Leitsatz (amtlich)

War das Eigentum an einem Grundstücke im Sinne der Rückerstattungsgesetzgebung entzogen worden, und ist die Rückerstattung gerichtlich angeordnet worden, so sind Leistungen auf die Hypothekengewinnabgabe innerhalb der Belastungsgrenze des § 3 der 15. AbgabenDV-LA erst für die Zeit nach Eintritt der Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung bei dem Rückerstattungsberechtigten zu erheben.

 

Normenkette

15-AbgabenDV-LA 4

 

Tatbestand

In der Rb. ist streitig, von welchem Zeitpunkte ab Leistungen auf die Hypothekengewinnabgabe zu erbringen sind.

Die Bgin. ist Eigentümerin eines Grundstückes, das Gegenstand eines Rückerstattungsverfahrens gewesen ist. Am 23. Mai 1952 erließ die Wiedergutmachungskammer einen Beschluß, demzufolge das Grundstück an die Bgin. zurückzuerstatten war. Dieser Beschluß ist nach Durchführung eines Rechtsmittelverfahrens vom Obersten Rückerstattungsgericht am 13. November 1956 bestätigt worden. Die Entscheidung des Obersten Rückerstattungsgerichts wurde der Bgin. am 30. November 1956 zugestellt. Im Januar 1957 wurde das Grundstück von dem Treuhänder, der es bis dahin verwaltet hatte, zugunsten der Bgin. freigegeben. Kurz darauf wurde die Bgin. im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen und der Rückerstattungsvermerk gelöscht.

Das Finanzamt hat die Bgin. wegen der auf dem Grundstücke am 21. Juni 1948 eingetragenen und von der Bgin. übernommenen Verbindlichkeiten ("Belastungsgrenze" des § 3 der Fünfzehnten Durchführungsverordnung über Ausgleichsabgaben nach dem Lastenausgleichsgesetz - 15. AbgabenDV-LA -) für die ab 30. September 1952 fälligen Leistungen zur Hypothekengewinnabgabe herangezogen. Es ging davon aus, die Entziehungsperiode habe mit der Verkündung des Beschlusses der Wiedergutmachungskammer vom Mai 1952 geendet, weshalb die Bgin. mit der ersten, nach diesem Zeitpunkte fällig gewordenen Rate für die Hypothekengewinnabgabe-Leistungen aufkommen müsse.

Die Bgin. ist hingegen der Meinung, die Entziehung des Grundstückes sei erst mit dessen Freigabe durch den Treuhänder im Januar 1957, allenfalls und frühestens mit dem Erlaß der Entscheidung des Obersten Rückerstattungsgerichts im November 1956 beendet gewesen. Sie, die Bgin. habe erst nach der Freigabe durch den Treuhänder im Januar 1957 ihre frühere Rechtsstellung, insbesondere den Besitz an dem Grundstücke zurückerlangt. Es sei daher nicht zulässig und verstoße überdies gegen Art. 79 der Rückerstattungsanordnung (REAO), wenn sie für die sämtlichen, seit dem 30. September 1952 fälligen Hypothekengewinnabgabe-Leistungen haftbar gemacht werde. Die Bgin. weist darauf hin, daß ihr für die Zeit bis zur Freigabe keine Grundstückserträge zugeflossen seien und bei der Rückgabe kein Guthaben bestanden habe, aus dem die geforderten Hypothekengewinnabgabe-Leistungen gedeckt werden könnten; diese seien daher erst ab 1. Januar 1957 zu erheben.

Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Auf die Berufung hat das Verwaltungsgericht erkannt, daß die Leistungen auf die Hypothekengewinnabgabe erst ab 30. November 1956 zu erheben seien.

Es hat ausgeführt: Es sei der Bgin. insoweit beizutreten, als sie die Entziehung des Grundstückes erst mit der Rechtskraft der Entscheidung im Rückerstattungsverfahren als beendet betrachte. Bis dahin sei das Eigentum an dem Grundstück streitbefangen und die durch den Beschluß der Wiedergutmachungskammer vom Mai 1952 eingetretene Rechtsänderung auflösend bedingt gewesen. Da die Bgin. ihr Eigentum daher erst durch die Entscheidung des Obersten Rückerstattungsgerichts vom November 1956 endgültig wieder zugesprochen erhalten habe, habe sie auch erst ab 30. November 1956 für die Hypothekengewinnabgabe-Leistungen aufzukommen. Dagegen könne der Bgin. nicht darin gefolgt werden, daß die Hypothekengewinnabgabe-Leistungen erstmals für die Zeit nach der Freigabe des Grundstücks durch den Treuhänder (8. Januar 1957) erhoben werden könnten.

In der Rb. des Vorstehers des Finanzamts wird als maßgebender Zeitpunkt für die Beendigung der Entziehung der 23. Mai 1952, also der Tag, an dem der Beschluß der Wiedergutmachungskammer des Landgerichts ergangen ist, bezeichnet. Daß der Beschluß erst im Jahre 1956 durch die Entscheidung des Obersten Rückerstattungsgerichts Rechtskraft erlangt habe, sei unwesentlich.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist unbegründet.

Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung ist § 4 der 15. AbgabenDV-LA. Danach werden Leistungen auf die nach § 3 a. a. O. der Hypothekengewinnabgabe unterliegenden Schuldnergewinne für die Zeit, in der das Rückerstattungsgrundstück "entzogen" war, nicht erhoben, wenn dieses u. a. auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung in das Eigentum des Rückerstattungsberechtigten gelangt. Im Streitfalle war die Rückerstattung Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens, in dem sämtliche gerichtliche Instanzen tätig geworden sind. Nach Art. 9 des Gesetzes Nr. 25 der Alliierten Kommandantur Berlin vom 25. April 1953 (GVBl für Berlin 1953 I S. 282) sind die Entscheidungen des Obersten Rückerstattungsgerichtes keiner weiteren Nachprüfung unterworfen. Das bedeutet, daß das Rückerstattungsverfahren mit dem Ergehen der Entscheidung des Obersten Rückerstattungsgerichts, also der Zustellung am 30. November 1956, rechtskräftig abgeschlossen war.

Ist aber über die Rückerstattung des Grundstückes erst im November 1956 endgültig entschieden worden, so hat damit die Bgin. auch erst in diesem Zeitpunkte - wenn auch bürgerlich-rechtlich mit Wirkung ex tunc (vgl. Art. 13 Berliner REAO, GVBl für Groß-Berlin 1949 Teil I S. 221) - die Stellung als Eigentümerin erlangt. Folglich kann auch der Zeitraum, in dem das Grundstück "entzogen" war - die Entziehungsperiode - erst mit dem rechtskräftigen Abschluß des Rückerstattungsverfahrens beendet gewesen sein. Dies gilt um so mehr, als nach § 4 der 15. AbgabenDV-LA das Eigentum auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung an den Rückerstattungsberechtigten (zurück-)gelangt sein muß. Im Streitfalle ging das Rückerstattungsverfahren in erster Linie um das Eigentum; die Beurteilung dieser Frage durch die Gerichtsinstanzen war nicht einheitlich. Eine Rückerstattungsanordnung kann im Rechtsmittel angefochten werden, vgl. Art. 62 Berliner REAO. Solange sie nicht rechtskräftig ist, können daher nicht die im Gesetz an sie geknüpften Wirkungen endgültig eintreten. Also endet die Entziehungsperiode erst mit dem Eintritt der Rechtskraft der Anordnung. Erst mit der rechtskräftigen Entscheidung über den Rückerstattungsanspruch war daher auch die Entziehung als solche beendet. Die Freigabe des Grundstückes durch den Treuhänder (8. Januar 1957) war lediglich die Durchführung des Spruches des Obersten Rückerstattungsgerichts (vgl. Art. 9 des Gesetzes Nr. 25); ihr kommt für die hier anstehende Rechtsfrage keine unmittelbare Bedeutung zu.

Der Hinweis der Rb. auf die Rechtsansicht des Bundesministers der Finanzen in Textziffern 13 und 14 des Runderlasses IV C/5 - LA 2637 - 6/58 vom 26. Juli 1958, BStBl 1958 I S. 483, schlägt nicht durch. Abgesehen davon, daß der Senat an den genannten Erlaß nicht gebunden ist, erscheint es auch zweifelhaft, ob hier überhaupt ein Fall der in dem Runderlaß geregelten Art gegeben ist. Dagegen spricht der in Textziffer 13 des Erlasses als Beispiel angeführte Sachverhalt, in dem das Rückerstattungsverfahren wegen des Streits um Nebenleistungen im ganzen anhängig bleibt, obwohl die im ersten Rechtszuge gefällte Entscheidung über das Eigentum sachlich außer Streite steht. Im Streitfall war - gerade umgekehrt - die Frage des Eigentums, wie oben eingehend ausgeführt, während des gesamten Rückerstattungsverfahrens streitbefangen und Gegenstand sämtlicher Entscheidungen, die im Laufe dieses Verfahrens ergangen sind.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410265

BStBl III 1962, 12

BFHE 1962, 31

BFHE 74, 31

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