Entscheidungsstichwort (Thema)

Erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG bei Veräußerung des einzigen Grundstücks eines vermögensverwaltenden Grundstücksunternehmens

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach dem strengen Stichtagsprinzip des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG kann eine erweiterte Kürzung nur für Grundstücke gelten, die zu Beginn des Erhebungszeitraums dem Grundstücksunternehmen zuzurechnen sind.

2. Die durch § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG bezweckte Gleichstellung von Kapital- und Personengesellschaften wird von der BFH-Rechtsprechung verfehlt, wenn diese auch bei der Veräußerung des einzigen Grundstücks einer vermögensverwaltenden GmbH verlangt, dass von der GmbH während des gesamten Gewinnermittlungszeitraums einer ausschließlich grundstücksverwaltenden Tätigkeit nachgegangen wird.

 

Normenkette

GewStG § 9 Nr. 1 Sätze 1-2; GewStDV § 20 Abs. 1 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.10.2010; Aktenzeichen I R 1/10)

BFH (Urteil vom 19.10.2010; Aktenzeichen I R 1/10)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die erweiterte Kürzung des gewerbesteuerlichen Gewinns bzgl. der Veräußerung des einzigen Grundstücks eines vermögensverwaltenden Grundstücksunternehmens.

Die Klägerin wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 31. Oktober 1984 gegründet. Gegenstand des Unternehmens war die Verpachtung des Betriebsgebäudes an andere Unternehmen; die Klägerin stellte unstrittig eine so genannte Grundstücksverwaltungsgesellschaft im Sinne des Gewerbesteuerrechts dar und wurde seit Aufnahme der Tätigkeit entsprechend gewerbesteuerlich behandelt.

Die Klägerin bilanziert im Streitfall nach einem abweichenden Wirtschaftsjahr vom 01. Juli 2004 bis 30. Juni 2005. Mit Vertrag vom 24. November 2004 veräußerte sie zum 15. Dezember 2004 das gesamte Grundstück und erzielte hieraus einen Veräußerungsgewinn. Danach ging die Klägerin keiner grundstücksverwaltenden Tätigkeit mehr nach.

Mit Beschlussfassung vom 13. Juni 2005 wurde die Gesellschaft mit Ablauf des 30. Juni 2005 aufgelöst. Die Liquidation ist nicht im Handelsregister eingetragen. Eine Auskehrung des Gesellschaftsvermögens fand nicht statt. Am 28. Dezember 2006 erfolgte eine Ausschüttung an die Gesellschafter in Höhe von 150.000 EUR.

In den letzten Jahren vor dem Verkauf des Grundstücks erzielte die Klägerin gewerbesteuerrechtliche Verluste und beantragte im Rahmen der Gewinnermittlung für die Gewerbesteuer Kürzungen im Sinne des § 9 Nr. 1 Satz 1 Gewerbesteuergesetz (GewStG).

In ihrer Gewerbesteuer-Erklärung für 2005 machte die Klägerin eine erweiterte Kürzung des gewerblichen Gewinns gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG in Höhe von 488.867 EUR für den Teil des Gewerbeertrags geltend, welcher auf das veräußerte Grundstück entfiel.

Diese Kürzung nahm das Finanzamt unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 20. Januar 1982 I R 201/78, Bundessteuerblatt (BStBl) 1982, 477 im Bescheid für 2005 über den Gewerbesteuermessbetrag vom 13. September 2006 nicht vor. Durch Verkauf des einzigen Grundstücks zur Mitte des Wirtschaftsjahres habe die Haupttätigkeit der Gesellschaft (Verpachtung dieses Grundstücks) nicht durchgängig vorgelegen; vielmehr sei diese Tätigkeit durch den Verkauf des Grundstücks beendet worden.

Der gegen diesen Bescheid am 26. September 2006 eingelegte Einspruch wurde mit dem BFH-Urteil vom 29. April 1987 I R 10/86, BStBl II 1987, 603 begründet. Hiernach läge auch bei der Veräußerung eines Grundstücks eine grundstücksverwaltende Tätigkeit vor; insoweit sei das vom Finanzamt zitierte Urteil vom 20. Januar 1982 überholt. Eine Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG sei vorzunehmen. Es sei Sinn und Zweck der Vorschrift, grundstücksverwaltende Kapitalgesellschaften denen der Personengesellschaften gleichzustellen. Letztere seien mit ihren Gewinnen aus der Grundstücksveräußerung nicht mit Gewerbesteuer belastet.

Der Einspruch wurde in der Einspruchsentscheidung vom 19. April 2007 als unbegründet zurückgewiesen. Das Tatbestandsmerkmal der Ausschließlichkeit müsse während des ganzen Erhebungszeitraums gegeben sein. Denn nach § 14 S. 2 GewStG sei Erhebungszeitraum für die Gewerbesteuer das Kalenderjahr. Ende die Grundstücksverwaltung vorzeitig (vorliegend mit Veräußerung des Grundstücks am 24. November 2004), so sei dies bei nach § 2 Abs. 2 GewStG gewerbesteuerpflichtigen Kapitalgesellschaften nur unschädlich, wenn das Unternehmen zugleich jede weitere Tätigkeit einstelle. Denn die Gewerbesteuerpflicht von Kapitalgesellschaften ende im Hinblick auf § 2 Abs. 2 S. 1 GewStG nicht mit Aufgabe der werbenden Tätigkeit. Maßgebend sei insofern, ob das Vermögen an die Gesellschafter verteilt worden sei, die Gesellschaft also liquidiert wurde (BFH-Urteil vom 29. November 2000 I R 28/00, Sammlung nicht amtlich veröffentlichter Entscheidungen des BFH (BFH/NV) 2001, 816).

Im Anschluss an die Veräußerung des Grundstücks bis zum Ende des Wirtschaftsjahres sei die Klägerin nicht mehr vermögensverwaltend tätig gewesen. Gegen ...

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