Entscheidungsstichwort (Thema)

Werbungskostenabzug bei Aufwendungen für Auslandsreisen

 

Leitsatz (NV)

Aufwendungen einer Arbeitnehmerin für Auslandsreisen mit dem Reisezweck "Projektplanung" bzw. "Forschungsaufenthalt" können dann nicht als Werbungskosten abgezogen werden, wenn die Reisen nicht mit fest vereinbarten Terminen straff organisiert waren und wenn der Arbeitnehmerin ein weiter Spielraum für die Verfolgung privater Zwecke und Interessen zur Verfügung gestanden hat.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1, § 12 Nr. 1; FGO § 142; ZPO § 114

 

Verfahrensgang

FG Berlin

 

Tatbestand

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) erzielte im Streitjahr 1992 einen Bruttoarbeitslohn von 33 841 DM. Sie machte geltend, in der Zeit vom 3. bis 31. August 1992 und 21. Dezember 1992 bis 25. Januar 1993 Dienstreisen nach Mosambik durchgeführt und dafür 15 282 DM aufgewendet zu haben. Der Beklagte (das Finanzamt -- FA --) erkannte statt der geltend gemachten Werbungskosten nur Sonderausgaben mit dem Höchstbetrag von 1 200 DM an. Der Einspruch der Antragstellerin hatte keinen Erfolg. Das FA führte aus, aufgrund des Themas der Dissertation der Antragstellerin bestehe die unwiderlegbare Vermutung, daß zwischen den Reisen und der Dissertation ein Zusammenhang bestehe. Für diese Beurteilung spreche auch, daß der Arbeitgeber keine Erstattung geleistet und die Antragstellerin Urlaubstage in die Reise eingebracht habe.

Dagegen hat die Antragstellerin Klage erhoben und Prozeßkostenhilfe (PKH) beantragt. Nach ihrer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 9. Februar 1996 erzielte sie als Promotions-Studentin Einnahmen aus einem Stipendium. Das Finanzgericht (FG) wies den Antrag auf PKH mit Beschluß vom 13. Mai 1996 zurück. Es maß der Klage schon deshalb keine Aussicht auf Erfolg (§ 142 der Finanzgerichtsordnung -- FGO -- i. V. m. § 114 Zivilprozeßordnung -- ZPO --) bei, weil die Antragstellerin nicht den Nachweis erbracht habe, daß ihr die geltend gemachten Aufwendungen tatsächlich entstanden seien.

Dagegen hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt und zur Begründung Tagebuchmitteilungen, Dienstreiseanträge, Reise kostenabrechnungen und Reisekosten- und Visumquittungen eingereicht. Sie macht weiterhin geltend, die Reisen seien ausschließlich beruflich veranlaßt gewesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

Nach § 142 FGO i. V. m. § 114 ZPO kann ein Beteiligter PKH u. a. nur dann erhalten, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt.

Der Senat teilt die Auffassung des FG, daß die Klage unter Berücksichtigung der Gesamtumstände der beiden Auslandsreisen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) führen Auslandsreisen, die nach der Lebenserfahrung sowohl dem beruflichen Bereich als auch der privaten Sphäre der Lebens führung angehören können, nur dann zu abziehbaren Betriebsausgaben oder Werbungskosten, wenn die Reisen ausschließlich oder zumindest weitaus überwiegend im betrieblichen oder beruflichen Interesse unternommen werden; die Verfolgung privater Interessen, wie z. B. Erholung, Bildung und Erweiterung des allgemeinen Gesichtskreises, muß also nach dem Anlaß der Reise, dem vorgesehenen Programm und der tatsächlichen Durchführung nahezu ausgeschlossen sein (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 15. März 1990 IV R 60/88, BFHE 160, 313, BStBl II 1990, 736, 737, m. w. N.). Anderenfalls sind die gesamten Reisekosten nicht abziehbar, soweit sich nicht ein durch den Beruf veranlaßter Teil nach objektiven Maßstäben sicher und leicht abgrenzen läßt. An den vom Steuerpflichtigen zu erbringenden Nachweis des beruflichen Charakters der Reise sind strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BFH in BFHE 160, 313, BStBl II 1990, 736, 737).

Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze rechtfertigen der bisherige Sachvortrag der Antragstellerin sowie die von ihr im Beschwerdeverfahren vorgelegten Unterlagen nicht die Schlußfolgerung, daß die von ihr unternommenen Auslandsreisen nahezu ausschließlich beruflich veranlaßt waren und die Kosten dafür deshalb als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abgezogen werden können (§ 9 Abs. 1, § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes). Die von der Antragstellerin bei ihrem Arbeitgeber gestellten Dienstreiseanträge vom 28. Juli 1992 und 14. Dezember 1992 sowie die entsprechenden Reisekostenabrechnungen legen die Annahme einer nahezu ausschließlich beruflichen Veranlassung dieser Reisen schon deshalb nicht nahe, weil der Arbeitgeber diese Kosten nicht -- auch nicht anteilig -- erstattet hat. Soweit als Reisezweck "Projektplanung" bzw. "Projektvorbereitung, Forschungsaufenthalt" angegeben ist, erstatten Arbeitgeber erfahrungsgemäß die Kosten, wenn es sich um eigene Projekte des Arbeitgebers handelt und der Arbeitnehmer die Reisen auf dessen Weisung durchführt.

Die eigenen Angaben der Antragstellerin über ihre Tätigkeit in Mosambik in ihren als "Tagebuch" bezeichneten Übersichten lassen erkennen, daß die Reisen nicht straff mit vorher fest vereinbarten Terminen organisiert waren; der Antragstellerin hat vielmehr ein weiter Spielraum für die Ausgestaltung ihres Aufenthalts in Mosambik und damit auch für die Verfolgung privater Zwecke und Interessen zur Verfügung gestanden. Dies steht nach den oben dargelegten Rechtsgrundsätzen der Anerkennung der Aufwendungen für die Auslandsreisen als Werbungskosten entgegen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 421723

BFH/NV 1997, 108

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