Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässigkeit der Klage durch außerprozessuale Bedingung

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein unbedingter Wille zur Klageerhebung kann nicht unterstellt werden, wenn die Erklärung der Klageerhebung von einer Bedingung abhängig gemacht wird.

Eine solche außerprozessuale Bedingung der Klageerhebung führt zur Unzulässigkeit der Klage.

 

Normenkette

FGO §§ 115, 68

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 29.10.2007; Aktenzeichen VI B 58/07)

 

Tatbestand

Die Kläger sind Ehegatten und werden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Ehemann erzielte als Koordinator bei der Stadt 1 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Ehefrau erzielte als medizinisch technische Angestellte ebenfalls Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Die Einkommensteuererklärungen 1999 und 2000 gingen am 28.12.2001 beim beklagten FA ein.

Als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit machte der Kläger Fahrtkosten für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit dem eigenen Pkw für 230 Tage geltend. Als Entfernung gab er 50 km an. Weiterhin erklärte er, er habe Mitgliedsbeiträge an die Gewerkschaft i.H.v. 690 DM (1999), bzw. 701 DM (2000) gezahlt. Die Ehefrau machte keine Werbungskosten geltend.

Die Kläger wurden antragsgemäß veranlagt und die Einkommensteuer mit Bescheiden vom 30.10.2002 auf 8.964,99 Euro (17.534 DM) 1999 bzw. 9.199,16 Euro (17.992 DM) 2000 festgesetzt.

Gegen diese Bescheide legten die Kläger mit Schreiben vom 28.11.2002 jeweils Einspruch ein. Die Einsprüche wurden trotz wiederholter Aufforderung nicht begründet, zusätzliche Belege wurden nicht vorgelegt.

Mit Schreiben vom 23.9.2003 und 27.10.2003 wies der Beklagte auf die Möglichkeit einer Verböserung hin. Er wolle als Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte des Klägers statt 50 km nur noch 35 km anerkennen.

Mit Einspruchsentscheidungen vom 20.10.2006 erhöhte der Beklagte die Einkommensteuer 1999 auf 9.374,03 Euro und die Einkommensteuer 2000 auf 9.595,93 Euro. Im Übrigen wies er die Einsprüche als unbegründet zurück.

Mit Schreiben vom 15.11.2006, eingegangen beim Beklagten am 17.11.2006, wandten sich die Kläger mit einer Gegenvorstellung gegen die Einspruchsentscheide.

Mit Schreiben vom 20.11.2006, eingegangen beim Beklagten am 21.11.2006, haben die Kläger Klage erhoben. Sie schrieben, die Klageerhebung gelte "für den Fall", dass der Beklagte ihrer Gegenvorstellung nicht entsprechen wolle.

Während des Klageverfahrens erließ der Beklagte am 2.2.2007 Änderungsbescheide und setzte die Einkommensteuer 1999 auf 9.107,13 Euro und die Einkommensteuer 2000 auf 9.450,72 Euro fest. Die Festsetzung des Solidaritätszuschlages erfolgte gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO vorläufig hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlagsgesetzes 1995.

Die Kläger sind der Auffassung, dass der Beklagte zu Unrecht den Weg des Klägers zwischen seiner Wohnung in B und seiner Arbeitsstätte in 1 auf der Grundlage einer 35 km langen Route berechnet habe. Tatsächlich sei der Kläger in den Streitjahren wegen des Ausbaus der A 3 täglich eine andere, 50 km lange Strecke gefahren. Erst ab dem Jahr 2001 fahre er eine 35 km lange Strecke.

Im Übrigen sei den Klägern daran gelegen, den Eintritt der Bestandskraft ihrer Steuerbescheide zu verhindern. Sie sind der Auffassung, der Beklagte habe seine Einspruchsentscheidung verfrüht erlassen ("plötzlich und aus heiterem Himmel" "im Kontext mit weiteren ‚Nonsensbescheiden"").

Die Kläger beantragen, die Einkommensteuerbescheide und die Bescheide über den Solidaritätszuschlag vom 2.2.2007 und die Einspruchsentscheidung vom 20.10.2006 aufzuheben, die Einkommensteuer unter Berücksichtigung einer tatsächlich gefahrenen Strecke von 50 Entfernungskilometern entsprechend niedriger festzusetzen und das Einspruchsverfahren zum Solidaritätszuschlag bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlagsgesetzes 1995 ruhen zu lassen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er sieht keinen Grund, die Entscheidung länger zurückzustellen. Hinsichtlich der Festsetzung des Solidaritätszuschlages sei dem Rechtsschutzbedürfnis der Kläger durch den Vorläufigkeitsvermerk nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO hinreichend Rechnung getragen worden. Im Übrigen hätten die Kläger keine Umstände vorgetragen oder nachgewiesen, die ein weiteres Abwarten oder die Festsetzung einer niedrigeren Steuer rechtfertigen könnten. Die von ihm bei den Fahrten des Klägers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte anerkannte Fahrtstrecke von 35 km sei die schnellste, nicht die kürzeste Strecke. Sie berühre weder die A 3 noch eine ihrer Umleitungsstrecken.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Die gegen die Einkommensteuerbescheide vom 30.10.2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.10.2006 gerichtete Klage ist unzulässig, da sie unter einer Bedingung erhoben wurde (vgl. Gräber/von Groll, FGO, 5. Aufl. 2002, vor § 33, Rz. 11). Die Kläger teilten in der Klageschrift vom 20.11.2006 mit, die Klageer...

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