Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Grundstück, das nach seiner Lage innerhalb einer Wohnsiedlung und nach den sonstigen Verhältnissen (Lage an ausgebauten, mit Versorgungsleitungen versehenen Straßen usw.) als Bauland in Betracht kommt, kann nicht deswegen dem landwirtschaftlichen Vermögen zugerechnet werden, weil der Eigentümer das Grundstück zu landwirtschaftlicher Nutzung verpachtet hat und nicht bereit ist, das Grundstück in absehbarer Zeit als Baugrund an Bauwillige abzugeben.

 

Normenkette

BewG § 51 Abs. 2, § 69/1, §§ 53, 72, 9/1, § 17/3

 

Tatbestand

Streitig ist, ob ein dem Bf. gehöriges unbebautes Grundstück dem landwirtschaftlichen Vermögen zuzurechnen ist.

Das streitige Grundstück (6.880 qm groß) wurde zum 1. Januar 1935 dem Grundvermögen zugerechnet und mit 0,50 RM je qm bewertet. Auch bei einer Wertfortschreibung zum 1. Januar 1955 - aus Anlaß einer Flächenvergrößerung des Grundstückes auf 8.820 qm - wurde die Zurechnung zum Grundvermögen und die Bewertung mit 0,50 DM je qm beibehalten. Im Jahre 1958 beantragte der Bf. Artfortschreibung mit der Begründung, das Grundstück werde seit Jahrzehnten ausschließlich landwirtschaftlich genutzt; die Bewertung als unbebautes Grundstück sei unrichtig. Das Finanzamt lehnte den Antrag auf Artfortschreibung ab, nahm jedoch gleichzeitig eine Wertfortschreibung zum 1. Januar 1958 vor, indem es den Einheitswert von bisher 4.400 DM auf 8.800 DM (1 DM pro qm) erhöhte. Die Sprungberufung hatte keinen Erfolg.

In der Rb. wird Verletzung von Rechtsnormen und ein Verstoß wider den klaren Inhalt der Akten gerügt. Das Grundstück befinde sich seit 1914 in Familienbesitz und werde seitdem landwirtschaftlich genutzt. Vom 1. Januar 1955 bis 31. Dezember 1967 sei es an einen Landwirt verpachtet. Es bilde zusammen mit Nachbargrundstücken eine geschlossene, landwirtschaftlich genutzte Fläche. Diese Fläche könne in absehbarer Zeit nicht bebaut werden; denn die Eigentümer gäben - so habe die Stadtgemeinde dem Finanzgericht mitgeteilt - keinen Baugrund mehr an Bauwillige ab. Die Wahrscheinlichkeit der Bebaubarkeit scheitere daher allein schon daran, daß die Eigentümer nicht die Absicht hätten, das Grundstück als Baugelände zu verkaufen. Die Stadt habe hieraus auch schon die Folgerungen gezogen und ein anderes, etwa 2.500 m vom streitigen Grundstück entfernt gelegenes Baugelände erschlossen. Die Baulustigen würden sich diesem neuerschlossenen Baugelände zuwenden. Nach Mitteilung des Landratsamts (Preisbehörde) sei das Grundstück am 1. Januar 1958 als Rohbauland zu behandeln. Das sei vom Finanzgericht nicht beachtet worden.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist unbegründet.

Das Finanzgericht hat in eingehender Begründung dargelegt, weshalb das streitige Grundstück am Stichtage zum Grundvermögen und nicht zum landwirtschaftlichen Vermögen zu rechnen ist. Das Grundstück liegt ausweislich des Lageplanes und der erhaltenen Auskünfte im östlichen Teil der Stadt innerhalb einer Siedlung und ist ringsum unmittelbar von bereits bestehenden Wohnhäusern umgeben. In diesem Gebiet ist seit 1935 eine neue Siedlung entstanden, die sich seit 1945 noch stark vergrößert hat. An das Grundstück grenzen im Norden und im Westen bereits fest ausgebaute, mit den notwendigen Versorgungsleitungen versehene Straßen, im Osten eine Stichstraße und im Süden gleichfalls bereits bebaute Grundstücke. Ganz in der Nähe ist erst im Herbst 1959 wieder ein Neubau bezogen worden. Weitere Neubauten in unmittelbarer Nähe des streitigen Grundstückes konnten und können nach der Mitteilung der Stadt nur deshalb nicht mehr erstellt werden, weil die Grundstückseigentümer keinen Baugrund an Bauwillige abgeben. Nach dem städtischen Bebauungsplan, der von der Regierung, wenn auch noch nicht förmlich genehmigt, so doch grundsätzlich anerkannt ist, stellt das streitige Grundstück offensichtlich eine Baulücke dar. Das Gelände, in dem sich das streitige Grundstück befindet, ist sonach von der Stadt für die Bebauung zu Wohnzwecken vorgesehen; ferner liegen bei ihm die baurechtlichen Voraussetzungen für eine sofortige Bebauung vor, und auch der Erschließungsgrad des Geländes gestattet die sofortige Bebauung. Bei dieser Sachlage könne nach der Auffassung des Finanzgerichtes im Hinblick darauf, daß die streitige Baulücke lediglich deshalb noch nicht der Bebauung zugeführt worden sei, weil die betreffenden Grundstückseigentümer zur Abgabe von Bauland an Bauwillige nicht bereit seien, an der Wahrscheinlichkeit der Bebauung in absehbarer Zeit nicht mehr gezweifelt werden.

Diese Ausführungen des Finanzgerichtes lassen keinen Rechtsirrtum erkennen. Das streitige Grundstück war, wie das Finanzgericht weiter festgestellt hat, am 1. Januar 1958 baureifes Gelände und nicht mehr Rohbauland. Die objektiven Umstände begründen allein schon die Feststellung, daß es sich hier um Grundvermögen und nicht um landwirtschaftliches Vermögen handelt (ß 51 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes). Die Verpachtung zu landwirtschaftlicher Nutzung steht der Zurechnung zum Grundvermögen nicht im Wege. Abzulehnen ist auch die Auffassung des Bf., die Bewertung als Grundvermögen scheide schon deshalb aus, weil die hier in Betracht kommenden Grundstückseigentümer keinen Baugrund an Bauwillige abgeben würden. Auch den Ausführungen des Finanzgerichtes zur Höhe der Bewertung tritt der Senat bei.

 

Fundstellen

Haufe-Index 424095

BStBl III 1961, 420

BFHE 1962, 419

BFHE 73, 419

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