Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Sind die Komplementäre einer Kommanditgesellschaft zwar nicht durch familiäre, aber durch wirtschaftliche Interessen eng verbunden, so ist eine Vereinbarung über die Gewinnverteilung zwischen ihnen steuerlich nicht zu beachten, soweit sie durch die Interessen der Komplementäre und nicht durch betriebliche Gründe der KG bestimmt ist.

 

Normenkette

EStG § 15/2

 

Tatbestand

Die Bfin., eine KG, wurde am 23. Juni 1952 von dem Kaufmann A und der B.-GmbH (GmbH) als persönlich haftenden Gesellschaftern sowie von drei Kommanditisten gegründet. Bei der GmbH waren die Gesellschaftsanteile von nominell 50.000 DM nur zur Hälfte eingezahlt. Im Jahre 1951 hatte A. davon 30.000 DM erworben, und zwar ohne Bezahlung eines Kaufpreises, weil dem eingezahlten Stammkapital von 25.000 DM ein Verlust in gleicher Höhe gegenüberstand. Zum 31. Januar 1952 schloß die GmbH wieder mit einem hohen Verlust ab, so daß sie nach einem Aktenvermerk ihres Wirtschaftsprüfers überschuldet und konkursreif war. A. erwarb trotzdem am 9. März 1953 auch noch die rechtlichen 20.000 DM Gesellschaftsanteile von seinem Mitgesellschafter. Er überließ zunächst Anteile von nominell 30.000 DM seiner Ehefrau, übernahm diese Anteile aber wieder am 9. Dezember 1954 und war von da ab Alleingesellschafter.

Nach dem Gesellschaftsvertrag der KG erhielt A. für seine Tätigkeit als Geschäftsführer der KG eine Vorabvergütung von monatlich 1.200 DM. Von dem verbleibenden Reingewinn sollten die Komplementäre, also die GmbH und A., zusammen 30 v. H. und die Kommanditisten 70 v. H. erhalten. Bei Gewinnen über 90.000 DM war eine andere Aufteilung des Gewinns zwischen den Komplementären und den Kommanditisten vorgesehen. Der auf die Kommanditisten entfallende Gewinnanteil sollte auf sie nach dem Verhältnis ihrer Kapitalanteile verteilt werden. über die Gewinnverteilung zwischen den beiden Komplementären enthielt der Gesellschaftsvertrag keine Bestimmung. Die Bfin. hat 1952 bis 1956 den den Komplementären zustehenden Gewinnanteil von 30 v. H. ausschließlich der GmbH zugewiesen und A. erhielt lediglich die ihm zustehende Vorabvergütung von monatlich 1.200 DM.

Als das Finanzamt hiervon Kenntnis erhielt, berichtigte es die einheitliche Gewinnfeststellung für 1952 bis 1955 in der Weise, daß es den auf die Komplementäre entfallenden Gewinnanteil von insgesamt 30 v. H. des Gesamtgewinns der Bfin. auf A. und die GmbH je zur Hälfte aufteilte. Ebenso verfuhr es bei der erstmaligen einheitlichen Gewinnfeststellung für 1956.

Der Einspruch und die Berufung der Bfin. hiergegen hatten insoweit keinen Erfolg. Das Finanzgericht führte aus: Auf Grund einer Erklärung des Rechtsanwalts C. vom 7. Februar 1961, der sowohl die Gläubiger der GmbH als auch die zum gleichen Personenkreis gehörenden Kommanditisten vertrete, sei anzunehmen, daß bei der Gründung der Bfin. im Jahre 1952 vereinbart worden sei, den auf die Komplementäre entfallenden Gewinnanteil bis zur Sanierung der GmbH in voller Höhe der GmbH zuzuweisen. Steuerlich konnte die Zuweisung des ganzen auf die Komplementäre entfallenden Gewinns an die GmbH aber nur in Betracht, wenn A. nur zum Schein vorgeschoben gewesen wäre. Das sei aber nicht der Fall; denn er sei echter Gesellschafter der Bfin., der mit seinem ganzen Vermögen für die Verbindlichkeiten der Bfin. hafte. Wenn A. über eine Gewinnbeteiligung aber nur für einige Geschäftsjahre, nämlich bis zur Sanierung der GmbH, auf Gewinne zugunsten der GmbH verzichtet habe, so sei dieser Verzicht eine vorweggenommene Verwendung künftiger Einkünfte. Die GmbH habe insoweit dann keine gewerblichen Einkünfte von der Bfin. bezogen, sondern Zuwendungen auf Grund einer schuldrechtlichen Verpflichtung des A. Dabei handle es sich um eine Maßnahme, die ausschließlich dem Ziel diene, die vermögenslose GmbH zu sanieren. Die von A. getroffene Gewinnverwendungsabrede stehe nicht unmittelbar mit dem Betrieb der Bfin. in Verbindung, sondern beruhe auf persönlichen Gründen des Gesellschafters A. Die GmbH vollbringe im Rahmen der Bfin. keine zum geschäftlichen Erfolg der Bfin. beitragende Leistung, die den Bezug des vollen auf die Komplementäre treffenden Gewinnanteils rechtfertige. A. habe freiwillig auf eine Gewinnbeteiligung als Komplementär verzichtet und sei dazu durch die engen wirtschaftlichen und vermögensmäßigen Beziehungen zu der ihm gehörenden vermögenslosen Einmann-GmbH veranlaßt worden. Zwischen Fremden wäre eine solche überlassung des Gewinns nicht vereinbart worden. A. habe dadurch einem bis dahin wertlosen Vermögensgegenstand, nämlich einem ihm als Alleingesellschafter gehörenden GmbH-Mantel, aus privaten Erwägungen Vermögen zugeführt. Er habe dadurch sein Vermögen als Privatmann gemindert und sein Vermögen als Alleingesellschafter einer GmbH durch Tilgung von Schulden vermehrt. Unter diesen Umständen sei für A. bei der Besteuerung ein Gewinnanteil in angemessener Höhe anzusetzen. Die Verteilung des Finanzamts, das den Gewinnanteil der Komplementäre jedem zur Hälfte zugerechnet habe, sei eine den Verhältnissen angemessene Schätzung.

Die Bfin. weist in ihrer Rb. darauf hin, daß A. in Form der Arbeitsvergütung einen Gewinn erhalten habe, der in den ersten Jahren etwa ebenso hoch gewesen sei wie die der GmbH zugeflossenen 30 v. H. des Gesamtgewinns. Da ihm diese Vergütung für seine Geschäftsführertätigkeit garantiert gewesen sei, sei es möglich gewesen, daß er einen höheren Gewinn hätte bekommen können als die GmbH, die u. U. sogar einen Verlust hätte tragen müssen. Die Kommanditisten der Bfin., die zum Teil gleichzeitig Gläubiger der GmbH gewesen seien, hätten sich, um eine Konkurseröffnung dieser Gesellschaft zu vermeiden, zu einem bedingten Nachlaß ihrer Forderungen bereit erklärt. Ohne die vereinbarte Gewinnverteilung wären sie bei der Bfin. nicht als Kommanditisten eingetreten und A. hätte überhaupt keinen Gewinn erhalten. Unter diesen Umständen sei es verständlich, daß A. sich bereit erklärt habe, die ganzen den Komplementären zustehenden 30 v. H. des Gewinns der Bfin. der GmbH zu überlassen. Da demnach beachtliche wirtschaftliche Gründe für die Gewinnverteilung der Komplementäre vorgelegen hätten, treffe die Auffassung des Finanzgerichts nicht zu, daß A. zunächst 15 v. H. des Gewinns der Bfin. erhalten habe und er diesen Gewinnanteil dann seinerzeit an die GmbH weitergegeben habe.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist nicht begründet.

Die Gesellschafter einer Personengesellschaft können die Gewinnverteilung grundsätzlich so regeln, wie es ihren Vorstellungen und Wünschen entspricht. Sie unterliegen dabei auch nach dem Handelsrecht keinen zwingenden Vorschriften. Wird der Gewinn entsprechend der getroffenen Vereinbarung verteilt, müssen die Finanzämter und die Steuergerichte grundsätzlich von dieser Verteilung auch bei der Besteuerung ausgehen. Sie sind aber an eine Gewinnverteilungsvereinbarung nicht gebunden, wenn diese nicht eindeutig ist, Manipulationen steuerlicher Art ermöglicht oder wenn sie, besonders bei Familiengesellschaften, in offenbarem Mißverhältnis steht zu der Beteiligung und der Mitarbeit der einzelnen Gesellschafter. Bei Familiengesellschaften führen oft familiäre Erwägungen, vor allem solche erbrechtlicher Art, zu Gewinnverteilungsregelungen, die nicht in betrieblichen überlegungen begründet sind und die zwischen Fremden nicht zustande kämen. Im Streitfall wurde die Gewinnverteilung zwar nicht durch familiäre Beziehungen, sondern dadurch beeinflußt, daß die beiden Komplementäre wirtschaftlich identisch sind. Da A. und die in seinem Alleineigentum stehende GmbH wirtschaftlich eine Einheit bilden, ist die Gewinnverteilung zwischen den beiden Komplementären nach ähnlichen Gesichtspunkten zu würdigen wie bei Familiengesellschaften. Im vorliegenden Fall besteht hierzu insbesondere deshalb Veranlassung, weil der Gesellschaftsvertrag hinsichtlich der Gewinnverteilung der Komplementäre unvollständig ist. Er enthält nämlich keine Bestimmung darüber, wie der den persönlich haftenden Gesellschaftern zustehende Gewinnanteil von insgesamt 30 v. H. auf die beiden Komplementäre zu verteilen ist. Nach Auffassung des Finanzgerichts ist zwar bei der Gründung der Bfin. zwischen den Gläubigern der GmbH und A. eine Vereinbarung zustande gekommen, nach der der gesamte den Komplementären zustehende Gewinn bis zur Sanierung der GmbH ausschließlich der GmbH zufließen solle. Ob diese Vereinbarung handelsrechtlich verbindlich ist, mag dahingestellt bleiben. Steuerlich kann sie jedenfalls nicht beachtet werden.

Daß die Zuweisung des gesamten auf die Komplementäre entfallenden Gewinns bis zur Sanierung der GmbH, also für eine unbestimmte Zeit gelten soll, gibt bereits zu Bedenken Anlaß. Noch bedeutungsvoller ist jedoch, daß die Zuteilung des ganzen auf die Komplementäre entfallenden Gewinns nicht auf betrieblichen Erwägungen der Bfin. beruht. Die Kommanditisten, die im wesentlichen auch die Gläubiger der bei der Gründung der Bfin. überschuldeten GmbH waren, hatten ein Interesse daran, die GmbH zu sanieren. Da diese infolge der in den früheren Jahren erlittenen hohen Verluste bei der Besteuerung in großem Umfang von der Möglichkeit des Verlustabzugs Gebrauch machen konnte, führten die Gewinnzuweisungen an sie überdies zu keiner oder nur zu einer verhältnismäßig niedrigen Besteuerung. Es braucht nicht entschieden zu werden, ob die Möglichkeit, erhebliche Teile des Gewinns steuerfrei oder mit nur geringer Steuerbelastung A. zuzuwenden, ein steuerlich unzulässiges Manipulieren war und bereits deshalb die von A. in den Streitjahren vorgenommene Gewinnzuweisung an die GmbH steuerlich nicht zu beachten ist. Entscheidend ist jedoch, daß die von A. mit den Gläubigern der GmbH vereinbarte Zuweisung des den Komplementären gemeinsam zustehenden Gewinnanteils an die GmbH auf außerhalb der Bfin. liegende Gründe zurückzuführen war. Die Geschäftsbeziehungen der überschuldeten GmbH waren, wenn sie auch vielleicht zunächst für die Bfin. eine gewisse Bedeutung hatten, nicht derart wesentlich, daß sie es gerechtfertigt hätten, den ganzen auf die Komplementäre entfallenden Gewinn ausschließlich der GmbH zuzuwenden und der offensichtlich mit gutem Erfolg tätigen geschäftsführenden Gesellschafter A. an diesem Gewinnteil überhaupt nicht zu beteiligen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs IV 121/63 U vom 5. Dezember 1963, BStBl 1964 III S. 132, Slg. Bd. 78 S. 337). Die von A. bei der Gründung der Bfin. mit den Gläubigern der GmbH getroffene Gewinnverteilungsabrede ist demnach für die Bfin. eine außerbetriebliche Vereinbarung und kann bei der einheitlichen Gewinnfeststellung der Bfin. nicht beachtet werden. Die im Gesellschaftsvertrag vorhandene Lücke über die Gewinnverteilung zwischen den Komplementären der Bfin. ist bei der Besteuerung dadurch zu schließen, daß eine angenommene Aufteilung vorgenommen wird. Die Verteilung hat unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände zu erfolgen. Dabei können auch die handelsrechtlichen Gewinnverteilungsvorschriften in § 121 und § 168 HGB ein Anhalt sein. Das Finanzgericht hat ebenso wie das Finanzamt eine Aufteilung des auf die Komplementäre der Bfin. entfallenden Gewinnanteils je zur Hälfte auf A. und die GmbH für angemessen gehalten. Dabei handelt es sich um eine auf dem Gebiet der Tatsachenwürdigung liegende Schätzung, an die der Bundesfinanzhof grundsätzlich nach § 288 Ziff. 1 AO gebunden ist, sofern die Schätzung nicht gegen den klaren Inhalt der Akten, gegen das geltende Recht oder die Denkgesetze verstößt. Wenn es auch vielleicht angebracht gewesen wäre, diesen Gewinnteil in voller Höhe A. zuzuwenden, so ist doch in der vom Finanzgericht vorgenommenen Aufteilung kein Verstoß zu erblicken, der zu einer änderung der Schätzung des Finanzgerichts führen muß. Der Senat ist deshalb an die der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Aufteilung des Gewinns gebunden.

Der Hilfsantrag der Bfin., bei Annahme eines Gewinnzuflusses bei A. in gleicher Höhe Werbungskosten bei ihm anzuerkennen, ist gleichfalls nicht begründet. Auch bei Anerkennung der Rechtsverbindlichkeit der von A. mit den Gläubigern der GmbH getroffenen Vereinbarung kann die von A. vorgenommene Gewinnverwendung nicht als Aufwendung des A. für die Erlangung der festen Vergütung von 1.200 DM für seine Geschäftsführertätigkeit angesehen werden, wie dies von der Bfin. vorgetragen wird. A. erlangt nämlich durch die Sanierung der GmbH auch eine Vermögensmehrung durch die Wertsteigerung seiner GmbH- Anteile. Dieser Wertsteigerung kommt überragende Bedeutung zu; denn die Sanierung und die Vermögensmehrung des A. hängen unmittelbar zusammen. Zwischen der festen Vergütung des A. als Geschäftsführer und der übernahme der Verpflichtung zur Sanierung der GmbH bestände dagegen allenfalls ein nur mittelbarer Zusammenhang. Hinsichtlich der festen Vergütung von monatlich 1.200 DM muß angenommen werden, daß diese Zuwendung an den Bf. im wesentlichen ein Gehalt für seine Geschäftsführung bei der KG war. Jedenfalls überwiegt das Ziel der Sanierung und die damit verbundene Vermögenssteigerung des A. so sehr, daß die Behandlung des der GmbH zugewendeten Gewinnanteils des A. bei der KG für diesen nicht den Charakter von Werbungskosten haben kann.

Die Entscheidung des Finanzgerichts war daher im Ergebnis voll zu billigen, so daß die Rb. der Bfin. unbegründet ist.

 

Fundstellen

BStBl III 1964, 619

BFHE 1965, 402

BFHE 80, 402

StRK, EStG:15 R 515

NJW 1965, 269

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