Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Kirchensteuerpflicht eines evangelischen Steuerpflichtigen, der in Bayern seinen Wohnsitz hat, seinen Arbeitslohn aber von einem Arbeitgeber außerhalb Bayerns erhält.

 

Normenkette

KiStGBY 1; KiStGBY 16

 

Tatbestand

Der Bf., ein Beamter i. R., hat in den Jahren 1956, 1957 und 1958 seinen Wohnsitz in Bayern gehabt und Ruhegehaltsbezüge vom Land Berlin erhalten. Auf die Ruhegehaltsbezüge ist zwar Lohnsteuer, nicht aber auch Kirchensteuer einbehalten worden, weil der Bf. seinen Wohnsitz nicht in Berlin hatte und nach dem für Berlin maßgeblichen Kirchensteuerrecht nicht dem Kirchensteuerabzug vom Arbeitslohn unterlag.

Im Mai 1959 zog das für den Wohnsitz zuständige evangelische Kirchensteueramt den Bf. zur Kirchensteuer für die Jahre 1956, 1957 und 1958 heran. Hierbei wurde die Besteuerungsgrundlage (die einbehaltene Lohnsteuer) geschätzt, weil die Dienststelle in Berlin sich geweigert hatte, dem Kirchensteueramt die Besteuerungsgrundlage mitzuteilen.

Der Bf. hält seine Heranziehung für nicht berechtigt. In Bayern seien von den evangelischen Kirchen nur die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern und die Evangelisch-Reformierte Kirche in Bayern besteuerungsberechtigt. Er gehöre keiner dieser Gemeinschaften an, sondern sei Mitglied der preußisch-unierten Kirche in Berlin. Sein Ruhegehalt könne, wenn überhaupt, auch nur dem Kirchenlohnsteuerabzug unterliegen. In Berlin könne aber dieser Abzug nicht durchgeführt werden, weil das nur für Steuerpflichtige mit Wohnsitz im Bereich des Stadtsynodalverbandes Berlin zulässig sei. In Bayern könne der Kirchenlohnsteuerabzug ebenfalls nicht vorgenommen werden, weil nur Arbeitgeber, deren Betriebstätte in Bayern sei, verpflichtet seien, Kirchenlohnsteuer einzubehalten. Es bestehe demnach eine Lücke im Berliner Kirchensteuergesetz, die nur durch eine Gesetzesänderung geschlossen werden könne. Im übrigen müsse sich die Steuerbehörde die erforderlichen Besteuerungsgrundlagen so genau verschaffen, daß eine zutreffende Veranlagung möglich sei und Rechtsmittel vermieden würden. Durch Einsichtnahme beim Finanzamt hätte die Höhe seiner Lohnsteuer festgestellt werden können. Dann wäre eine Nachforderung für Vorjahre vermieden worden. Außerdem sei zu beanstanden, daß ihm die Steuerbescheide für drei Kalenderjahre zusammen zugestellt worden seien mit der Aufforderung, die Steuerschuld innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Bescheide zu entrichten.

Der Einspruch und die Berufung blieben erfolglos. Das Finanzamt und das Finanzgericht halten die Heranziehung des Bf. durch das Kirchensteueramt für berechtigt. Das Finanzgericht hat, weil der Bf. inzwischen die Unterlagen für die Berechnung der Kirchensteuer mitgeteilt hat, die für die einzelnen Jahre angeforderten Steuerbeträge anders festgesetzt, ohne daß sich dadurch am Gesamtbetrag etwa geändert hat.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb., mit der der Bf. unrichtige Anwendung des geltenden Rechts rügt, ist nicht begründet.

Das Finanzgericht legt zutreffend dar, daß der Bf. in den Jahren 1956 bis 1958 nach Art. 6 Abs. 1 des Gesetzes über die Erhebung von Steuern durch Kirchen, Religions- und weltanschauliche Gemeinschaften (Kirchensteuergesetz) - KiStG 1955 - vom 26. November 1954 (Bereinigte Sammlung des Bayerischen Landesrechts - BayBS -, Bd. II S. 653 ff.) umlagepflichtig gewesen sei, weil er in diesen Jahren der evangelischen Kirche angehört, seinen Wohnsitz in Bayern gehabt und hier zur Einkommensteuer zu veranlagen gewesen wäre, wenn die Steuer nicht im Wege des Lohnsteuerabzugs zu entrichten gewesen wäre. Nach Art. 1 KiStG 1955 in Verbindung mit den Ausführungsvorschriften zum Vollzug des Gesetzes über die Erhebung von Steuern durch Kirchen, Religions- und weltanschaulichen Gemeinschaften (Kirchensteuergesetz) vom 23. Dezember 1955 (BayBS Bd. II S. 656) sind zwar, wie der Bf. mit Recht hervorhebt, von den evangelischen Kirchen nur die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern und die Evangelisch-Reformierte Kirche in Bayern umlageberechtigt. Es ist dem Bf. auch zuzugeben, daß Art. 2 KiStG 1955 keine ausdrückliche Bestimmung darüber enthält, wer Angehöriger der genannten umlageberechtigten Kirchen ist. Das Finanzgericht legt aber nach der Rechtsentwicklung und unter Hinweis auf die Rechtsprechung ohne Rechtsirrtum dar, daß für die Landeskirchensteuerpflicht nicht die kirchenrechtliche Mitgliedschaft, sondern die Zugehörigkeit zum Bekenntnis der besteuernden Kirche entscheidend sei. Es ist ohne Bedeutung, daß der Bf. nach seinem Zuzug in Bayern weder der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern noch der Evangelisch-Reformierten Kirche in Bayern besonders beigetreten ist. Seine Bekenntniszugehörigkeit wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, daß er vor dem Zuzug nach Bayern der preußisch-unierten Kirche in Berlin angehört hat. Denn das evangelische Bekenntnis umfaßt nicht nur das evangelisch-lutherische Bekenntnis und das evangelisch-reformierte Bekenntnis, sondern auch das unierte Bekenntnis, das nur eine Vereinigung der beiden erstgenannten evangelischen Bekenntnisse ist. Wie das Finanzgericht ferner zutreffend ausgeführt hat, bedarf es auch keiner Entscheidung der Frage, ob der Bf. bei der Evangelisch-Lutherischen oder bei der Evangelisch-Reformierten Landeskirche in Bayern umlagepflichtig ist; denn auf Grund der zwischen der Evangelisch-Lutherischen und der Evangelisch-Reformierten Kirche in Bayern bestehenden Finanzgemeinschaft wird die Kirchensteuer für beide Bekenntnisse von der Evangelisch-Lutherischen Kirche erhoben. Durch die angefochtenen Bescheide ist dementsprechend auch nur "evangelische Kirchensteuer" angefordert worden.

Daß die Kirchensteuer im Wege der Veranlagung nachgefordert worden ist, beanstandet der Bf. ebenfalls zu Unrecht. Nach Art. 13 Abs. 1 KiStG 1955 ist zwar bei dem Lohnsteuerabzug unterworfenen Arbeitnehmern die Kirchensteuer zusammen mit der Lohnsteuer einzubehalten. Für den Bf. gilt das nicht, weil sein Arbeitgeber nicht in Bayern ist (vgl. auch Art. 13 Abs. 2 KiStG 1955). Daraus ergibt sich aber nicht, daß der Bf., weil sein Arbeitgeber nicht zum Kirchensteuerabzug verpflichtet ist, überhaupt keine Kirchensteuer zu entrichten braucht. Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 KiStG sind Arbeitnehmer mit Wohnsitz in Bayern von der Umlagepflicht ausgenommen, weil sie in einem anderen Land auf Grund einer gegenseitigen Vereinbarung zur Umlage im Lohnsteuerabzugsverfahren herangezogen werden. Eine derartige Vereinbarung ist zwischen den im Streitfall in Betracht kommenden Ländern nicht getroffen worden; das Land Berlin ist in den Ausführungsvorschriften zu dem Kirchensteuergesetz "zu Art. 6" in Abs. 4 nicht aufgeführt. Für den Bf. verbleibt es also bei der Umlagepflicht nach Art. 6 Abs. 1 KiStG. Auch für Fälle dieser Art gilt aber, wie das Finanzgericht richtig darlegt, Art. 16 Abs. 1 KiStG 1955. Danach sind die Arbeitgeber, in deren Betrieb die Lohnsteuerberechnung und die Führung des Lohnkontos von einer außerhalb Bayerns gelegenen Betriebstätte oder Dienststelle vorgenommen werden, nicht verpflichtet, die Umlagen einzubehalten; es bleibt den Steuerverbänden selbst überlassen, "die bei solchen Arbeitgebern beschäftigten umlagepflichtigen Arbeitnehmer zur Umlage heranzuziehen, soweit diese Arbeitnehmer nicht in dem anderen Land auf Grund einer gegenseitigen Vereinbarung zur Umlage herangezogen werden". Dem Bf. ist zuzugeben, daß hier dem Wortlaut nach nur an Arbeitnehmer gedacht ist, deren Arbeitgeber in Bayern sind. Mit dem Finanzgericht ist aber anzunehmen, daß, wenn auf Grund dieser Bestimmung schon Arbeitnehmer mit bayerischen Arbeitgebern zur Umlage herangezogen werden dürfen, diese Befugnis erst recht in den Fällen gegeben sein muß, in denen wie im Streitfalle der lohnsteuerpflichtige Bezug durch einen nichtbayerischen Arbeitgeber von einer außerhalb Bayerns gelegenen Dienststelle aus gezahlt wird.

Nicht zu beanstanden ist schließlich auch die Auffassung des Finanzgerichts, daß die Nachforderung der Kirchensteuer für drei Jahre keine Vorschrift verletze. Ist die Nachforderung für das einzelne Jahr zulässig, so ist die Kirchensteuerbehörde auch nicht gehindert, die Nachforderungen für mehrere Jahre zusammenzufassen. Sollte der Bf. insofern beschwert sein, daß die ganze Steuerschuld für drei Jahre auf einmal fällig wird, so kann dem durch Stundung Rechnung getragen werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410396

BStBl III 1962, 280

BFHE 1963, 29

BFHE 75, 29

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge