Entscheidungsstichwort (Thema)

Prinzip der (Wirtschafts-)Jahreszulage

 

Leitsatz (NV)

Nach ständiger Rechtsprechung bilden sämtliche während eines Jahres angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter die Bemessungsgrundlage für eine einheitlich festzusetzende Jahres-Investitionszulage. Ein erst nach Eintritt der Bestandskraft des Investitionszulagenbescheides für dasselbe Wirtschaftsjahr gestellter weiterer (Ergänzungs-)Antrag ist unzulässig.

 

Normenkette

InvZulG 1990 §§ 4-5; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 3

 

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig und deshalb durch Beschluß zu verwerfen (§132 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Sie legt die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dar, sondern setzt sich in der Art einer Revisionsbegründung mit dem Auslegungsverständnis des Finanzgerichts (FG) auseinander (§115 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. Abs. 3 Satz 3 FGO).

Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung, wenn ihre Beantwortung durch den Bundesfinanzhof (BFH) aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt (BFH-Beschluß vom 27. Juni 1985 I B 27/85, BFHE 144, 137, BStBl II 1985, 625). Es muß sich um eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage handeln. Eine Rechtsfrage ist u. a. dann nicht (mehr) klärungsbedürftig, wenn sie bereits durch den BFH geklärt worden ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den BFH geboten erscheinen lassen.

Die grundsätzliche Bedeutung muß dargelegt werden. Hat der BFH bereits früher über die streitige Rechtsfrage entschieden, so muß der Beschwerdeführer begründen, warum er gleichwohl eine erneute Entscheidung des BFH zu der betreffenden Frage im Interesse der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung für erforderlich hält. Hierzu muß er substantiiert darlegen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die vom BFH bereits entschiedene Rechtsfrage umstritten sei, insbesondere, welche neuen gewichtigen, vom BFH bislang nicht geprüften Einwände in der Rechtsprechung der FG und/oder in der Literatur gegen die Auffassung des BFH erhoben worden sind (vgl. BFH-Beschluß vom 8. Dezember 1995 VIII B 51/95, BFH/NV 1996, 474, ständige Rechsprechung).

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Der erkennende Senat hat in dem vom FG in Bezug genommenen Urteil vom 19. Oktober 1984 III R 95/81 (BFHE 142, 352, BStBl II 1985, 63 zu §4 b des Investitionszulagengesetzes -- InvZulG -- 1975, mit zustimmender Anmerkung von Ebling in Betriebs-Berater -- BB -- 1985, 253 und von -- St -- in Deutsche Steuer-Zeitung/Eildienst -- DStZ/E -- 1985, 63) erkannt, daß der die Investitionszulage festsetzende Bescheid einem Bescheid entspreche, mit dem eine für einen bestimmten Zeitabschnitt zu gewährende Steuervergütung verbindlich (bestandskräftig) festgesetzt werde. Ein nach Eintritt der Bestandskraft des Investitionszulagenbescheids für dasselbe Wirtschaftsjahr gestellter weiterer (Ergänzungs-)Antrag sei nicht mehr zulässig. Es sei eine einheitliche Jahres-Investitionszulage und nicht voneinander getrennte Investitionszulagen für einzelne begünstigte Investitionen zu gewähren. Die einzelnen Investitionen bildeten lediglich unselbständige Grundlagen für die Bemessung der zu gewährenden (Jahres-)Investitionszulage. Dafür spreche der Bedeutungszusammenhang, in dem §5 Abs. 4 InvZulG 1975 stehe. Das InvZulG 1975 benutze nämlich in §4 b den Begriff der Investitionszulage stets in der Einzahl, obwohl es dem Wortlaut nach vom Vorhandensein einer Vielzahl begünstigungsfähiger Investionen ausgehe. Auch die Entstehungsgeschichte des §4 b InvZulG 1975 (vgl. BTDrucks 7/3010, S. 6) belege, daß Bemessungsgrundlage der Investitionszulage die Summe der im jeweiligen Wirtschaftsjahr für begünstigte Investitionen aufgewendeten Anschaffungs- oder Herstellungskosten sei.

Der erkennende Senat ist damit der entgegengesetzten Argumentation des FG Köln in dem zugrundeliegenden erstinstanzlichen Verfahren (vgl. Urteil des FG Köln vom 29. Januar 1981 XII 91/78 Inv, Entscheidungen der Finanzgerichte -- EFG -- 1982, 153), welche die Beschwerde im wesentlichen wieder aufgreift, nicht gefolgt. Der Senat hat dieses Auslegungsergebnis, wonach sämtliche während eines Jahres angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter die Bemessungsgrundlage für eine einzige (Jahres-)Investitionszulage bilden, wiederholt bestätigt (vgl. Urteile vom 12. Mai 1989 III R 40/84, BFH/NV 1990, 193 zu §4 InvZulG 1979; vom 17. Februar 1989 III R 44/88, BFHE 156, 325, BStBl II 1989, 469, 470, ebenfalls zum InvZulG 1979; Vorinstanz-Urteil des Niedersächsischen FG vom 14. März 1988 II 113/85, EFG 1988, 485; ferner Urteil des Senats vom 5. Juli 1991 III R 3/87, BFHE 165, 143, BStBl II 1991, 854, Abschn. II Nr. 1 a, 2. Abs. der Entscheidungsgründe -- Jahresbescheid --; Vorinstanz-Urteil des FG Hamburg vom 5. September 1986 II 62/81, EFG 1987, 222).

Sowohl die FG (vgl. außer den vorgenannten, vom BFH bestätigten Entscheidungen, ferner ausführlich Urteil des FG Berlin vom 21. Dezember 1994 IV 22/94 -- Revision III R 35/95 --, EFG 1995, 686, 688, m. w. N.) als auch das Schrifttum haben die höchstrichterliche Rechtsprechung durchweg gebilligt (vgl. M. Söffing in Lademann, Einkommensteuergesetz und Nebengesetze, §6 InvZulG 1993 Rz. 15 a; Selder in Blümich, Einkommensteuergesetz, 15. Aufl., §6 InvZulG 1996 Rz. 2, wonach sich der Antrag nicht auf einzelne Wirtschaftsgüter, sondern auf die Bemessungsgrundlage beziehe und die einzelne Investition nur unselbständige Grundlage für die Bemessung der Investitionszulage sei; ferner M. Söffing in Der Betrieb -- DB -- 1988, 928, m. w. N.; ders., Finanz-Rundschau -- FR -- 1991, 509, 516; Kaligin, Steuerlich optimale Gestaltungen bei Investitionen in den neuen Bundesländern, 2. Aufl. (1996), Rz. 240; Masuch, ABC der Investitionszulage, 2. Aufl. (1996), S. 65, sowie Zitzmann, Zulagen für Investitionen in den neuen Bundesländern, 5. Aufl., Tz. 220).

Die Finanzverwaltung hat sich der Rechtsprechung ebenfalls angeschlossen (vgl. Schreiben des Bundesministers der Finanzen -- BMF -- vom 28. August 1991 IV B 3 -- InvZ 1010 -- 13/91, BStBl I 1991, 768, Tz. 80, zur InvZulVO 1990 und zum InvZulG 1991). Die Fassung der hier einschlägigen §§4 und 5 InvZulG 1993 verstärkt im übrigen das Prinzip der (Wirtschafts-)Jahreszulage und damit des Jahresbescheids gegenüber den Regelungen vor 1990 noch.

Die Beschwerde zeigt gegenüber dieser ganz einheitlich herrschenden Meinung keine durchgreifend neuen Gesichtspunkte auf, die noch nicht berücksichtigt wären und die deshalb die höchstrichterlich entschiedene Rechtsfrage als erneut klärungsbedürftig erscheinen ließen. Auf den Hinweis der Beschwerde auf das Förderprogramm für Mecklenburg-Vorpommern und das in der Ausführungsrichtlinie dazu großzügiger geregelte Antragsverfahren hat der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) zutreffend erwidert, daß dieses Programm geplante und nicht -- wie das InvZulG -- bestimmte abgeschlossene Investitionen betreffe.

Von einer weiteren Begründung der Entscheidung sieht der Senat nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.

 

Fundstellen

Haufe-Index 67538

BFH/NV 1998, 1257

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