Leitsatz (amtlich)

Die Beschränkung des Jahreswerts von wiederkehrenden Nutzungen in § 17a Abs. 1 BewG auf den 18. Teil des steuerlichen Werts des genutzten Wirtschaftsguts gilt auch für obligatorische Nutzungsrechte, wenn der Anspruch auf die Nutzung des Wirtschaftsguts beschränkt ist, so daß darüber hinausgehende Ansprüche gegen den Nutzungsverpflichteten selbst ausgeschlossen sind.

 

Normenkette

BewG i.d.F. vor BewG 1965 § 17a Abs. 1

 

Tatbestand

Das FA (Beklagter und Revisionskläger) veranlagte die steuerpflichtigen Eheleute (Kläger) zur Vermögensteuer auf den 1. Januar 1963. Es erfaßte dabei u. a. den Anspruch der Ehefrau (Klägerin) auf 25 % des Reinertrags von zwei in B gelegenen Grundstücken mit einem Kapitalwert von 285 392 DM. Diesem Anspruch liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Grundstücke hatten früher einer GmbH gehört. Der alleinige Gesellschafter R hatte durch Vertrag vom 25./27. Juli 1938 sämtliche GmbH-Anteile an den Vater der Klägerin übertragen, der die Grundstücke an sich aufließ und der dann als Eigentümer im Grundbuch eingetragen wurde. Für die Klägerin und ihre Schwester wurde eine Vormerkung zur Sicherung ihrer Ansprüche auf Eigentumsübertragung im Grundbuch eingetragen. R machte nach Beendigung des zweiten Weltkriegs bzgl. der beiden Grundstücke Rückerstattungsansprüche geltend. Das Rückerstattungsverfahren wurde am 12. Oktober 1951 durch einen Vergleich beendet. In ihm erkannte der für den Vater der Klägerin bestellte Abwesenheitspfleger den Rückerstattungsanspruch des R an und erklärte sich mit einer entsprechenden Berichtigung des Grundbuches einverstanden. In Ziff. 3 des Vergleichs übertrug R „zwecks freundschaftlicher Regelung” der sich aus der Rückerstattung ergebenden Rückgewährs- und Erstattungsansprüche für die Zeit, in der er oder nach seinem Tod seine Erben Eigentümer der Grundstücke sind, der Klägerin und ihrer Schwester die Verwaltung der beiden Grundstücke. Die Schwestern sind nach dem Vergleich berechtigt, von den Reinerträgen der Grundstücke die Hälfte auf ihre sich aus der Rückerstattungsanordnung ergebenden Ansprüche zu verrechnen. Sie müssen die Grundstücke im Benehmen mit einer Grundstücksgesellschaft verwalten, die die Interessen des R vertritt, und dürfen hierfür keine besondere Verwaltungsgebühr in Rechnung stellen. Die Vertragsparteien heben hervor, daß durch diese Vereinbarung die Befugnis des R und seiner Erben zur Veräußerung der Grundstücke in keiner Weise beeinträchtigt werden soll. Durch den Vergleich sollten alle Ansprüche, die sich für den Vater der Klägerin aus der Rückerstattungsanordnung ergeben, vollständig abgegolten sein. Nach Ziff. 5 Abs. 2 der Vereinbarung stehen der Klägerin und ihrer Schwester außer der Hälfte der Grundstücksreinerträge keine Ansprüche gegen R zu, die ihn zu Leistungen aus seinem sonstigen Vermögen verpflichten könnten, wenn die Grundstücke in einem Jahr keine Reinerträge abwerfen sollten. Die Klägerin und ihre Schwester traten der Vereinbarung am 30. Oktober 1951 bei und erklärten die Abmachungen auch für sie verbindlich.

Die Kläger legten gegen den Vermögensteuerbescheid auf den 1. Januar 1963 Einspruch ein. Sie sind der Ansicht, der jährliche durchschnittliche Reinertrag von 35 674 DM sei um die in Berlin übliche und angemessene Hausverwaltungsgebühr von 5,5 % der Bruttomieten = d. h. um rd. 11 000 DM zu kürzen. Der Jahresertrag dürfe im übrigen nach § 17a Abs. 1 BewG nicht höher als mit 25 % des 18. Teils der Einheitswerte der Grundstücke, d. h. nicht höher als 6 750 DM = 1/4 von (486 000: 18), angesetzt werden. Der Anspruch sei vererblich. Er sei daher als Recht auf wiederkehrende Nutzungen von unbestimmter Dauer nach § 15 Abs. 2 BewG mit dem Neunfachen des Jahreswerts zu bewerten. Es sei zu prüfen, ob nicht ein gemeinschaftliches Eigentum zwischen R und den Anspruchsberechtigten bestehe. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Das FG gab der Klage durch das in den EFG 1967, 442 veröffentlichte Urteil statt und stellte den Wert der auf die Klägerin entfallenden Kapitalforderung auf 60 750 DM fest. Es führte aus: Der Jahreswert der von der Klägerin gezogenen Nutzungen sei nach § 17a BewG auf 25 % des 18. Teils der Einheitswerte der beiden Grundstücke zu begrenzen. Als Kapitalwert sei nach § 15 Abs. 2 BewG das Neunfache des Jahreswerts von 6 750 DM = 60 750 DM anzusetzen.

Das FA beantragt mit der Revision, die Kapitalforderung der Klägerin mit 222 414 DM zu bewerten und die Klage im übrigen abzuweisen. Es rügt eine Verletzung der §§ 17 a, 16 und 15 Abs. 2 BewG. Es meint, der Begriff „Nutzungen” im Sinne des BewG sei auf die Vorteile zu beschränken, die in Ausübung dinglicher Rechte aus Gegenständen gezogen würden, während man die aus obligatorischen Rechten fließenden Vorteile als „Leistungen” bezeichnen müsse. Nach der Entstehungsgeschichte des § 17a BewG seien unter „Nutzungen eines Wirtschaftsguts” im Sinne dieser Vorschrift nur dingliche Nutzungsrechte an einem Wirtschaftsgut zu verstehen. Entgegen der Ansicht des FG seien die der Klägerin und ihrer Schwester zufließenden Grundstückserträge auch bürgerlich-rechtlich keine Nutzungen der Grundstücke. Nach dem BGB zögen z. B. Nießbraucher, Pächter, Mieter, Entleiher und unrechtmäßige Eigenbesitzer Nutzungen von bestimmten Sachen. Ihnen allen sei gemeinsam, daß sie die Sache besäßen und selbst benutzen dürften oder im eigenen Namen anderen zum Gebrauch überließen. Die Klägerin und ihre Schwester seien jedoch nicht Besitzerinnen der Grundstücke, sondern als Hausverwalterinnen Besitzdienerinnen im Sinne des § 855 BGB. Aus dem Vergleich sei nicht zu entnehmen, daß R. seine Mietzinsforderungen zu 50 % an die Klägerin und ihre Schwester abgetreten habe. Bei der Bemessung des Jahreswerts der Nutzungen sei ein Hausverwaltungsentgelt von 5 % der Bruttomieten abzusetzen. Der Anteil könne nicht, wie die Kläger begehren, auf 5,5 % bemessen werden; denn die Schwestern seien in ihrer Verwaltungstätigkeit stark eingeschränkt, weil sie sich der Hilfe einer Grundstücksgesellschaft bedienen müßten.

Das FG habe den Anspruch der Klägerin zu Unrecht als Recht auf Nutzungen von unbestimmter Dauer angesehen und nach § 15 Abs. 2 BewG mit dem Neunfachen des Jahreswerts bewertet. Gehe man mit den Klägern davon aus, daß der Anspruch der Schwestern vererblich sei, so hänge das Fortbestehen des Anspruchs nur von der Ungewißheit ab, ob R oder seine Erben eines Tages die beiden Grundstücke verkaufen werden. Es würde sich dann, da es ungewiß sei, ob das Ereignis überhaupt eintreten werde, nicht um ein Recht „von unbestimmter Dauer”, sondern um ein „immerwährendes” Recht handeln, das nach § 15 Abs. 2 BewG mit dem Achtzehnfachen des Jahreswerts anzusetzen sei. Sehe man jedoch bei richtiger Auslegung des Vergleichs den Anspruch der Schwestern als nicht vererblich an, so handele es sich um ein Recht von unbestimmter Dauer, dessen Kapitalwert nach § 16 BewG zu ermitteln sei, da § 16 BewG dem § 15 Abs. 2 BewG im Range vorgehe.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

Das FA hatte im Streitfall die anteiligen Ersatzansprüche der Klägerin aus der Rückerstattung der beiden in B gelegenen Grundstücke zum 1. Januar 1963 zu bewerten. Da die Ansprüche der Klägerin nach Ziff. 5 des Vergleichs vom 12. Oktober 1951 durch Verrechnung mit 25 % der Grundstückserträge der Höhe nach begrenzt und getilgt werden sollten, hat das FA den Wert der Ersatzansprüche zutreffend nach dem Kapitalwert dieses Nutzungsrechts bemessen.

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob § 17a Abs. 1 BewG auf einen solchen obligatorischen Nutzungsanspruch anwendbar ist. Nach dieser Vorschrift darf „bei der Ermittlung des Kapitalwerts der Nutzungen eines Wirtschaftsguts der Jahreswert dieser Nutzungen nicht mehr als den 18. Teil des Werts betragen, der sich nach den Vorschriften des BewG für das genutzte Wirtschaftsgut ergibt”. § 17a BewG ist durch Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Änderung des Bewertungsgesetzes vom 10. August 1963 – ÄndG-BewG 1963 – (BGBl I 1963, 676, BStBl I 1963, 608) in das BewG eingeführt worden. Abs. 1 dieser Vorschrift beruht auf der früheren Rechtsprechung des RFH und BFH. Der RFH hatte in dem Urteil III 43/42 vom 19. März 1942 (RStBl 1942, 542) entschieden, daß der Wert des Nutzungsrechts an einem Wirtschaftsgut nicht größer sein könne als der Wert des genutzten Wirtschaftsguts selbst. Er hatte seine Ansicht damit begründet, daß das Eigentum an einem Wirtschaftsgut das Recht der Nutzung in sich schließe. Das Nutzungsrecht als Teilrecht des Eigentums könne keinen größeren Wert haben als das Eigentum selbst. Es könne daher beim Erwerb des Nießbrauchs an einem Vermögen für das Nießbrauchsrecht niemals ein höherer Wert angenommen werden als der Wert, der beim Erwerb des Eigentums an dem Vermögen maßgebend sei. Ein Bewertungsergebnis, das diesen Grundsätzen nicht entspreche, könne nicht richtig sein und müsse auf unrichtiger Anwendung der Bewertungsgrundsätze beruhen. Der Senat ist dieser Rechtsprechung zunächst gefolgt (vgl. Urteile des Senats III 181/53 U vom 28. August 1954, BFH 59, 309, BStBl III 1954, 330, und III 108/54 U vom 6. Mai 1955, BFH 61, 6, BStBl III 1955, 199). Er hat diese Grundsätze aber nicht auf obligatorische Rechte angewendet, insbesondere nicht auf Ansprüche gegen den Betriebsinhaber auf Leistung eines Anteils am Reingewinn oder auf schuldrechtliche Ansprüche gegen den Grundstückseigentümer auf die jährlichen Überschüsse an einem Grundstück (vgl. BFH-Urteile III 38/55 S vom 4. November 1955, BFH 61, 447, BStBl III 1955, 371, und III 13/60 U vom 26. Juli 1963, BFH 77, 310, BStBl III 1963, 434). Nach seiner Ansicht traf auf obligatorische Ansprüche der Grundgedanke der obigen Rechtsprechung nicht zu, daß das Nutzungsrecht ein Teilrecht des Eigentums sei. Solche Ansprüche könnten deshalb einen höheren Wert haben als das genutzte Wirtschaftsgut.

Der Deutsche Bundestag hat auf Vorschlag des Finanzausschusses diese Rechtsprechung zur Grundlage der Regelung in § 17a Abs. 1 BewG gemacht. In dem Bericht des Finanzausschusses (14. Ausschuß) über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf des ÄndG-BewG 1963 (Deutscher Bundestag, 4. Wahlperiode, Seite 1 rechte Spalte der Drucksache IV/1365 zur Drucksache IV/1227) heißt es:

„Bisher wird das Nutzungsrecht an einem Wirtschaftsgut höchstens mit dem Betrag angesetzt, der dem steuerlichen Wert des damit belasteten Wirtschaftsguts entspricht. Es muß damit gerechnet werden, daß diese Regelung infolge einer geänderten Rechtsprechung nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Die Nutzungsrechte müßten dann ebenfalls mit dem vollen Kapitalwert zur Vermögensteuer herangezogen werden. Um zu vermeiden, daß sich hier die gleichen Schwierigkeiten wie bei der Erfassung des Erbbauzinses ergeben, soll nun auch bei den Nutzungsrechten die Höhe des anzuhaltenden Jahreswerts begrenzt werden. Aus Zweckmäßigkeitsgründen werden die Nutzungsrechte in Absatz 1 und die Erbbauzinsen in Absatz 2 behandelt.”

§ 17a Abs. 1 BewG geht entsprechend dem Vorschlag des Finanzausschusses allerdings insoweit über die damalige Rechtsprechung des Senats hinaus, als er nicht den Kapitalwert, sondern den Jahreswert der Nutzungen nach dem Wert des genutzten Wirtschaftsguts beschränkt (vgl. auch BFH-Urteil III 200/65 vom 19. Juli 1968, BFH 94, 60, BStBl II 1969, 154).

In den nach Erlaß des § 17a BewG veröffentlichten Urteilen III 406/58 S vom 17. Mai 1963 (BFH 77, 571, BStBl III 1963, 530) und III 13/60 U (a. a. O.) hat der Senat tatsächlich seine bisherige Rechtsansicht aufgegeben. Er hat im Urteil III 13/60 U (a. a. O.) ausgeführt, daß sowohl bei der Bewertung eines obligatorischen Anspruchs auf jährliche Überschüsse aus einem Grundstück als auch – entgegen der früheren Rechtsauffassung – bei der Bewertung eines Nießbrauchs an einem Grundstück kein allgemeiner Rechtssatz anzuerkennen sei, daß für das Nutzungsrecht an einem Vermögensgegenstand steuerlich kein höherer Wert anzusetzen sei als für den Gegenstand selbst; denn das Grundstück einerseits und die obligatorischen und dinglichen Nutzungsrechte andererseits seien verschiedene Wirtschaftsgüter, die verschiedenen Vermögensmassen angehörten (Grundvermögen/sonstiges Vermögen) und nach verschiedenen Bewertungsgrundsätzen zu bewerten seien (Einheitswert/gemeiner Wert). An dieser Auffassung hat der Senat für Stichtage vor Inkrafttreten des § 17a BewG, also für die Vermögensbesteuerung bis einschließlich 1. Januar 1962, im Urteil III 182/62 vom 11. Februar 1966 (BFH 85, 264, BStBl III 1966, 307) ausdrücklich festgehalten.

Der Senat hat bisher nicht entschieden, ob § 17a Abs. 1 BewG auf obligatorische Nutzungsrechte anwendbar ist. Im Urteil III 182/62 (a. a. O.) ließ er diese Frage ausdrücklich dahingestellt. In der zu § 17a Abs. 1 BewG ergangenen Entscheidung III 200/65 (a. a. O.) brauchte er hierzu nicht Stellung zu nehmen, da es sich damals um einen lebenslänglichen 50 %igen dinglichen Nießbrauch an bestimmten Vermögensgegenständen handelte. Nach der herrschenden Meinung in der Literatur (vgl. Gürsching-Stenger, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, Kommentar, 1. bis 4. Aufl., § 17a BewG Anm. 14; Steinhardt, Bewertungsgesetz, 4. Aufl., § 16 BewG 1965 Anm. 2, und im wesentlichen wohl auch Rössler-Troll, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 8. Aufl., § 16 BewG 1965 Anm. 4 letzter Absatz) soll § 17a Abs. 1 BewG im Hinblick auf die Entwicklungsgeschichte der Vorschrift auf obligatorische Nutzungsrechte keine Anwendung finden (a. A. jedoch z. B. Heise in DB 1970, 519). Nach Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. die in DB 1968, 500 mitgeteilten Anweisungen in der Betriebsprüfungskartei der OFDen Düsseldorf, Köln und Münster) und von Gürsching-Stenger (a. a. O., § 74 Anm. 49 a) soll andererseits aber der schuldrechtliche Anspruch des Mieters bei Mietvorauszahlungen und Mieterzuschüssen mit dem nach § 17a BewG beschränkten Jahreswert angesetzt werden.

Bei der Auslegung des § 17a BewG ist in erster Linie vom Wortlaut auszugehen. Die Entstehungsgeschichte kann für die Auslegung nur insoweit Bedeutung haben, als sie die Richtigkeit einer nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen ermittelten Auslegung bestätigt oder Zweifel behebt, die auf andere Weise nicht ausgeräumt werden können (vgl. Urteil des Senats III 17/65 vom 13. Juni 1969, BFH 96, 57, BStBl II 1969, 517, unter Hinweis auf die Entscheidung des BVerfG 2 BvH 2/52 vom 21. Mai 1952, BVerfGE 1, 299 [312]). § 17a Abs. 1 BewG spricht nicht von Nutzungsrechten an einem Wirtschaftsgut, sondern von der „Ermittlung des Kapitalwerts der Nutzungen eines Wirtschaftsguts”. Diese Worte sind nach dem ihnen eigenen Sinn und in erster Linie im Zusammenhang mit den übrigen Vorschriften des BewG zu deuten. § 17a Abs. 1 BewG steht im engen Zusammenhang mit den unmittelbar vorangehenden §§ 15 bis 17 BewG, da in ihnen ebenso wie in § 17a Abs. 1 BewG die Bewertung von wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen geregelt ist. „Nutzungen” im Sinne der §§ 15 bis 17 BewG sind nach h. M. (vgl. Gürsching-Stenger, a. a. O., Vorbem. 2 zu den §§ 15 bis 17a BewG, und Steinhardt, a. a. O., Vorbem. 1 vor den §§ 13 bis 16 BewG 1965) geldwerte wiederkehrende Vorteile, die dem Berechtigten auf Grund eines Rechts aus fremden, ihm nicht gehörenden und steuerlich ihm nicht zuzurechnenden Wirtschaftsgütern zufließen. Die §§ 15 bis 17 BewG gelten für die Bewertung von Nutzungen, die das gesamte Vermögen des Verpflichteten belasten, wie auch für die Bewertung von Nutzungen, die sich auf ein bestimmtes Wirtschaftsgut beschränken. Es fallen hierunter sowohl dingliche als auch obligatorische Rechte wie z. B. obligatorische Gewinnbeteiligungsansprüche (BFH-Urteil III 182/62, a. a. O.) und obligatorische wie dinglich gesicherte Rentenrechte (vgl. Steinhardt, a. a. O., Vorbem. 3 vor den §§ 13 bis 16 BewG 1965, und Rössler-Troll, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 8. Aufl., Bd. I, § 13 Anm. 2 Abs. 1, vorletzter Satz). In gleicher Weise wird auch der Begriff „andere wiederkehrende Nutzungen” in § 67 Abs. 1 Nr. 4 und § 68 Nr. 6 Buchst. a BewG auf dingliche und obligatorische Rechte angewendet (vgl. z. B. Steinhardt, a. a. O., § 110 BewG 1965 Anm. 10). Der bürgerlich-rechtliche Begriff der Nutzungen ist in § 100 BGB zwar umfassender, weil er sich auf die Früchte einer Sache oder eines Rechts im Sinne des § 99 BGB und auf alle Vorteile erstreckt, die der Gebrauch der Sache oder des Rechts gewährt. Er deckt sich jedoch nach den zutreffenden Ausführungen des FG insoweit mit dem des Bewertungsrechts, als er in § 99 Abs. 2 BGB auch die Früchte obligatorischer Rechtsverhältnisse, wie z. B. die Erträge des Pächters, mit einschließt (vgl. Soergel-Siebert, Bürgerliches Gesetzbuch, 10. Aufl., Bd. 1, § 99 Anm. 10). Aus dem bürgerlichen Recht kann damit eine Einschränkung des Begriffs Nutzung auf dingliche Berechtigungen nicht hergeleitet werden.

Da § 17a Abs. 1 BewG die vorangehenden §§ 15 bis 17 BewG nur bezüglich der Ermittlung des Jahreswerts wiederkehrender Nutzungen eines Wirtschaftsguts ergänzt, ist der Begriff der Nutzungen hier grundsätzlich im gleichen Sinn zu verstehen. Das bedeutet, daß der Begriff „Nutzungen eines Wirtschaftsguts” in § 17a Abs. 1 BewG ebenso wie z. B. der Begriff „Nutzung einer Geldsumme” in § 17 Abs. 1 BewG in der Regel auch obligatorische Nutzungsrechte betrifft. Dieses Ergebnis ist auch wirtschaftlich vernünftig. Denn schuldrechtliche Ansprüche auf Nutzungen von Wirtschaftsgütern werden in der Praxis im allgemeinen nicht höher bewertet als dingliche Nutzungsrechte gleichen Umfangs, wie z. B. das Nießbrauchsrecht mit seinen vielfältigen Abwehrrechten (vgl. § 1065 BGB in Verbindung mit §§ 861, 862, 985 ff. und §§ 1004 bis 1007 BGB), mit denen obligatorische Nutzungsrechte nicht ausgestattet sind. Die frühere Rechtsprechung des BFH, die den Kapitalwert von obligatorischen Nutzungsrechten nicht auf den steuerlichen Wert des genutzten Wirtschaftsguts beschränkte, kann zur Auslegung des § 17a Abs. 1 BewG nicht herangezogen werden, da der Gesetzgeber diese Frage in § 17a Abs. 1 BewG abschließend geregelt hat.

Ob der Gesetzgeber die Absicht hatte, die Anwendung des § 17a Abs. 1 BewG auf dingliche Nutzungsrechte zu beschränken, ist zweifelhaft. Sollte der Gesetzgeber tatsächlich diesen Willen gehabt haben, so hätte er dies jedenfalls im Wortlaut des § 17a Abs. 1 BewG eindeutig zum Ausdruck bringen müssen. Dies ist nicht geschehen.

Wenn auch der Begriff der Nutzungen in § 17a Abs. 1 BewG grundsätzlich der gleiche ist wie in den §§ 15 bis 17 BewG, so können sich aus dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift doch gewisse Einschränkungen ergeben. Der Senat läßt in diesem Zusammenhang die Frage dahingestellt, ob der Jahreswert von obligatorischen wie dinglichen Nutzungsrechten auch dann nach § 17a Abs. 1 BewG mit höchstens dem 18. Teil des steuerlichen Werts des genutzten Wirtschaftsguts zu bewerten ist, wenn es sich nicht um eine mehr oder weniger stark ausgeprägte kapitalmäßige sachbezogene Nutzung des Wirtschaftsguts selbst handelt, weil die Nutzung auf einer Tätigkeit des Nutzungsberechtigten oder Nutzungsverpflichteten beruht, die über eine reine der Vermögensverwaltung gleichzuachtende Tätigkeit hinausgeht. Er braucht hierauf im Streitfall nicht einzugehen, da die Hausverwaltung der beiden Schwestern den Rahmen einer kapitalmäßigen Nutzung nicht überschreitet.

Einschränkungen können sich jedoch bei obligatorischen Nutzungsrechten ergeben. Sie fallen nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes nur dann unter § 17a Abs. 1 BewG, wenn enge rechtliche und wirtschaftliche Bindungen zwischen dem Anspruch des Nutzungsberechtigten und dem genutzten Wirtschaftsgut bestehen. Es darf sich nicht um darüber hinausgehende Ansprüche auf Leistungen handeln, die der Nutzungsberechtigte gegen den Verpflichteten auch persönlich geltend machen kann, wenn z. B. das Wirtschaftsgut nicht den erwarteten oder keinen Nutzen erbracht hat. Der Anspruch muß sich also auf die Nutzungen des Wirtschaftsguts beschränken. Sonst besteht kein ausreichender innerer Zusammenhang mehr zwischen dem Nutzungsrecht und dem genutzten Wirtschaftsgut, der es rechtfertigen könnte, den Jahreswert solcher Nutzungen auf den 18. Teil des Werts des genutzten Wirtschaftsguts zu beschränken. Entgegen der Ansicht des FA kommt es hingegen nicht darauf an, ob der Nutzungsberechtigte den unmittelbaren oder mittelbaren Besitz an dem genutzten Wirtschaftsgut hat.

Das FG hat im Ergebnis zutreffend den Jahreswert der der Klägerin zustehenden Nutzungen nach § 17a Abs. 1 BewG entsprechend diesen Grundsätzen begrenzt. Der Klägerin und ihrer Schwester fließen nämlich geldwerte wiederkehrende Vorteile in Höhe von 50 % der Reinerträge zweier an R rückerstatteten Grundstücke auf Grund eines obligatorischen Nutzungsrechts zu. Es besteht ein enger rechtlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Ansprüchen der Schwestern und den beiden Häusern; denn in Ziff. 5 Abs. 2 des Vergleichs vom 12. Oktober 1951 wurde ausdrücklich bestimmt, daß den Schwestern keine Ansprüche gegen R persönlich als Grundstückseigentümer und Rückerstattungsberechtigten zustehen, wenn in einem Jahr kein Reinertrag erzielt werden sollte. Das FG hat den sich nach § 17a Abs. 1 BewG ergebenden Jahreswert des auf die Klägerin entfallenden Reinertrages zutreffend in entsprechender Anwendung des BFH-Urteils III 181/53 U (a. a. O.) auf 6 750 DM berechnet (= 25 % des 18. Teils der Grundstückseinheitswerte von 486 000 DM). Es brauchte zu der Frage des Abzugs eines Hausverwalterentgelts von 5 % oder 5,5 % der Bruttoeinnahmen von den durchschnittlichen tatsächlichen Reinerträgen der Grundstücke von 35 674 DM nicht Stellung zu nehmen, da der Nutzungsanteil der Klägerin den Betrag von 6 750 DM nicht unterschreiten würde. Das FG meint, R habe den beiden Schwestern die Mietzinsforderung im voraus abgetreten. Der Senat braucht hierauf nicht einzugehen; denn eine solche Abtretung würde auf die Anwendung des § 17a Abs. 1 BewG keinen Einfluß haben.

Nach § 15 Abs. 2 BewG sind immerwährende Nutzungen oder Leistungen mit dem Achtzehnfachen des Jahreswerts, Nutzungen oder Leistungen von unbestimmter Dauer dagegen vorbehaltlich des § 16 BewG mit dem Neunfachen des Jahreswerts zu bewerten. Nach ständiger Rechtsprechung des RFH und BFH (vgl. z. B. BFH-Urteil I A 128/26 vom 30. November 1926, RStBl 1927, 81, und BFH-Urteil III R 61/66 vom 28. November 1969, BFH 97, 431, BStBl II 1970, 171) sind „immerwährende” Nutzungen oder Leistungen solche, deren Ende von Ereignissen abhängt, von denen ungewiß ist, ob und wann sie in absehbarer Zeit eintreten werden. Nutzungen und Leistungen von „unbestimmter Dauer” liegen dagegen vor, wenn das Ende in absehbarer Zeit sicher, aber der Zeitpunkt des Wegfalls unsicher ist.

Es kann im Streitfall dahingestellt bleiben, ob der Anspruch auf 50 % der Grundstücksreinerträge auf die Lebenszeit der Klägerin und ihrer Schwester beschränkt oder gemäß der Auffassung der Kläger vererblich ist. Denn in jedem Fall kann dieses Recht bei der Klägerin und ihrer Schwester nur insoweit steuerlich erfaßt werden, als es ihnen selbst zusteht. Der Anspruch ist für den Berechtigten ein durch seine Lebenszeit begrenzter Vermögenswert; er kann daher nur insoweit der Vermögensbesteuerung zugrunde gelegt werden (vgl. BFH-Urteile III 183/55 U vom 21. Oktober 1955, BFH 61, 367, BStBl III 1955, 342, und III 321/59 vom 18. Januar 1963, HFR 1963, 282 und die dort zitierte Rechtsprechung des RFH sowie Urteil des BVerwG III C 98/67 vom 13. Juni 1968 BVerwGE 30, 34). Es handelt sich daher vermögensteuerrechtlich nicht um ein Recht auf immerwährende Nutzungen, sondern um einen Anspruch auf Nutzungen von unbestimmter Dauer. Der Anspruch erlischt, wenn der Grundstückseigentümer oder seine Erben die Grundstücke veräußern, wozu sie nach Ziff. 3 Abs. 5 des Vergleichs vom 12. Oktober 1951 jederzeit berechtigt sind, und er fällt für die Klägerin als eigener Vermögenswert auf jeden Fall mit ihrem Tode weg.

Ist der Anspruch auf wiederkehrende Nutzungen steuerlich durch die Lebenszeit des Berechtigten und durch ein anderes ungewisses Ereignis allgemeiner Art begrenzt, so ist nach der Rechtsprechung des BFH (Urteile III 369/58 S vom 11. August 1961, BFH 73, 584, BStBl III 1961, 477, und III 152/62 U vom 15. Oktober 1965, BFH 84, 1, BStBl III 1966, 2) der Kapitalwert eines solchen Anspruchs auf Grund des Vorbehalts in § 15 Abs. 2 BewG nach § 16 BewG nach dem Lebensalter des Berechtigten am Bewertungsstichtag zu ermitteln. An dieser Rechtsprechung hat der Senat in dem nach Erlaß der Vorentscheidung ergangenen Urteil III 61/66 (a. a. O.) ausdrücklich festgehalten. Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen.

 

Fundstellen

BStBl II 1970, 591

BFHE 1970, 208

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