Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitliche Zuordnung von Zwischeneinkünften

 

Leitsatz (NV)

Auf welchen Zeitpunkt Zwischeneinkünfte einer ausländischen Gesellschaft festzustellen sind, richtet sich nach der in § 10 Abs. 2 AStG angeordneten Zuflussfiktion.

 

Normenkette

AStG § 10 Abs. 2, § 18 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

FG Münster (Urteil vom 16.12.2002; Aktenzeichen 4 K 8102/98 F; EFG 2003, 504)

 

Tatbestand

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist Rechtsnachfolgerin (Alleinerbin) ihres am … Oktober 1994 verstorbenen Ehemannes B. Dieser war 1990 (Streitjahr) zu 80 v.H am Grundkapital der in L (Schweiz) domizilierenden S-AG beteiligt. Diese hielt jeweils 100 v.H. der Anteile an der R-AG mit Sitz in Z (Schweiz) und der S-GmbH mit Sitz in K. Die R-AG ihrerseits war zu 100 v.H. an der R-GmbH mit Sitz in M beteiligt.

Um einen nach Angaben der Klägerin drohenden Konkurs der S-AG abzuwenden, veräußerte diese mit Kaufvertrag jeweils vom 20. April 1990 ihre Anteile an der R-AG und an der S-GmbH. Die genaue Höhe des Veräußerungsgewinns ist zwischen den Beteiligten streitig.

Weder B noch die Klägerin gaben für das Streitjahr eine Erklärung zur gesonderten Feststellung nach § 18 des Außensteuergesetzes (AStG) ab.

Eine bei B durchgeführte Betriebsprüfung führte zu der Auffassung, dass für ihn erstmalig für das Streitjahr eine gesonderte Feststellung nach § 18 Abs. 1 AStG durchzuführen sei. Aus der Zurechnung der passiven Einkünfte der R-AG ergebe sich für 1990 ein anzusetzender Hinzurechnungsbetrag nach §§ 7 bis 14 AStG von 720 000 DM sowie eine anzurechnende Kapitalertragsteuer von 120 000 DM, während über eine Hinzurechnung der vorgenannten Veräußerungsgewinne noch nicht abschließend entschieden sei. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) erließ am 6. Dezember 1994 gegenüber der Klägerin als Rechtsnachfolgerin des B einen entsprechenden Bescheid zur gesonderten Feststellung nach § 18 AStG für das Streitjahr. Die bei der Akte befindliche Durchschrift des Bescheides enthält zwar einen Stempelaufdruck, wonach der Bescheid nach § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergehe; ein solcher Zusatz ist dem der Klägerin bekannt gegebenen Original-Feststellungsbescheid vom 6. Dezember 1994 hingegen unstreitig nicht beigefügt.

Der abschließende Betriebsprüfungsbericht vom 16. Mai 1997 gelangte zu dem Ergebnis, dass die jeweils am 20. April 1990 erfolgte Veräußerung der Anteile der S-AG an der R-AG und der S-GmbH bei B zum Ansatz eines Hinzurechnungsbetrages nach § 10 Abs. 1 AStG in Höhe von X DM führe. Am 14. August 1997 erließ daraufhin das FA gegenüber der Klägerin als Rechtsnachfolgerin des B einen nach § 164 Abs. 2 AO 1977 geänderten Bescheid zur gesonderten Feststellung nach § 18 AStG für das Streitjahr, in dem es B Einkünfte aus passivem Erwerb in Höhe von insgesamt … DM zurechnete.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren legte die Klägerin gegen den Änderungsbescheid vom 14. August 1997 in Form der Einspruchsentscheidung Klage vor dem Finanzgericht (FG) ein, welches dieser stattgab. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2003, 504 veröffentlicht.

Dagegen wehrt sich das FA mit seiner auf die Verletzung formellen Rechts gestützten Revision, mit der es beantragt, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Dem ist die Klägerin entgegengetreten und beantragt, die Revision als unbegründet abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Die Feststellungen des FG reichen nicht aus, um dem Senat die Überprüfung der Frage zu ermöglichen, ob dem B hinsichtlich der streitigen Veräußerungsgewinne zu Recht für das Streitjahr Einkünfte aus passivem Erwerb in Höhe von X DM zugerechnet wurden.

1. Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 AStG werden die Besteuerungsgrundlagen für die Anwendung der §§ 7 bis 14 AStG gesondert festgestellt. Die gesonderte Feststellung erfolgt für das Kalenderjahr, in dem der Hinzurechnungsbetrag nach Maßgabe des § 10 Abs. 2 AStG als zugeflossen gilt (Feststellungsjahr). Danach gilt der Hinzurechnungsbetrag unmittelbar nach Ablauf des maßgebenden Wirtschaftsjahres der ausländischen Gesellschaft als zugeflossen. Folglich sind die Zwischeneinkünfte einer ausländischen Gesellschaft mit einem mit dem Kalenderjahr übereinstimmenden Wirtschaftsjahr für das diesem folgende Kalenderjahr, bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr der ausländischen Gesellschaft für das Kalenderjahr festzustellen, in dem das betreffende Wirtschaftsjahr endet (vgl. Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 11. Juli 1974, BStBl I 1974, 442, Tz. 18.13).

Der Senat kann die Frage, ob das FA die Hinzurechnung der streitigen Veräußerungsgewinne in der Person des B zu Recht für 1990 vorgenommen hat, nicht entscheiden, da das FG keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die Zwischengesellschaft (hier: die S-AG) ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr hatte. Wäre das nicht der Fall, so wäre der angefochtene Bescheid schon deshalb aufzuheben, weil dann eine Hinzurechnung für 1991 vorzunehmen gewesen wäre.

2. Das FG wird die erforderlichen Feststellungen im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1160030

BFH/NV 2004, 1072

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