung mit § 29 Abs. 2 und § 28 Abs. 2 Ziff. 12 der Umsatzsteuer-Durchführungsbestimmungen (UStDB) 1938 zu erblicken sei.

Das Finanzamt hat den erwähnten Erlös von 813 788 DM mit 3 % zur Umsatzsteuer herangezogen mit der Begründung, daß nach dem klaren Wortlaut des § 28 Abs. 2 Ziff. 9c UStDB nur der Großhandel mit Remelted-Zink begünstigt sei; im § 29 UStDB sei die zulässige Bearbeitung oder Verarbeitung von Gegenständen des § 28 a. a. O. erschöpfend festgelegt. Remelted-Zink sei hier nicht aufgeführt und könne auch nicht als Zwischenerzeugnis von Verhüttungsmaterialien im Sinne des § 28 Abs. 2 Ziff. 12 UStDB angesehen werden; denn Remelted-Zink werde nicht aus Verhüttungsmaterialien, sondern durch Umschmelzen aus Altzink gewonnen.

Die gegen die Heranziehung zur Umsatzsteuer gerichtete Sprungberufung blieb ohne Erfolg. Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) rügt die Bfin. Verletzung des § 1 Abs. 2 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) und der §§ 28, 29 UStDB 1938. Die Vorentscheidung verkenne die Absicht des Gesetzgebers, auch gebrochene Verhüttungsvorgänge, die auf mehrere Unternehmer entfielen, zu begünstigen. Remelted-Zink falle dann unter den Begriff "Zwischenerzeugnis" des § 28 Abs. 2 Ziff. 12c UStDB, wenn es nach seinem speziellen Verwendungszweck zur Weiterverarbeitung im hüttenmännischen Verfahren bestimmt sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist nicht begründet.

Die Vorentscheidung läßt einen Rechtsirrtum nicht erkennen. Es ist der Rb. zwar zuzugeben, daß alle echten Verhüttungsvorgänge, bei denen Verhüttungsmaterialien der Ausgangsstoff und Metalle das Endergebnis sind, als besonders zugelassene Bearbeitungen oder Verarbeitungen angesehen werden müssen, gleichgültig, ob es sich hierbei um einen einheitlich durchgeführten und auf das gleiche Unternehmen entfallenden Vorgang oder um einen sogenannten gebrochenen Verhüttungsprozeß handelt, bei dem mehrere Unternehmer an dem Vorgang beteiligt sind (vgl. Herting, Deutsche Steuer-Zeitung 1937 S. 1051 Ziff. 4). Diese Ansicht wird übrigens auch vom Bundesminister der Finanzen vertreten, der der Auffassung zugestimmt hat, daß die steuerliche Verhüttungsvergünstigung des § 30 Abs. 1 Ziff. 9 UStDB 1951 (§ 29 Abs. 1 Ziff. 6 UStDB 1938) auch dann Anwendung findet, wenn ein Großhändler die begünstigte Verhüttung nicht selbst, sondern durch eine Metallhütte im Werkvertrag vornehmen läßt (vgl. Umsatzsteuer-Rundschau 8/1952 S. 67). Der allgemeine Grundsatz des § 12 Abs. 2 UStDB, wonach eine Bearbeitung oder Verarbeitung durch einen Unternehmer auch dann vorliegt, wenn der Unternehmer sie durch einen anderen ausführen läßt, ist -- bei Vorliegen der sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen -- auch auf das Verhüttungsprivileg anzuwenden. Mehr ist aber auch aus den wirtschaftspolitischen Zielsetzungen, die zu der Neufassung der hier einschlägigen Vorschriften im Jahre 1938 geführt haben und auf die sich die Rb. zur Stützung ihrer Auffassung beruft, nicht zu folgern. Insbesondere ist damit in keiner Weise dargetan, daß Remelted-Zink als metallhaltiges Zwischenerzeugnis ein Verhüttungsmaterial im Sinne des § 28 Abs. 2 Ziff. 12c UStDB 1938 ist. Remelted-Zink, d. h. das aus Altzink erschmolzene Zink, ist eindeutig im § 28 Abs. 2 Ziff. 9c unter den unedlen Metallen aufgeführt. Es ist in der Ziff. 12 a. a. O. nicht genannt, so daß sich die im § 29 Abs. 1 Ziff. 6 genannten Verarbeitungsvorgänge (verhütten, raffinieren, elektrolysieren) nicht auf Remelted-Zink beziehen können.

Die Rb. ist nun der Auffassung, daß umgeschmolzenes Zink jedenfalls dann als metallhaltiges Zwischenerzeugnis im Sinne des § 28 Abs. 2 Ziff. 12c UStDB zu gelten habe, wenn es, wie im Streitfall, nach seinem speziellen Verwendungszweck zur Weiterverarbeitung auf Feinzink bestimmt sei. Die Rb. folgert dies unter anderem aus der im § 28 Abs. 2 Ziff. 5b UStDB getroffenen Regelung für Zwischenerzeugnisse, die aus Erdöl, Kohle usw. hergestellt sind; diese gälten insoweit als Zwischenerzeugnisse, als sie zur weiteren Veredelung auf Kraft- und Schmierstoffe oder flüssige Heiz- und Leuchtstoffe verwendet würden; die hier ausdrücklich ausgesprochene Regelung ergebe sich allgemein aus dem Wesen eines Zwischenerzeugnisses und der für diesen Begriff maßgeblichen Verkehrsanschauung.

Nun ist es schon auffallend, daß der Verordnungsgeber innerhalb eines Paragraphen bei den Zwischenerzeugnissen aus Erdöl dem subjektiven Verwendungszweck im Einzelfall eine begriffsbestimmende Bedeutung beimißt, während bei den Verhüttungsmaterialien jeder Hinweis auf den Verwendungszweck fehlt. Es erscheint deshalb eher der Schluß gerechtfertigt, daß der Begriff "metallhaltige Zwischenerzeugnisse" nach objektiven Merkmalen abzugrenzen ist (vgl. auch Urteil des Reichsfinanzhofs V A 671/36 vom 22. Januar 1937, Slg. Bd. 40 S. 342). Ungewöhnlich wäre auch, wie die Vorentscheidung zutreffend ausführt, eine Gesetzestechnik, bei der ein und derselbe Gegenstand verschiedenen Warengruppen innerhalb der gleichen Vorschrift unter verschiedenen Bezeichnungen zugerechnet würde. Diese, wie der Rb. zuzugeben ist, zunächst nur formalrechtliche Betrachtungsweise findet jedoch ihre Stütze in der Überlegung, daß als Handelssorten des Zinks Rohzink, Remelted-Zink, Elektrolyt-Zink und Feinzink gleichermaßen in Betracht kommen (vgl. Ullmann, Enzyklopädie der technischen Chemie, Berlin, 1932 Bd. 10 S. 667/668). Wenn nun, wie unstreitig ist, Metallhütten Umschmelzzink in hüttenmännischen Arbeitsvorgängen herstellen und veräußern, weil es sich um ein verkehrsübliches Metall handelt, das als solches bereits, z. B. in Verzinkereien, Verwendung findet, andererseits auch die Bfin. in ihren nachfolgenden Geschäften Remelted-Zink veräußert hat und sich das von ihr benötigte Feinzink durch Rücklieferung entsprechender Mengen Feinzink durch ihre Abnehmer verschafft hat, so sprechen diese Umstände sicherlich gegen die Annahme, Remelted-Zink noch als metall haltiges Zwischenerzeugnis anzusehen. Es besteht vielmehr durchaus die Möglichkeit, daß der Verordnungsgeber insoweit bewußt die Verhüttungsvergünstigung auf die hüttenmäßige Herstellung von Feinzink aus Altzink in einem Unternehmen, nämlich einer Metallhütte, beschränken wollte, zumal das Verhüttungsprivileg der Hütten industrie, nicht aber dem Handel eigentümlich ist.

Nun ließe sich zwar hiergegen einwenden, daß die Grenze zwischen Industrie und Handel nicht im Charakter des Unternehmens, sondern in seiner Betriebsweise gefunden werden müsse, die, wenn sie hüttenmännisch ist, keine andere Beurteilung der Bfin. als die eines Industrieunternehmens bedinge. Die Bfin. ist unstreitig eine Handelsfirma, die die Bearbeitung nicht selbst, sondern durch eine Industriefirma im Werklohn ausführen ließ. Unter diesen Umständen ist es gerechtfertigt, die Nichtzugehörigkeit der Bfin. zur Gruppe der pivilegierten Industrieunternehmungen jedenfalls als Beweisanzeichen für die hier vertretene Auffassung zu werten (vgl. auch Urteil des Reichsfinanzhofs V 164/38 vom 23. Oktober 1939, Reichssteuerblatt -- RStBl. -- 1940 S. 307).

Der hier eingenommene Standpunkt wird auch durch folgende Erwägung gestützt: § 28 Abs. 2 Ziff. 12c UStDB 1938 setzt voraus, daß die dort aufgeführten metallhaltigen Zwischenerzeugnisse bei der Verhüttung entstanden sind. Das Umschmelzen von Altzink zu Remelted-Zink mag im Streitfall in hüttenmännischer Weise erfolgt sein. Remelted-Zink kann aber auch ohne Anwendung hüttenmännischer Fachkenntnisse und Einrichtungen und unkontrolliert durch ständige Analysen hergestellt werden; dann aber ist der Bearbeitungsvorgang unter Umständen nicht als Verhüttung anzusehen. Bei einem sogenannten gebrochenen Verhüttungsprozeß müßten die Finanzämter deshalb im Einzelfall auch Nachprüfungen in dieser Richtung, also auch bei dem Unternehmen, in dem der Umschmelzprozeß tatsächlich vor sich ging, anstellen, während bei einem geschlossenen Prozeß in einem Unternehmen, in dem aus Altzink erst Remelted-Zink und sodann Feinzink hergestellt wird, eine solche Prüfung entbehrlich wird. Die umsatzsteuerlich unterschiedliche Behandlung des einheitlichen Endproduktes, je nachdem, ob ein geschlossener oder ein gebrochener Prozeß in verschiedenen Herstellungsstufen bei mehreren Unternehmen vorliegt, erscheint auch dadurch verständlich.

Schließlich sind die wirtschaftspolitischen Besorgnisse, die die Bfin. durch gutachtliche Äußerungen belegt hat, durchaus vermeidbar, wenn eine Handelsfirma nur Remelted-Zink veräußert und sich die Rücklieferung des von ihr benötigten Feinzinks ausbedingt. Das von der Rb. vorgelegte technische Gutachten hat für die hier zu beurteilende Rechtsfrage keine Bedeutung, da es zu dem Schlusse kommt, daß Remelted-Zink -- zur Verzinkung verwandt -- niemals als Verhüttungsmaterial anzusprechen ist und nur, wenn es zur Herstellung von Feinzink verwendet werden soll, für den Erzeuger Verhüttungsmaterial und Zwischenerzeugnis sein soll. Damit ist aber für die allein streitige Rechtsfrage, ob es nach der derzeitigen Gesetzesbestimmung auf den subjektiven Verwendungszweck des Remelted-Zinks überhaupt ankommt und ob dieses eben nur für den Erzeuger als Zwischenerzeugnis anzusehen ist, der in einem Prozeß aus Altzink Umschmelzzink und anschließend Feinzink gewinnt, nichts gewonnen.

Alle diese Erwägungen gehen über eine bloß formalrechtliche Betrachtungsweise hinaus. Es kann deshalb in der Begründung der Vorentscheidung auch nicht ein Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StAnpG erblickt werden. Denn nach den obigen Ausführungen ist eine Absicht des Gesetzgebers im Sinne der von der Bfin. vertretenen Auffassung nicht erkennbar. Der erkennende Senat ist zwar im Gegensatz zur Vorentscheidung und in Übereinstimmung mit dem Urteil des Reichsfinanzhofs V A 272/34 vom 20. August 1934 (Slg. Bd. 36 S. 345) nicht der Auffassung, daß Ausnahmevorschriften in jedem Fall eng auszulegen seien; § 29 UStDB 1938 wäre aber einer ausdehnenden Auslegung nur dann fähig, wenn der Wortlaut dieser Bestimmung in klar erkennbarer Weise dem Willen des Gesetzgebers und dem Sinn und Zweck der Vorschrift zuwiderliefe. Das ist aber nach der Auffassung des erkennenden Senats nicht der Fall.

Es sei schließlich darauf hingewiesen, daß der Verordnungsgeber durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Umsatzsteuer-Durchführungsbestimmungen vom 29. September 1937 zur Klarstellung bestehender Zweifel zwar Schrott (Bruch und Abfälle) der in Ziff. 9b und c des § 28 Abs. 2 UStDB genannten Metalle den Verhüttungsmaterialien zugewiesen hat, daß dies aber für Remelted-Metalle, und zwar auch aus Anlaß der Änderung der Umsatzsteuer-Durchführungsbestimmungen im Jahre 1951 unterblieben ist, obwohl ihretwegen die gleiche Streitfrage bestand und die hier auftauchenden Zweifel aus Schrifttum und Verwaltungspraxis sicher bekannt waren (vgl. z. B. Köchel in "Aktuelle Umsatzsteuerfragen", München 1951 S. 69). Dem Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 4. Oktober 1937 S 4138 -- 385 III (RStBl. 1937 S. 1090) kann keineswegs mit Sicherheit entnommen werden, daß die Weiterverhüttung umgeschmolzener Metalle auch beim bearbeitenden Großhandel begünstigt sein soll.

Nach alledem ist die Rb. mit der Kostenfolge des § 307 der Reichsabgabenordnung als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

BStBl III 1953, 274

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge