Entscheidungsstichwort (Thema)

Tonnagegewinnermittlung: Zur Anwendung von § 5a Abs. 3 Satz 2 EStG auf Verluste vor Abschluss eines Bauvertrages über ein Handelsschiff

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Hält eine Reederei eine Vielzahl von Vorratsgesellschaften vor, um bei günstiger Marktlage zum Erwerb eines Schiffes sofort handlungsfähig zu sein, so ist die Gewinnerzielungsabsicht gegeben.
  2. § 5a Abs. 1, 3 EStG bezieht sich zwar nur auf Gewinne bzw. Verluste, soweit sie beim Betrieb eines Handelsschiffes im internationalen Verkehr angefallen sind. Dennoch ist diese Vorschrift nicht schiffsbezogen, sondern betriebsbezogen zu verstehen, sodass auch alle mit dem Betrieb eines Handelsschiffs verbundenen Hilfsgeschäfte mit umfasst sind.
  3. I.R. von § 5a EStG zu berücksichtigendes Erstjahr ist das Wj, in dem der Stpfl. mit seiner auf die Erzielung derartiger gewerblicher Einkünfte gerichteten Tätigkeit begonnen hat. Maßgeblich ist insoweit der einkommensteuerliche Beginn des Gewerbebetriebes, hierunter fallen auch der als Hilfsgeschäft zu beurteilende Abschluss eines Bau- oder Kaufvertrages für ein Handelsschiff.
  4. Das bei der Tonnagegewinnermittlung zu berücksichtigende Erstjahr ist damit das Jahr der Gründung der Klin.
  5. § 5a Abs. 3 Satz 2 EStG soll nach dem Willen des Gesetzgebers gerade die steuerliche Berücksichtigung von Anlaufverlusten ausschließen.
 

Normenkette

EStG § 5a Abs. 3 S. 2

 

Streitjahr(e)

2006, 2007, 2008, 2009

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 07.06.2018; Aktenzeichen IV R 16/16)

 

Tatbestand

Streitig ist die Anwendung von § 5a Abs. 3 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) auf Verluste, die vor Abschluss des Bauvertrages über ein Handelsschiff angefallen sind.

Die Klägerin wurde zunächst als Vorratsgesellschaft gegründet. Kommanditist der Gesellschaft war zu diesem Zeitpunkt A, als Komplementärin fungierte die A GmbH. Als Gesellschaftszweck legte man den Betrieb und die Veräußerung von Seeschiffen, insbesondere den Betrieb eines Schiffes namens „MS H” fest. Zum Zeitpunkt ihrer Gründung und auch in den Jahren danach betrieb die Klägerin zunächst kein Handelsschiff. In den streitigen Jahren 2006 bis 2009 verzeichnete die Klägerin keine Betriebseinnahmen. In dieser Zeit fielen lediglich allgemeine Verwaltungskosten als Betriebsausgaben an. Hierbei handelte es sich um Aufwendungen für Rechts- und Beratungskosten sowie für Abschluss- und Prüfungskosten. Der Beklagte berücksichtigte die Verluste zunächst in Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen.

Die Bescheide für 2008 und 2009 ergingen nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

2010 schloss die Klägerin einen Vertrag über den Bau und die Lieferung eines Handelsschiffes. Das Schiff wurde 2012 an die Klägerin übergeben und wird seitdem als „MS H” im internationalen Schiffsverkehr betrieben.

Im Jahr 2012 optierte die Klägerin zur Tonnagegewinnermittlung nach § 5a EStG. Daraufhin stellte der Beklagte für sämtliche Streitjahre die Einkünfte jeweils mit 0 Euro fest. Zur Begründung verwies er auf die Vorschrift des § 5a Abs. 3 Satz 2 EStG, nach der auf Grund der Wahl der Gewinnermittlung nach § 5a EStG Verluste vor Indienststellung des Schiffes nicht zu berücksichtigen seien. Der Beklagte hielt an dieser Rechtsauffassung auch im Einspruchsbescheid fest.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die in den Streitjahren entstandenen Verluste wie bisher festzustellen seien. Zwischen den entstandenen Verlusten und der Anschaffung und dem Betrieb des Handelsschiffes ab dem Jahr 2012 bestehe kein hinreichender Zusammenhang. Die Verluste seien nicht bei dem Betrieb eines Handelsschiffes im internationalen Verkehr entstanden. Die in den Jahren vor Indienststellung des Schiffes entstandenen Gewinne oder Verluste seien durch die Regelung des § 5a Abs. 3 Satz 2 EStG nur erfasst, soweit es sich um Hilfsgeschäfte im Hinblick auf den späteren Betrieb des Schiffes handele. Hilfsgeschäfte seien solche Geschäfte, die der Geschäftsbetrieb üblicherweise mit sich bringe und die Aufnahme, Fortführung und Abwicklung der Haupttätigkeit erst ermöglichten. In den Jahren 2006 bis 2009 seien lediglich allgemeine Verwaltungskosten angefallen, die nicht erforderlich gewesen seien, um im Jahre 2012 den Betrieb eines Schiffes aufzunehmen. Die Verwaltung der Gesellschaft sei im vorliegenden Fall erst ab dem Jahr 2010 - dem Jahr des Abschlusses des Bauvertrages über das Schiff - als Hilfsgeschäft zu qualifizieren.

Der bereits im Jahr 2006 dargelegte Gesellschaftszweck der Gesellschaft stehe dieser Beurteilung nicht entgegen. Die Gesellschaft sei seinerzeit lediglich als Vorratsgesellschaft gegründet worden. Die Formulierung des Gesellschaftszweckes besage lediglich, dass zu einem gegebenen Zeitpunkt irgendein Schiff namens „MS H” betrieben werden solle. Zum Zeitpunkt der Gründung der Gesellschaft hätten noch keinerlei Planungen oder Verhandlungen bezüglich des nunmehr in Dienst gestellten Schiffes bestanden. Der vordergründig vorhandene Zusammenhang zwisc...

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