Entscheidungsstichwort (Thema)
Glaubensverschiedene Ehe, geringeres Einkommen des anderen Ehepartners
Leitsatz (redaktionell)
1) Bei glaubensverschiedenen Ehen fällt das besondere Kirchgeld auch dann an, wenn ein Ehegatte ein eigenes, aber deutlich geringeres Einkommen als der andere Ehegatte erzielt.
2) Die Erhebung des besonderen Kirchgeldes ist in diesem Fall auch verfassungsgemäß.
Normenkette
KiStG NW § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Nr. 5, § 7 Abs. 2 S. 1 2; KiStO NRW § 6 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 S. 2, § 11 Abs. 2 S. 1, 2, § 12 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1, 2, Art. 6 Abs. 1, Art. 140; EStG § 51a Abs. 2 S. 1, 2
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Erhebung bzw. Berechnung des besonderen Kirchgeldes nach dem Kirchensteuergesetz Nordrhein-Westfalen (KiStG NRW) für 2015 (Streitjahr).
Die Klägerin ist verheiratet und wird mit ihrem Ehemann zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Im Streitjahr war die Klägerin Mitglied der evangelischen Kirche von Westfalen, ihr Ehemann hingegen war keiner steuererhebenden Religionsgemeinschaft angehörig (sog. glaubensverschiedene Ehe). Beide Ehepartner erwirtschafteten im Streitjahr steuerbare Einkünfte. Die Anstellung der Klägerin bestand seit über zwanzig Jahren. Sie selbst erzielte Einkünfte in Höhe von 10.155 € aus nichtselbstständiger Arbeit und negative Einkünfte in Höhe von 988 € aus Vermietung und Verpachtung. Das zu versteuernde Einkommen der Ehegatten betrug 88.702 €.
Gemeinsam mit dem Bescheid über die Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr vom 18.07.2016 setzte das für die Klägerin und ihren Ehemann zuständige Wohnsitzfinanzamt zulasten der Klägerin das besondere Kirchgeld – bemessen nach dem zu versteuernden Einkommen der Ehegatten – auf 696 € fest.
Den hiergegen eingelegten Einspruch (Eingang bei der Beklagten: 26.07.2016) begründete die Klägerin damit, dass sie nur mit ihrem eigenen Einkommen kirchensteuerpflichtig sei, da sie mehr als nur ein geringes Einkommen gehabt habe. Die Berechnung unter Einbeziehung des Einkommens des anderen Ehegatten sei aber verfassungsrechtlich nur zulässig, wenn der kirchenangehörige Ehegatte kein eigenes Einkommen habe und somit sonst kirchensteuerfrei bliebe. So sei auch die einfachgesetzliche Regelung zum besonderen Kirchgeld zu verstehen. Bei Zugrundelegung dessen dürfe in ihrem (der Klägerin) Fall nicht das besondere Kirchgeld, sondern lediglich die auf ihr Einkommen entfallende allgemeine Kirchensteuer erhoben werden. Gerade aufgrund der Zusammenveranlagung mit ihrem (der Klägerin) Ehemann unterliege auch ihr Einkommen der Besteuerung. Ihr Einkommen hätte aber für sich genommen unter Beachtung sämtlicher Abzüge (negative Einkünfte, Werbungskostenpauschbetrag) unterhalb des Grundfreibetrages gelegen.
Die Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 22.11.2016 als unbegründet zurück. Das besondere Kirchgeld werde bei glaubensverschiedenen Ehen erhoben, um eine Gerechtigkeitslücke zu schließen und sei verfassungsgemäß. Das gelte auch für die Berechnung anhand des zu versteuernden Einkommens, da es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) nicht auf das Einkommen des Einzelnen, sondern auf dessen Lebensführungsaufwand ankomme, der durch das höhere Einkommen des anderen Partners ebenfalls erhöht werde. Zu Vereinfachungszwecken sei es dabei im Wege einer Typisierung zulässig, das gesamte Einkommen zugrunde zu legen.
Ihre daraufhin erhobene Klage (Eingang bei Gericht: 15.12.2016) stützt die Klägerin im Wesentlichen auf das bereits im Einspruchsverfahren geltend Gemachte. Zudem ist sie der Ansicht, § 7 KiStG NRW sei gegenüber § 4 KiStG NRW als lex specialis anzusehen, so dass die Festsetzung eines besonderen Kirchgeldes bereits einfachgesetzlich rechtswidrig sei.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Festsetzung des besonderen Kirchgeldes für das Jahr 2015 durch Bescheid vom 18.07.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.11.2016 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich dabei auf die bereits in der Einspruchsentscheidung erläuterten Erwägungen zur Rechtmäßigkeit der Festsetzung sowie zur Verfassungsmäßigkeit des besonderen Kirchgeldes.
Der Berichterstatter hat in der Sache am 21.12.2018 einen Erörterungstermin durchgeführt. Auf das Protokoll wird Bezug genommen. Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
Der Senat entscheidet gem. § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
Die Klage ist unbegründet.
Die angefochtene Festsetzung des besonderen Kirchgeldes für das Streitjahr in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.11.2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die von der Klägerin geltend gemachten Einwände gegen die Festsetzung des besonderen Kirchgeldes greifen nicht durch, insbesondere liegt kein Verstoß gegen das Grundgesetz (GG) vor, der eine Vor...