Leitsatz (amtlich)

1. Ein gemäß § 6 des Luftverkehrsgesetzes als Verkehrsflughafen genehmigter Flughafen ist ein dem öffentlichen Verkehr dienender Flughafen i. S. des § 7 Abs. 1 Nr. 2 KVStG 1959.2. Für die Entscheidung, ob eine inländische Kapitalgesellschaft den in § 7 Abs. 1 Nr. 2 KVStG 1959 bezeichneten Zwecken dient, kommt es auf den Charakter des Unternehmens an. Eine nicht begünstigte Betätigung hindert die Steuerfreiheit, wenn sie dem Unternehmen im ganzen einen anderen Charakter gibt.

2. Das Verhältnis der Einnahmen aus den verschiedenen Betätigungen zueinander ist nur einer der Faktoren, die für die Entscheidung über den Charakter des Unternehmens von Bedeutung sind.

 

Normenkette

KVStG 1959 § 7 Abs. 1 Nr. 2; LuftVG § 6

 

Tatbestand

Die Klägerin betreibt einen Flughafen, der gemäß § 6 des Luftverkehrsgesetzes als Verkehrsflughafen genehmigt worden ist. Ihre Gesellschafter sind das Land X und die Städte Y und Z. Im Jahre 1966 stellte das Land X der Klägerin für die Instandsetzung der Start- und Landebahnen ... DM auf Abruf zur Verfügung, von denen die Klägerin bis Juni 1967 ... DM verbrauchte.

Das beklagte FA unterwarf diese ... DM als Zuschüsse im Sinne des § 2 Nr. 4 Buchst. a KVStG 1959 der Gesellschaftsteuer. Die begehrte Steuerfreiheit für diese Zuschüsse nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 KVStG 1959 lehnte das FA mit der Begründung ab, daß die Einnahmen der Klägerin aus dem Betrieb des Flughafens weit hinter ihren Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zurückblieben. Das Unternehmen der Klägerin könne deshalb nicht mehr als Versorgungsbetrieb im Sinne der Befreiungsvorschrift angesehen werden. Die nach Zurückweisung des Einspruchs erhobene Klage hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist begründet.

Die Rechtsauffassung des FG, daß die Klägerin mit ihren, auf den Betrieb eines Verkehrsflughafens gerichteten Betriebseinrichtungen dem öffentlichen Verkehr im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 2 KVStG 1959 diene, begegnet keinen Bedenken (vgl. schon zu § 4 Abs. 1 Buchst.b KVStG 1922, Veiel, Kapitalverkehrsteuergesetz, 2. Aufl., § 4 Anm. 5 Buchst. b). Es ist nicht erforderlich, daß die Klägerin selbst Beförderungsleistungen ausführt. Ausreichend ist es, daß sie einen dem öffentlichen Verkehrdienenden Flughafen betreibt. Das hat bereits der RFH in einem nicht veröffentlichten Urteil vom 29. September 1939 II 346/39 entschieden. Ein Flughafen dient stets dem öffentlichen Verkehr, wenn er als Verkehrsflughafen für den allgemeinen Verkehr (vgl. § 6 Abs. 3 des Luftverkehrsgesetzes) zugelassen ist. Das ist auch insoweit der Fall, als auf dem Flughafen Flugzeuge starten und landen, die Reklameflüge durchführen.

Der Senat vermag jedoch nicht der Auffassung des FG zuzustimmen, die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 2 KVStG 1959 seien im vorliegenden Fall deshalb nicht erfüllt, weil im Jahre 1966 ca. 51 v. H. der Einnahmen der Klägerin nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem öffentlichen Verkehr gestanden hätten und deshalb die Klägerin kein nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 KVStG 1959 begünstigtes Unternehmen mehr sei. Wenn das FG auch die Vermietung von Baulichkeiten an die ... richtig dahin beurteilt hat, daß diese Vermietung nicht dem öffentlichen Verkehr dient, so hat es jedoch verkannt, daß die Höhe der Mieteinnahmen allein noch nicht dazu führen kann, die Steuerfreiheit zu versagen.

Für die Abgrenzung eines dem öffentlichen Verkehr im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 2 KVStG 1959 dienenden Unternehmens von einem nicht begünstigten Unternehmen kommt es nach der Rechtsprechung des Senats auf den Charakter des Unternehmens an (vgl. Urteil des BFH vom 20. Juli 1960 II 205/56 U, BFHE 71, 528, BStBl III 1960, 446). Einschlägige Nebengeschäfte können die Steuerfreiheit im allgemeinen nicht beeinflussen. Nebengeschäfte und andere wirtschaftliche Betätigungen sind nur dann steuerschädlich, wenn sie dem Unternehmen im ganzen einen anderen Charakter geben. Für die Entscheidung dieser Frage ist es vor allem von Bedeutung, inwieweit der Charakter des Unternehmens (hier: des dem öffentlichen Verkehr dienenden Flughafens) durch die nicht zum öffentlichen Verkehr zählenden Betätigungen geprägt wird.

Nicht jeder Betätigung kommt in gleicher Weise und gleicher Intensität ein prägender Charakter zu. Eine Betätigung, die z. B. die Voraussetzungen für das Bestehen eines Gewerbebetriebes im ertragsteuerrechtlichen Sinne erfüllt und einen entsprechenden personellen und sachlichen Aufwand erfordert, hat diese prägende Kraft in weit größerem Maße als etwa eine wenig personalintensive Vermögensverwaltung, die zwar zu beträchtlichen Einnahmen führen kann, den Charakter des auf eine andere Betätigung angelegten Unternehmens aber sehr viel weniger stark beeinträchtigen wird. Das gilt besonders, wenn z. B. die an sich zur Verwirklichung des Gesellschaftszwecks geeigneten Baulichkeiten mangels eigener Nutzungsmöglichkeit vermietet werden. In diesem Falle würde etwas anderes nur dann gelten können, wenn die Vermögensverwaltung auf Dauer derart in den Vordergrund tritt, daß die eigentliche satzungsmäßige wirtschaftliche Betätigung, der Betrieb des dem öffentlichen Verkehr dienenden Flughafens, dahinter deutlich zurücktritt.

Bei der Entscheidung der Frage, ob der Charakter des Unternehmens durch nicht dem öffentlichen Verkehr dienende Tätigkeiten beeinträchtigt wird, sind alle das Unternehmen prägenden Umstände zu würdigen. Die Höhe der auf die verschiedenen Betätigungen entfallenden Einnahmen ist dabei zwar nicht bedeutungslos; sie ist aber nur einer der Faktoren, die für die Bestimmung des Charakters des Unternehmens im ganzen von Bedeutung sein können.

Da das FG die Rechtslage insoweit verkannt hat, war seine Entscheidung aufzuheben. Die Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung ist erforderlich, da die vom FG getroffenen Feststellungen dem erkennenden Senat eine Entscheidung in der Sache nicht ermöglichen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 71664

BStBl II 1976, 25

BFHE 1976, 111

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