Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Die Ausnahmevorschrift des § 4 Abs. 1 Ziff. 3 b GrEStG in der Fassung des rheinland-pfälzischen Gesetzes vom 4. April 1951 ist auf den Erwerb von Miteigentumsanteilen nicht anwendbar.

 

Normenkette

GrEStGRP 4/1/3/b

 

Tatbestand

Die Bfin. erwarb durch Kaufvertrag vom 20. März 1957 an einem im Land Rheinland-Pfalz belegenen Grundstück, an dem sie bereits zu 2/9 Miteigentümerin war, weitere 2/2 zu Miteigentum. Sie beantragte, diesen Vorgang gemäß § 4 Abs. 1 Ziff. 3 b GrEStG in der Fassung des rheinland-pfälzischen Gesetzes vom 4. April 1951 (GVBl 1951 S. 92) von der Steuer zu befreien.

Die bezeichnete Vorschrift lautet unter anderem (und zwar in der Fassung des vorerwähnten Gesetzes vom 4. April 1951):

"(1) von der Besteuerung sind ausgenommen:

...

bei der Umlegung, bei sonstigen Maßnahmen zur besseren Gestaltung von Grundstücken und im Auseinandersetzungsverfahren:

...

der freiwillige Austausch von Grundstücken zur Grenzverlegung, zur besseren Bewirtschaftung von zersplitterten oder unwirtschaftlich geformten land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken oder zur besseren Gestaltung von Bauland, wenn der Austausch von der zuständigen Behörde als zweckdienlich anerkannt wird, sowie der Erwerb angrenzender Grundstücke, soweit die vorgenannten Voraussetzungen vorliegen,

..." Das Finanzamt hat die Anwendbarkeit der bezeichneten Steuerbefreiung verneint und die Bfin. zur Grunderwerbsteuer herangezogen.

Einspruch und Berufung wurden als unbegründet zurückgewiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist gleichfalls ohne Erfolg.

Im Streitfall handelt es sich nicht um einen Grundstücksaustausch, sondern um einen Kauf. Möglich ist somit nur, wenn überhaupt, den letzten Halbsatz des § 4 Abs. 1 Ziff. 3 b GrEStG anzuwenden.

Wie auch das Finanzgericht ausführt, erfordert die Anwendbarkeit dieser Befreiungsvorschrift, daß flächenmäßige änderungen herbeigeführt werden. Demgemäß ist erforderlich, daß das Grundstück eine andere flächenmäßige Gestalt erhält. Dies gilt auch, soweit Miteigentumsanteile erworben werden. Daß eine Flächenänderung erforderlich ist, ergibt sich für den Austausch zur besseren Gestaltung von Bauland und zur Grenzverlegung aus dem klaren Wortlaut des Gesetzes, für den Austausch zur besseren Bewirtschaftung der genannten land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücke aus dem einheitlichen Grundgedanken der Vorschrift. Auch die durch Gesetz vom 4. April 1951 eingeführte zusätzliche Regelung spricht vom Erwerb "angrenzender" Grundstücke. Von einem angrenzenden Grundstück kann aber nicht gesprochen werden, wenn lediglich ein Miteigentumsanteil erworben wird. Die Befreiung auf Grund des Gesetzes vom 4. April 1951 kann somit, anders als die Bfin. meint, in Fällen in denen das Grundstück flächenmäßig unverändert bleibt und nur änderungen im Eigentum eintreten, nicht angewendet werden. Daß die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Ziff. 3 zu b GrEStG (hier in der nach dem Gesetz vom 4. April 1951 geltenden Fassung) nicht den Wechsel im Eigentumsrecht, sondern lediglich den Erwerb treffen soll, der zur besseren Gestaltung der Grundstücksfläche vorgenommen wird, ist vom Senat bereits im Urteil des Bundesfinanzhofs II 153/56 U vom 16. Dezember 1959 (BStBl 1960 III S. 271), einen Grundstücksaustausch betreffend, ausgesprochen worden. Entsprechendes muß auch in den Fällen des Grundstückskaufs gelten. Daß der Miteigentumsanteil im bürgerlich-rechtlichen Sinne gleichfalls als Grundstück im Sinne des Grunderwerbsteuerrechts anzusehen ist (siehe das Urteil des Senats II 166/57 U vom 5. November 1958, BStBl 1959 III S. 98, Slg. Bd. 68 S. 251), ändert daran nichts.

Ob die Bfin. die Möglichkeit gehabt hätte, auf einem Umweg steuerfrei das gleiche Ziel zu erreichen, kann dahingestellt bleiben. Bei der Grunderwerbsteuer als einer Rechtsverkehrsteuer kommt es nicht darauf an, welche Wege auch möglich gewesen wären, sondern nur darauf, welcher Weg tatsächlich gewählt wurde.

Ebenso kann unerörtert bleiben, ob die geltende Befreiungsvorschrift den bestehenden Verhältnissen gerecht wird oder nicht. Eine etwaige Erweiterung von Befreiungsvorschriften ist die Aufgabe der Gesetzgebung. Die Gerichte sind an Gesetz und Recht gebunden (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes).

Nach alledem war die Rb. als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409914

BStBl III 1961, 79

BFHE 1961, 209

BFHE 72, 209

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