Entscheidungsstichwort (Thema)

Einheitliches Vertragswerk: Innenausbaukosten als Gegenstand des Erwerbsvorgangs – Abgestimmtes Verhalten mehrerer Vertragspartner – Verfassungs- und Unionsrechtmäßigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Gegenstand des grunderwerbsteuerrechtlichen Erwerbsvorgangs ist das bebaute Grundstück einschließlich der Kosten des Innenausbaus, wenn den Erwerbern aufgrund einer in bautechnischer und finanzieller Hinsicht konkreten und bis (annähernd) zur Baureife gediehenen Vorplanung ein bestimmtes Gebäude auf einem bestimmten Grundstück zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis angeboten worden ist und sie dieses Angebot durch Abschluss des Kaufvertrages über den veredelten Rohbau, die Beauftragung des üblicherweise mit der Baufirma und dem für diese tätigen Architekten zusammenarbeitenden Bauleiters mit dem Innenausbau sowie den Abschluss der von dem Bauleiter vermittelten und vorformulierten Verträge über die Innenausbauten angenommen haben.
  2. Die Rechtsprechung des BFH zum „einheitlichen Erwerbsgegenstand” verstößt weder gegen die Einheit der Steuerrechtsordnung noch gegen das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot oder das Unionsrecht.
 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 03.03.2015; Aktenzeichen II R 22/14)

BFH (Urteil vom 03.03.2015; Aktenzeichen II R 22/14)

 

Tatbestand

Die Kläger erwarben durch notariell beurkundeten Vertrag vom 15. 4. 2009 von der „A” (im Folgenden: Fa. A GmbH) das Grundstück () in O (Flur … Flst. …).

Laut Tz. 1.1 des Vertrages sollte der Verkäufer auf dem Grundstück ein EFH mit Garage als Rohbau mit Verklinkerung , Dachstuhl, Dacheindeckung nebst Regenrinne und Regenfallrohren nach Maßgabe der als Anlage zum Vertrag genommenen Baubeschreibung und Plänen errichten. Nach Tz. 3.1 des Vertrages sollte der Käufer den weiteren Ausbau bis zur Bezugsfertigstellung einschließlich Außenanlagen in eigener Regie, auf eigenen Namen und eigene Rechnung durchführen.

Die Architektenleistungen waren in den Leistungen der GmbH inbegriffen; Architekt war der Ehemann der Geschäftsführerin der GmbH. Dieser machte auch Vorschläge für den Innenausbau einschließlich einer Kalkulation für die finanzierende Bank.

Der Gesamtkaufpreis war mit 423.000 € vereinbart. Die Bauaufsicht übernahm seitens der GmbH der Bauleiter C, der freiberuflich tätig, aber seit vielen Jahren Geschäftspartner der GmbH ist. Herr C bot den Bauherren üblicherweise, so auch hier, nach Beendigung der Rohbauphase weiter seine Dienste als Bauleiter der Bauherren für den Innenausbau an. Die Kläger besprachen mit Herrn C die Vergabe der Gewerke für den Innenausbau; soweit Handwerker beauftragt wurden, die von Herrn C empfohlen und vermittelt wurden, übernahm er die Vertragsgestaltung und verwendete dazu eigene Vertragsmuster.

Der Bauantrag war am 20. 5. 2008 von der Fa. A GmbH gestellt worden, die Baugenehmigung wurde am 20. 8. 2008 erteilt. Der Baubeginn wurde für den 29. 1. 2009 von der Fa. A GmbH angezeigt, als Bauleiter war Herr C angegeben. Ein Nachtragsbauantrag erfolgte durch die Fa. A am 14. 5. 2009 wegen einer Grundriss-/Ansichtsänderung; insoweit erging ein Abweichungsbescheid am 25. 5. 2009. Die Fertigstellung wurde durch die Fa. A am 22. 1. 2010 angezeigt.

Der Beklagte setzte mit gleichlautenden Bescheiden vom 13. 5. 2009 gegenüber den Klägern GrESt mit je 7.402 € fest, wobei Bemessungsgrundlage die Bruttokaufpreissumme gemäß Notarvertrag war.

Auf Anfrage des Beklagten teilten die Kläger dem FA mit, der Innenausbau sei von folgenden Firmen ausgeführt worden:

1 Fenster, Rolläden 36.000 €

2 Heizung, Sanitär 23.500 €

3 Elektro 9.500 €

4 Innenputz 20.000 €

5 Estrich 5.500 €

6 Schlosser 6.000 €

1 Innentüren 10.000 €

7 Maler 4.000 €

8 Fliesen 8.000 €

9 Bodenbeläge 9.200 €

10 Bauaufsicht 6.300 €.

Am 15. 4. 2010 erließ der Beklagte nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Grunderwerbsteuerbescheide über je 9.817 € gegen die Kläger und bezog die Brutto-Innenausbaukosten von 138.000 € in die Bemessungsgrundlage ein. Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein, den der Beklagte am 22. 8. 2012 zurückwies. Er führte aus, bei den Verkäufen durch die Fa. A GmbH werde im Wesentlichen wie folgt vorgegangen: im Internet würden schlüsselfertige EFH der gehobenen Ausstattung mit detailierter Beschreibung der Innenausstattung zu Komplettpreisen angeboten. Die GmbH vertreibe die Grundstücke in völlig fertig geplantem und zum Teil fast fertig gestellten Zustand. Die Vertragsentwürfe seien auch im Hinblick auf den Innenausbau bis ins Letzte detailliert; die Anlagen zum Vertrag enthielten in Teil A eine Auflistung der Arbeiten bis zur Rohbaufertigstellung, in Teil B eine Auflistung der Ausbauarbeiten. Es folge eine zusammengefasste Aufstellung der GmbH unter Hinweis auf die Kostenaufstellung der Fa. C für das schlüsselfertige Objekt inkl. Ausbaukosten. Dann folge der Abschluss des Kaufvertrages über Grundstück und Rohbau , anschließend der Baubetreuervertrag mit dem Büro C. Die diversen Werkverträg...

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