Leitsatz (amtlich)

Die zur Zerlegung von Natursteinen in Diamantsägen und Diamantgattern verwendeten Sägeblätter sind selbständig bewertungsfähige Maschinenwerkzeuge.

 

Normenkette

EStG § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2

 

Tatbestand

Streitig ist bei den einheitlichen Gewinnfeststellungen 1962 und 1964 der Revisionsbeklagten, ob die zur Erstausstattung von Diamantsägen gehörenden Diamantsägeblätter zusammen mit den Sägen oder gesondert zu aktivieren sind.

Die Revisionsbeklagte, eine Gesellschaft des bürgerllschen Rechts (Gesellschaft), betrieb einen Steinbruch mit Marmor- und Natursteinbearbeitung. 1962 kaufte sie eine Diamantsäge und 1964 ein Diamantgatter. Nach einer Betriebsprüfung berichtigte der Revisionskläger (FA) den Feststellungsbescheid 1962 gemäß § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO und führte für 1964 eine endgültige Veranlagung durch. Dabei erhöhte das FA den jeweils zu aktivierenden Aufwand für die Diamantsägen außer Anschluß-, Montage- und Frachtkosten um die jeweiligen Kosten für die Erstausstattung mit Sägeblättern. Den Gesamtaufwand verteilte es auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der Maschinen. Die Sägeblätter hatte die Gesellschaft nicht von den Lieferanten der Maschinen bezogen.

Der Einspruch, mit dem die Gesellschaft geltend machte, die Sägeblätter seien als selbständige Wirtschaftsgüter sofort abschreibungsfähig, hatte keinen Erfolg. Das FA war der Ansicht, Diamantsäge und Diamantgatter bildeten zusammen mit der zugehörigen Erstausstattung von Sägeblättern jeweils ein Wirtschaftsgut.

Die Klage, mit der die Gesellschaft unwidersprochen vortrug, die Sägeblätter seien nach ca. 800 bis 1 000 Betriebsstunden, d. h. innerhalb eines Vierteljahres, verschlissen, führte zur Aufhebung der angefochtenen Feststellungsbescheide und der Einspruchsentscheidung. Das FG sah die Sägeblätter als selbständig bewertungsfähige Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens an.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision des FA ist unbegründet.

Das FG behandelte die Diamantsägeblätter zu Recht als selbständig bewertungsfähige Maschinenwerkzeuge. Dem FG ist darin beizupflichten, daß für die Entscheidung der Frage, ob ein selbständig bewertungsfähiges Wirtschaftsgut oder ein nicht selbständig bewertbarer Teil eines Wirtschaftsguts vorliegt, alle Umstände des Falles berücksichtigt werden müssen. Danach ist es wirtschaftlich und steuerlich nicht gerechtfertigt, nur Bohrer, Fräser, Drehstähle u. a. als selbständig bewertbare Maschinenwerkzeuge anzuerkennen. Der BFH hat sich zwar bisher nur mit der Behandlung solcher Maschinenwerkzeuge befaßt und sie für selbständig bewertbar angesehen (vgl. BFH-Urteile I 13/61 U vom 28. Februar 1961, BFH 73, 318, BStBl III 1961, 383 und IV R 149/66 vom 9. März 1967, BFH 87, 589, BStBl III 1967, 238). Aber sowohl die Maschinenwerkzeuge als auch die Handwerkzeuge fallen unter den Oberbegriff der Werkzeuge, die dazu bestimmt sind, Werkstoffe zu be- oder zu verarbeiten. Im Unterschied zu den Handwerkzeugen sind Maschinenwerkzeuge nur nach Einspannen in eine Maschine zu benutzen. Dieser Umstand schließt zwar meistens ihre selbständige Nutzungsfähigkeit aus (§ 6 Abs. 2 EStG), führt aber in der Regel nicht dazu, daß sie wie Maschinenteile keine selbständige Bewertungsfähigkeit besitzen. Im Gegensatz zur Auffassung des FA läßt sich die Beschränkung der selbständigen Bewertungsfähigkeit auf Bohrer, Fräser und ähnliche Werkzeuge nicht damit begründen, daß diese nur zeitweise und abwechselnd mit Maschinen verbunden würden, während die Sägeblätter nach Einspannen durch die Monteure der Herstellerfirmen ständig mit den Maschinen verbunden blieben. Die ständige Verbindung eines Gegenstands mit einer bestimmten Maschine mag zwar unter bestimmten Voraussetzungen dafür sprechen, ihn als nicht selbständig bewertungsfähigen Maschinenteil zu behandeln. Für die selbständige Bewertung spricht aber, daß die Sägeblätter und die Sägemaschinen von verschiedenen Unternehmen hergestellt und vom Abnehmer auch von verschiedenen Lieferanten bezogen werden, daß das den Verwendungszweck der Gesamtanlage ermöglichende Sägeblatt innerhalb eines Wirtschaftsjahres wegen Verschleißes meist mehrmalsausgewechselt werden muß und daß dabei Kosten entstehen können, die dem Anschaffungspreis der Maschine gleichkommen. Demgegenüber treten die Bedeutung der engen technischen Verbindung und die Überlegung, daß ein Sägegatter ohne Sägeblätter im Betrieb nicht arbeiten kann, in den Hintergrund.

Es sprechen auch bilanztechnische und wirtschaftliche Erwägungen für die Auffassung der Gesellschaft. Denn bei der Behandlung der Sägeblätter als Maschinenteile müßten sie, wenn Sägemaschinen und die zur Erstausstattung zu rechnenden Sägeblätter nicht zur gleichen Zeit, sondern in zwei verschiedenen Wirtschaftsjahren angeschafft werden, als nachträgliche Anschaffungskosten aktiviert werden. Das würde wegen des hohen Werts der Sägeblätter auch im Verhältnis zu den Anschaffungskosten der Maschine und wegen ihrer kurzen Lebensdauer am Schluß eines Wirtschaftsjahres häufig eine Teilwertabschreibung notwendig machen, besonders dann, wenn das Sägeblatt verbraucht, ein neues aber noch nicht eingespannt ist. Schwierigkeiten bei der Ermittlung der zu bilanzierenden Werte für die Sägemaschinen würden sich auch dann ergeben, wenn ein bereits gebrauchtes, aber noch nicht verschliessenes Sägeblatt gegen ein neues, andersartiges ausgetauscht wird, um eine andere Gesteinsart zu sägen.

 

Fundstellen

BStBl II 1973, 53

BFHE 1973, 217

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