Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschränkte Steuerpflicht der Erträge aus Wandelanleihen und Anwendung des § 50d Abs. 3 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Erträge aus Wandelanleihen und Gewinnobligationen unterliegen, auch wenn sie an sich unter § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG fallen, infolge ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5 a) EStG der beschränkten Steuerpflicht.

2) Angesichts der ausdrücklichen Aufnahme der Wandelanleihen in § 49 Abs. 1 Nr. 5 a) letzter Hs. EStG ist für die Erträge aus Wandelanleihen nicht zu fordern, dass der in § 49 Abs. 1 Nr. 5 c) aa) Satz 1 EStG vorgesehen Inlandsbezug hergestellt sein muss oder dass die Ausnahmereglung des § 49 Abs. 1 Nr. 5 c) aa) Satz 2 EStG greift.

3) § 50d Abs. 3 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG v. 7.12.2011 findet erstmals für den VZ 2012 Anwendung.

4) § 50d Abs. 3 EStG (2007) ist im Lichte der EU-Grundfreiheiten geltungserhaltend auszulegen.

 

Normenkette

AktG § 222; EStG §§ 43, 20 Abs. 1 Nr. 7, § 49 Abs. 1 Nr. 5, § 50d

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 10.11.2021; Aktenzeichen I R 27/19)

BFH (Aktenzeichen I R 27/19)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin ein Anspruch auf Erstattung von Kapitalertragsteuer gemäß § 50d Abs. 1 Satz 2 EStG zusteht. Dabei sind zwei Anträge streitbefangen, die die Jahre 2010 und 2011 betreffen. Problematisch sind die rechtliche Einordnung von Zinsen aus Wandelanleihen sowie die beschränkte Steuerpflicht der Klägerin. Darüber hinaus streiten die Beteiligten über die Anwendung von § 50d Abs. 3 EStG.

Die Klägerin ist eine in Zypern ansässige Kapitalgesellschaft. Sie hat … Stück Wandelanleihen des Typs X an der in Deutschland ansässigen K AG gezeichnet. Der Nennbetrag je Wandelschuldverschreibung beträgt 56,30 €. In gleicher Höhe wurde eine Teilschuldverschreibung durch die K AG ausgegeben. Die Wandelschuldverschreibung wird mit 5,5 % p.a. verzinst. Wegen der Einzelheiten der Wandelanleihe wird auf die Anleihebedingungen Bezug genommen (Bl. 59 ff. der e-FG-Akte). Außerdem ist die Klägerin zu 15 % an der K AG beteiligt.

Geschäftszweck der Klägerin ist, Beteiligungen an Unternehmen der Schifffahrtsbranche für eine gewisse Dauer als strategischer oder finanzieller Investor zu erwerben und zu halten. Aufgrund des Umfangs des Investments in der K AG hielt die Klägerin im streitigen Zeitraum jedoch keine weiteren Beteiligungen. Sie ist im Hinblick auf ihre Beteiligungen nicht selbst geschäftsleitend tätig, da die Managementleistungen auf ein nahestehendes Unternehmen, die in Zypern ansässige F Co. Ltd., ausgelagert wurden. Die Klägerin verfügt über keine eigene physische Präsenz, sondern nutzt die Räumlichkeiten der F Co. Ltd.

Die Anteile an der Klägerin werden zu 100 % von der in Liberia ansässigen R S.A. gehalten. Auch diese Gesellschaft verfügt über keine Substanz.

Die Anteile an der R S.A. werden zu 100 % von der in Zypern ansässigen C Ltd. gehalten. Auch diese Gesellschaft verfügt über keine physische Präsenz, sondern nutzt die Räumlichkeiten ihrer Schwestergesellschaft, der F Co. Ltd. Die C Ltd. ist nicht selbst operativ tätig und verfügt über keine eigenen Arbeitnehmer. Sie ist mittelbar und unmittelbar an verschiedenen Unternehmen beteiligt und übt in geringem Umfang bestimmte Finanzierungsfunktionen aus. Sie ist gegenüber ihren Tochtergesellschaften nicht selbst geschäftsleitend tätig. Die Geschäftsleitungsfunktion in Bezug auf ihre Tochtergesellschaften hat die C Ltd. auf ihre Schwestergesellschaft, die F Co. Ltd., ausgelagert.

Die F Co. Ltd. ist wirtschaftlich tätig. Sie verfügt über eigene Büroräume und Personal. Die Büroräume sind mit den erforderlichen Arbeitseinrichtungen und den notwendigen Kommunikationsgeräten ausgestattet.

Anteilseigner der C Ltd. ist zu 0,01 % die in Liberia ansässige A Ltd., die über alle Stimmrechtsanteile verfügt. Der verbleibende Anteil von 99,99 % wird von der in Panama registrierten B Inc. gehalten.

Die Struktur der Unternehmensgruppe stellt sich wie folgt dar:

Die Klägerin erzielte aus den Wandelanleihen der K AG in den Streitjahren 2010 und 2011 Kapitalerträge.

Zum ersten Zinstermin nach dem Erwerb der Wandelanleihen, dem 17. Mai 2010, wurden auf den Bruttozufluss i.H.v. … € insgesamt … € (= 26,375 %) Kapitalertragsteuer inklusive Solidaritätszuschlag einbehalten.

Mit Antrag vom 26. August 2010 (Posteingangsdatum: 6. September 2010) beantragte die Klägerin gemäß § 50d Abs. 1 EStG i.V.m. Art. 11 DBA-Zypern die teilweise Erstattung der deutschen im Jahr 2010 einbehaltenen Abzugsteuern vom Kapitalertrag i.H.v. … € (= 16,375 % des Bruttozuflusses).

Zum zweiten Zinstermin nach Limitierung der K-Wandelanleihe, dem … Mai 2011, hielt die Klägerin noch … Stück der Wandelanleihen. Auf diese erhielt die Klägerin zum Zinstermin 2011 Zinsen in Höhe von brutto … €. Auf diesen Betrag wurden insgesamt … € (= 26,375 %) Kapitalertragsteuer inklusive Solidaritätszuschlag einbehalten und abgeführt.

Im Hinblick auf die für 2011 einbehaltenen Steuerabzugsbeträge stellte die Klägerin mit Schreiben vom 13. Sept...

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