vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuervergünstigung bei Umstrukturierungen im Konzern – Nachrangiges Unternehmen in der Beteiligungskette als herrschendes Unternehmen i.S.d. § 6a GrEStG

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Das herrschende Unternehmen i.S.d. § 6a GrEStG kann auch eine - von der Konzernspitze abhängige - nachrangige Gesellschaft in der Beteiligungskette sein, wenn diese abhängige Gesellschaft ihrerseits die die weiteren Voraussetzungen des § 6a GrEStG erfüllt.
  2. Eine nachträgliche Veränderung der Beteiligungshöhe auf der Ebene der Konzernspitze ist in diesem Fall für die Grunderwerbsteuervergünstigung unschädlich.
 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 3, § 6a Sätze 3-4; UStG § 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.09.2022; Aktenzeichen II R 13/20)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Bestimmung des herrschenden Unternehmens bei Anwendung des § 6a des Grunderwerbsteuergesetzes -GrEStG-.

Die Klägerin, eine aktiv tätige GmbH (u.a. Erwerb, Entwicklung und Vermarktung von Immobilien ...), war bis zum 15.8.2011 zu 100% an der D GmbH („D-GmbH“) beteiligt, in deren Eigentum sich ein Grundstück befand. Gesellschafterin der Klägerin war zu 100% die E GmbH („E-GmbH“, laut Handelsregister ebenfalls im Bereich der Immobilienentwicklung, Vermarktung und deren Verwaltung tätig), deren Anteile wiederum vollständig durch die F AG gehalten wurden. Aufgrund Vertrags vom 5.8.2011 wurde zum 15.8.2011 (Eintragung ins Handelsregister) die D-GmbH als übertragende Gesellschaft auf die Klägerin als übernehmende Gesellschaft verschmolzen. Zum Zeitpunkt der Verschmelzung bestand die dargestellte Beteiligungskette mehr als fünf Jahren ununterbrochen. Alle Gesellschaften waren Organgesellschaften desselben umsatzsteuerlichen Organkreises mit F-AG als Organträgerin. Bis zum Jahr 2008 war die G-Stiftung umsatzsteuerliche Organträgerin gewesen, die im Jahr 2008 25,01% ihrer Beteiligung an F-AG verkaufte.

Im Bescheid vom 23.4.2012 über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer (Verschmelzung i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG) verneinte der Beklagte die Voraussetzungen des § 6a GrEStG, da F-AG als oberste Rechtsträgerin aufgrund der Organschaft mit der G-Stiftung nicht während der gesamten Vorbesitzzeit von fünf Jahren vor der Verschmelzung Unternehmerin i.S.d. Umsatzsteuergesetzes -UStG- gewesen sei. Nach geändertem Erlass des Finanzministeriums NRW vom 19.6.2012 erging mit Datum vom 17.7.2012 ein Änderungsescheid, in dem der Beklagte nunmehr die Voraussetzungen des § 6a GrEStG bejahte. Als herrschendes Unternehmen sei - in Übereinstimmung mit dem Schreiben der Klägerin vom 19.3.2012 - F-AG anzusehen. Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass die Steuerbefreiung mit Wirkung für die Vergangenheit u.a. dann entfalle, wenn die Mindestbeteiligung von 95% von F-AG an einer der am Umwandlungsvorgang beteiligten Gesellschaften innerhalb von fünf Jahren nach der Verschmelzung unterschritten werde.

Nachdem F-AG ab dem 5.7.2013 (Verkauf von 26,8%) seine Anteile an der E-GmbH nach und nach verkauft hatte, versagte der Beklagte im geänderten Bescheid vom 12.9.2016 die Steuerbegünstigung nach § 6a GrEStG. Diese sei nach § 6a Satz 4 GrEStG mit Wirkung für die Vergangenheit entfallen. Die Nachbehaltensfrist von fünf Jahren sei nicht eingehalten worden, da F-AG als herrschendes Unternehmen nicht länger mittelbar über die E-GmbH zu mindestens 95% an der Klägerin beteiligt sei.

Im Einspruchsverfahren trug die Klägerin vor, es sei auf die E-GmbH und nicht F-AG als herrschendes Unternehmen abzustellen. In diesem Verhältnis bestehe nach wie vor eine 100%-Beteiligung. Nach Textziffer -Tz- 2.2 des gleich lautenden Erlasses der obersten Finanzbehörden der Länder vom 19.6.2012 (Bundessteuerblatt -BStBl- I 2012, 662) könne auch eine umsatzsteuerliche Organgesellschaft ein herrschendes Unternehmen sein. Es sei nach dem Erlass zunächst „von unten nach oben“ der oberste Rechtsträger zu bestimmen, der die Mindestbeteiligungshöhe erfülle. Dies sei im Zeitpunkt der Verschmelzung F-AG gewesen. Sodann sei nach unten zu prüfen, welcher Rechtsträger als oberster die Unternehmereigenschaft erfülle. Dies sei nach wie vor die E-GmbH, die zwar aus umsatzsteuerlicher Sicht Organgesellschaft und damit nicht Unternehmerin gewesen sei, diese Rechtsstellung aber aus grunderwerbsteuerlicher Sicht habe einnehmen können. Erfülle der so ermittelte Rechtsträger die Vor- und Nachbehaltensfristen, sei er herrschendes Unternehmen i.S.d. § 6a GrEStG. Unbeachtlich sei, dass die Beteiligten ursprünglich rechtsirrtümlich davon ausgegangen seien, dass nicht die E-GmbH, sondern F-AG das herrschende Unternehmen sei.

Den Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 24.2.2017 als unbegründet zurück. Streitig sei, ob innerhalb der fünfjährigen Nachbehaltensfrist das herrschende Unternehmen durch ein nachrangiges Unternehmen in der Beteiligungskette neu bestimmt werden könne. Es bleibe dabei...

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