Entscheidungsstichwort (Thema)

Umdeutung eines Antrags auf Aussetzung der Vollziehung des Folgebescheids in einen Antrag auf Aussetzung des Grundlagenbescheids

 

Leitsatz (NV)

Wird die Aussetzung der Vollziehung eines Einkommensteuerbescheids mit der Begründung beantragt, aus einem mit der Klage angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheid dürften einkommensteuerrechtlich solange keine Folgerungen gezogen werden, als nicht rechtskräftig über die Anfechtungsklage gegen diesen Bescheid entschieden sei, so kann dieser Antrag in einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Gewinnfeststellungsbescheids umzudeuten sein.

 

Normenkette

FGO § 69

 

Tatbestand

Die Klägerin, Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) war im Streitjahr 1980 Kommanditistin der X-KG, die im Jahre 1982 aufgelöst wurde.

Das Finanzgericht (FG) hat die von der Klägerin erhobene Klage gegen den Gewinnfeststellungsbescheid 1980, mit der sie beantragt hat, den Gewinn der X-KG um 100 000 DM niedriger festzustellen, als unbegründet abgewiesen und die Revision nicht zugelassen.

Die Klägerin hat gegen die Nichtzulassung der Revision Beschwerde eingelegt. Das Finanzamt (FA) teilte der Klägerin mit, die im Hinblick auf das schwebende Klageverfahren gegen den Gewinnfeststellungsbescheid 1980 bewilligte Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 1980 ende im Januar 1987. Bis dahin sei die festgesetzte Einkommensteuer zu zahlen. Das FA setzt zugleich Aussetzungszinsen in Höhe von . . . DM fest.Die Klägerin hat gegen den Bescheid über die Festsetzung von Aussetzungszinsen Einspruch eingelegt und zugleich beim FA beantragt, die Vollziehung des Einkommensteuerbescheids 1980 und des Bescheids über die Festsetzung von Aussetzungszinsen bis zur Entscheidung des BFH über die Nichtzulassungsbeschwerde auszusetzen. Das FA lehnte den Antrag ab.

Die Klägerin hat daraufhin beim BFH beantragt, die Vollziehung des Einkommensteuerbescheids 1980 und des Bescheids über die Festsetzung von Aussetzungszinsen auszusetzen.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag hat keinen Erfolg.

1. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids 1980 ist in einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Gewinnfeststellungsbescheids 1980 für die X-KG umzudeuten (vgl. BFH-Beschluß vom 24. Oktober 1968 IV B 40/68, BFHE 93, 543, BStBl II 1969, 40; § 140 des Bürgerlichen Gesetzbuches). Die Klägerin will mit ihrem Antrag erkennbar erreichen, daß aus dem angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheid einkommensteuerrechtlich solange keine Folgerungen gezogen werden, als nicht über ihre Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision entschieden ist. Dieses Ziel kann die Klägerin nur über eine Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheids erreichen.

Eine Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids 1980 kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil dieser Bescheid nicht angefochten ist und eine Vollziehungsaussetzung eines nicht angefochtenen Folgebescheids nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) eine Vollziehungsaussetzung des Grundlagenbescheids voraussetzt. Selbst wenn aber der Folgebescheid angefochten wäre, könnte seine Vollziehung nicht mit der Begründung ausgesetzt werden, es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Grundlagenbescheids (BFH-Beschluß vom 12. Januar 1978 IV S 12-13/77, BFHE 124, 147, BStBl II 1978, 227).

Eine Umdeutung des Antrags dahin, daß eine Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheids begehrt wird, steht nicht entgegen, daß die Klägerin ausdrücklich eine Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids beantragt hat. Denn es kann nicht zweifelhaft sein, welches Ziel die Klägerin mit diesem Antrag letztlich erreichen will und daß sie auch dem Wortlaut nach den richtigen Antrag gestellt hätte, wenn sie die verfahrensrechtliche Lage zutreffend beurteilt hätte (vgl. BFHE 124, 147, BStBl II 1978, 227).

2. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheids ist jedoch nicht begründet. Ernstliche Zweifel an der Rechtsmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen nicht. Der erkennende Senat hat die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision durch Beschluß vom heutigen Tage (Az.: VIII B 198/86) als unzulässig verworfen.

3. Auch der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Bescheids vom 5. Dezember 1986 über die Festsetzung von Aussetzungszinsen kann keinen Erfolg haben. Der BFH ist für die Entscheidung über diesen Antrag nicht zuständig. ,,Gericht der Hauptsache" i. S. von § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO ist der BFH nur hinsichtlich der Gewinnfeststellung 1980. Er ist deshalb gehindert, die Vollziehung des Bescheids vom 5. Dezember 1986, der nicht Gegenstand des anhängigen Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision ist, auszusetzen. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß die Entscheidung im Beschwerdeverfahren VIII B 198/86 Auswirkungen auf den mit Bescheid vom 5. Dezember 1986 geltend gemachten Zinsanspruch haben kann (vgl. BFH-Beschluß vom 3. Oktober 1968 IV S 6/67, BFHE 93, 300, BStBl II 1968, 781).

 

Fundstellen

BFH/NV 1987, 796

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