Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Alters- und Erholungsheim eines Diakonissenmutterhauses für seine Diakonissen dient den Aufgaben des Mutterhauses und ist deshalb grundsteuerfrei.

 

Normenkette

GrStG § 4/3/b

 

Tatbestand

Die Beschwerdeführerin (Bfin.), ... Ev-luth. Diakonissenmutterhaus in M., ist Eigentümerin des Grundstücks Haus Heimfried in N. Sie benutzt das Grundstück als sogenanntes Feierabendheim für die im Dienst alt und arbeitsunfähig gewordenen Diakonissen sowie als Erholungsheim für erholungsbedürftige Diakonissen. Die Bfin. beansprucht für dieses Grundstück ab 1. April 1951 Grundsteuerbefreiung mit der Begründung, daß sie selbst - wie staatlicherseits auch anerkannt sei - gemeinnützigen und mildtätigen Zwecken diene und daß das Grundstück von ihr zu gemeinnützigen und mildtätigen Zwecken benutzt werde (ß 4 Ziff. 3 Buchst. b des Grundsteuergesetzes - GrStG -). Die Diakonissen erhielten weder Lohn noch Gehalt, sondern zeitlebens nur Taschengeld. Das Mutterhaus gewähre freie Station, Kleidung, Versorgung und Behandlung in kranken Tagen sowie im Alter und bei Invalidität. Die Leistungen des Mutterhauses setzten die Diakonissen nach der materiellen Seite hin instand, ihren schweren entsagungsvollen Dienst zu tun. Diese Leistungen stellten aber auch nur das dar, was unumgänglich notwendig sei. Wenn man das wenige an Hilfsmittel kürzen, etwa den Diakonissen nicht mehr die erforderliche Erholung bzw. den Feierabend gewähren wolle, so stelle man den Dienst selbst in Frage. Der Zusammenhang zwischen den Leistungen des Mutterhauses und dem Dienst sei derartig eng, daß das eine ohne das andere nicht möglich sei. Es sei daher gerechtfertigt, den Grundbesitz, der den Diakonissen als Erholungs- und Feierabendheim diene, dem Grundbesitz gleichzustellen, der unmittelbar für gemeinnützige und mildtätige Zwecke benutzt werde. Hilfsweise beruft sich die Bfin. auch auf § 4 Ziff. 5 Buchst. b GrStG, da das Heim im weitesten Sinne auch für einen Verwaltungszweck des Mutterhauses verwendet werde.

Einspruch und Berufung hatten keinen Erfolg. In der Vorentscheidung wird vor allem ausgeführt, daß die Befreiung nach § 4 Ziff. 3 Buchst. b GrStG beschränkt sei auf solchen Grundbesitz, der vom Eigentümer unmittelbar für gemeinnützige oder mildtätige Zwecke benutzt werde. Im Streitfall fehle es an der unmittelbaren Förderung der Allgemeinheit. Die Benutzung des Grundstücks zu den von der Bfin. angegebenen Zwecken könne allenfalls als eine mittelbare Förderung der Allgemeinheit angesehen werden. Das reiche aber für die Befreiung des Grundstücks nicht aus. Der Hinweis auf das Urteil des Reichsfinanzhofs III 38/40 vom 24. Juli 1941 (Reichssteuerblatt - RStBl. - 1941 S. 846), wonach Altersheime des Deutschen Roten Kreuzes dessen Aufgaben dienten und deshalb grundsteuerfrei seien, schlage nicht durch ; denn die maßgebende gesetzliche Vorschrift für das Deutsche Rote Kreuz sei in der Neufassung des GrStG vom 10. August 1951 fortgefallen. Auch die Berufung auf § 4 Ziff. 5 Buchst. b GrStG könne nicht zur Befreiung führen; denn es handle sich bei der Bfin. weder um eine öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaft noch um einen ihrer Orden noch um eine religiöse Genossenschaft; vielmehr sei - wie gerichtsbekannt - Hauptaufgabengebiet der Bfin. die Krankenpflege auf religiöser Grundlage.

 

Entscheidungsgründe

Der Rechtsbeschwerde (Rb.) ist stattzugeben.

Der Reichsfinanzhof hat in dem von der Vorinstanz erwähnten Urteil vom 24. Juli 1941 zur Frage, ob ein Altersheim des Roten Kreuzes für seine Schwestern den "Aufgaben" des Roten Kreuzes selbst diene und deshalb grundsteuerfrei sei, zugegeben, daß es sich dabei zwar nicht um eine unmittelbare gemeinnützige oder mildtätige Maßnahme handle, da das Altersheim für eigene Mitglieder des Deutschen Roten Kreuzes bestimmt sei. Der Reichsfinanzhof hat sich aber auf den Standpunkt gestellt, daß in diesem Fall ein sehr enger Zusammenhang mit den ausdrücklichen - satzungsmäßigen - Aufgaben des Deutschen Roten Kreuzes bestehe; diese Aufgaben könnten ohne Bereitstellung der Schwestern und der Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht richtig gelöst werden. Es wäre eine dem Sinn und Zweck der Grundsteuerbefreiung widersprechende Einengung, wollte man unentbehrliche Hilfsmaßnahmen und Hilfsmittel des Deutschen Roten Kreuzes vom Kreis seiner Aufgaben ausschließen. Im Urteil III 37/40 vom gleichen Tag (RStBl. 1941 S. 846) hat der Reichsfinanzhof auch einen mit diesem Altersheim des Roten Kreuzes verbundenen Wandelgarten, der auch der Erholung der Schwestern des Mutterhauses diente, von der Grundsteuer befreit.

Der Vorinstanz ist zuzugeben, daß die besondere Vorschrift des § 4 Ziff. 2 Buchst. k GrStG alte Fassung fortgefallen ist. Das bedeutet aber keinesfalls, daß das Deutsche Rote Kreuz dadurch grundsteuerlich schlechter gestellt worden sei. Nach Streichung dieser Vorschrift fällt das Deutsche Rote Kreuz mit seinem zu gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken benutzten Grundbesitz unter die Befreiungsvorschrift des § 4 Ziff. 3 Buchst. b GrStG in der neuen erweiterten Fassung (vgl. auch die amtliche Begründung zum Gesetz zur änderung des Grundsteuergesetzes vom 10. August 1951, Bundessteuerblatt - BStBl. - 1951 I S. 470). Der Grundgedanke, den der Reichsfinanzhof in seinem Urteil III 38/40 ausgesprochen hat, bleibt bestehen, auch wenn die Gesetzesstelle, auf der die Befreiung des Deutschen Roten Kreuzes von der Grundsteuer beruht, gewechselt hat. Was für das Deutsche Rote Kreuz gilt, gilt auch für alle anderen unter § 4 Ziff. 3 Buchst. b GrStG fallenden gemeinnützigen Körperschaften usw. Der erkennende Senat kommt daher in übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs zu dem Ergebnis, daß es sich zwar auch im Streitfall nicht um eine unmittelbar gemeinnützige Maßnahme handelt, da das Alters- und Erholungsheim für die eigenen Diakonissen der Bfin. bestimmt ist. Aber auch hier besteht ein sehr enger Zusammenhang mit den Aufgaben der Bfin. Diese Aufgaben können ohne Bereitstellung der Diakonissen sowie Sicherung ihres Lebensunterhalts und Erhaltung ihrer Gesundheit nicht richtig gelöst werden. Das strittige Grundstück ist deshalb nach § 4 Ziff. 3 Buchst. b GrStG von der Grundsteuer befreit.

Aus § 4 Ziff. 5 Buchst. b GrStG könnte - darin ist der Vorinstanz beizutreten - die Befreiung des Grundstücks nicht hergeleitet werden.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 309 der Reichsabgabenordnung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408054

BStBl III 1954, 369

BFHE 1955, 413

BFHE 59, 413

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