Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschwer bei Anordnung der Vorläufigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Bei einer Steuerfestsetzung auf 0 Euro liegt regelmäßig keine Beschwer vor.

2) Auch im Falle einer ermessensfehlerhaften Anordnung der Vorläufigkeit gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO ist der Steuerpflichtige nicht in seinen subjektiven Recht verletzt, denn § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO lässt nur eine Änderung zugunsten des Steuerpflichtigen zu.

 

Normenkette

AO 1977 § 176; FGO § 40 Abs. 2; AO 1977 § 165 Abs. 1 S. 2 Nr. 3

 

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Abgabenordnung (AO).

Der Kläger (Kl.) übertrug aufgrund notariellen Vertrages vom 20.09.2002 u.a. auf seinen Sohn WC im Wege der Schenkung diverses Betriebsvermögen (BV) und verpflichtete sich zur Übernahme der Schenkungsteuer. Zu den Einzelheiten wird auf die Kopie der notariellen Vertragsurkunde (Bl. 2-8 der Steuerakten zu den StNr. 000/0000/0000 u. 000/0000/0000) verwiesen.

Bezüglich dieser Schenkung setzte der Beklagte (Bekl.) gegen den Kl. unter Berücksichtigung der Steuerbefreiungen nach § 13 a Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) durch Bescheid vom 17.04.2003 Schenkungsteuer i.H.v. 0 Euro fest. Die Steuerfestsetzung erfolgte gem. § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und gem. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO in vollem Umfang vorläufig im Hinblick auf das beim BFH anhängige Revisionsverfahren II R 61/99. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Steuerbescheid (Bl. 89-93 der o.g. Steuerakte) verwiesen.

Am 05.05.2004 erließ der Bekl. gegen den Kl. einen geänderten Schenkungsteuerbescheid, in dem die Besteuerungsgrundlagen mehrerer Grundbesitzwertmitteilungen berücksichtigt wurden. Die Schenkungsteuer wurde erneut auf 0 Euro und im Hinblick auf das beim BFH anhängige Revisionsverfahren II R 61/99 in vollem Umfang vorläufig festgesetzt. Zu den Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 05.05.2004 (Bl. 129-133 der o.g. Steuerakte) verwiesen.

Gegen diesen Bescheid wandte sich der Kl. mit seinem Einspruch vom 04.06.2004. Zur Begründung trug er vor, dass zwar die Feststellungen zur Höhe des Erwerbs nicht zu beanstanden seien, der Bescheid jedoch nicht vorläufig nach § 165 AO hätte ergehen dürfen. Zwar sei beim BFH ein Revisionsverfahren anhängig, jedoch könne dies nicht zu seinen Lasten gehen. Die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 13 a ErbStG im Hinblick auf einen Verstoß gegen Artikel 3 Grundgesetz (GG) dürfe bei dem Erlass des Schenkungsteuerbescheides gegen ihn keine Rolle spielen. Denn aus Vertrauensschutzgründen könne das BVerfG allenfalls zu Gunsten eventuell ungerechtfertigt Benachteiligter entscheiden und nicht etwa zu seinen Ungunsten. Damit erübrige sich die Notwendigkeit einer vorläufigen Steuerfestsetzung. Es gehe darum, diejenigen zu schützen, in deren Interesse ein Einspruch läge, weil die anstehende Entscheidung des BVerfG ihre Rechtsposition verbessern könnte. Denjenigen, die wie er, kein Interesse an einem Einspruch hätten, dürfe aber die durch einen vorbehaltlosen Bescheid bewirkte Rechtssicherheit nicht verwehrt werden. Im Übrigen sei der Erlass des Finanzministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 06.12.2001, auf den sich der Bekl. berufe, rechtswidrig.

Der Bekl. wies den Einspruch des Kl. durch Einspruchsentscheidung (EE) vom 15.07.2004 als unbegründet zurück. Den Vorbehalt der Nachprüfung hob der Bekl. in der EE gem. § 164 Abs. 3 AO auf und erklärte die Steuerfestsetzung gem. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO im Hinblick auf das beim BFH unter dem Az. II R 61/99 anhängige Revisionsverfahren in vollem Umfang für vorläufig.

Zur Begründung führte der Bekl. im Wesentlichen aus, in Folge des vorgenannten Revisionsverfahrens habe die Finanzverwaltung am 06.12.2001 (BStBl I 2001 Seite 985) gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden veröffentlicht, wonach Erbschaftsteuer- (ErbSt-) bzw. Schenkungsteuerfestsetzungen nach § 165 Abs. 1 AO in vollem Umfang für vorläufig zu erklären seien. Hierdurch sei ein Vertrauensschutz nach § 176 AO geschaffen worden. Eine Ermessensentscheidung sei insoweit nicht gegeben, sondern eine gesetzlich angeordnete Vorläufigkeit wegen einer ungewissen Rechtslage. Die Ansicht des Einspruchsführers, Steuerfestsetzungen dürften nur dann vorläufig vorgenommen werden, wenn der Steuerpflichtige (Stpfl.) erwarten könne, dass die Entscheidung eine für ihn günstigere steuerliche Auswirkung zur Folge haben werde, sei durch § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO nicht gedeckt. Es sei nicht abzusehen, wie sich mögliche Änderungen der Gesetzgebung im Einzelfall auswirken könnten. Der Erlass eines endgültigen Steuerbescheides trotz ungewisser Rechtslage widerspräche der Gesetzesbestimmung des § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO und sei daher nicht möglich. Durch die vorläufige Steuerfestsetzung sei das Rechtsschutzinteresse des Einspruchsführers nicht verletzt, da gänzlich ungeklärt sei, ob eine echte Rückwirkung zu Lasten des Einspruchsführers möglich sei. Sollte dies der Fall sei...

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