Leitsatz (amtlich)

Zum Messen von Gewichten dienende elektronische Wiegeindikatoren, deren Arbeitsweise auf einem elektrischen Meßvorgang beruht, sind keine "elektronischen Geräte zum Messen elektrischer Größen". Zum Messen elektrischer Größen gehört außer ihrer Aufnahme auch ihre Anzeige oder Aufzeichnung.

 

Normenkette

GZT Tarifnr 90.28 Tarifst A-2-a; GZT Kap 90 ZusVorschr. 2; GZT Kap 90 Vorschr. 5

 

Tatbestand

I. Die OFD erteilte der Klägerin auf deren Antrag eine verbindliche Zolltarifauskunft (vZTA) über Wiegeindikatoren auf Mikroprozessorbasis, die aus den USA eingeführt werden. Nach der Warenbeschreibung in der vZTA werden die Waren als Meß- und Anzeigegeräte für gewerbliche Wägeeinrichtungen (Auflösung 0,1 und mehr kg) verwendet. Sie bestehen aus unterschiedlich großen Gehäusen mit einer siebenstelligen Digitalanzeige, Funktionsschaltern bzw. -tasten zur Eingabe und Anzeige der unterschiedlichen Parameter auf der Gehäusevorderseite und elektrischen Ein- und Ausgängen auf der Geräterückseite und sind mit einer eigenen Stromversorgung, einem Analog-Digitalwandler, einer mit elektronischen Bauelementen bestückten Mikroprozessorplatine und einer seriellen Schnittstelle ausgestattet. Die Geräte messen analoge elektrische Größen (gewichtsproportionale Spannungssignale) von externen Meßwertaufnehmern, wandeln die Signale in digitale Impulse um und zeigen sie zahlenmäßig an. Die OFD wies die so beschriebenen Waren der Tarifst. 90.28 A II a des Gemeinsamen Zolltarifs (GZT) zu (elektronische Geräte zum Messen elektrischer Größen, nicht für zivile Luftfahrzeuge).

Nach erfolglosem Einspruch gegen die vZTA erhob die Klägerin Klage, zu deren Begründung sie ausführt, für die Zuweisung zur Tarifnr. 90.28 sei nicht die Arbeitsweise maßgebend --hier ein meßtechnisches Verfahren, bei dem die gemessenen Signale in Gewichtsmaßstäben dargestellt würden--, sondern allein die Zweckbestimmung. Diese bestehe jedoch hier nicht im Messen elektrischer Größen. Vielmehr dienten die Geräte ausschließlich dazu, im notwendigen Zusammenwirken mit Wägezellen (Meßwertaufnehmern) in unterschiedlichen Industriebereichen Gewichte von Lasten in absoluten Werten (Kilogramm, Tonnen usw.) anzuzeigen. Wiegeindikatoren und zugehörige Wägezellen seien vollständige Einrichtungen zur Ermittlung von Gewichten --mit Ausnahme von Präzisionswägungen--, die Indikatoren allein Teile von Waagen, die wie die vollständigen Wiegeeinrichtungen zur Tarifnr. 84.20 gehörten.

Die OFD meint, auch die Ermittlung von Gewichten (Wiegen) im indirekten --elektrischen-- Meßverfahren gehöre zu den in der Tarifnr. 90.28 vorgesehenen Zwecken, wie sich daraus ergebe, daß zu dieser Tarifnummer Waagen der Tarifnr. 90.15 gehörten, wenn ihre Arbeitsweise auf einer sich mit der zu ermittelnden Größe ändernden elektrischen Erscheinung beruhe. Für die Zuweisung zur Tarifnr. 90.28 sei unerheblich, ob die Werte der gemessenen elektrischen Größen in elektrischen Meßeinheiten oder den ihnen entsprechenden Gewichtseinheiten angezeigt würden.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Klage ist begründet.

Die OFD hat die Wiegeindikatoren zu Unrecht als elektronische Geräte "zum Messen elektrischer Größen" --Tarifst. 90.28 A II a GZT-- tarifiert. Die Waren erfüllen zwar die Voraussetzungen der Zusätzlichen Vorschrift 2 zu Kapitel 90, weil sie Bauelemente der Tarifnr. 85.21 wie integrierte Schaltungen enthalten, und sind deshalb elektronische Erzeugnisse. Damit allein sind sie aber noch keine Geräte der Tarifst. 90.28 A.

Welche Waren zur Tarifnr. 90.28 gehören, ist abschließend ("gehören nur") in Vorschrift 5 zu Kapitel 90 bestimmt. Hier in Betracht kommen nur die Buchst. a und b dieser Vorschrift. Von ihrem Buchst. b --und damit von Tarifnr. 90.28-- erfaßt werden u.a. Waagen mit einer Empfindlichkeit von mindestens 50 mg --Tarifnr. 90.15--, wenn ihre Arbeitsweise auf einer elektrischen Erscheinung beruht, die sich mit der zu ermittelnden Größe ändert. Wie sich aus den Ausführungen der Parteien ergibt, ist unstreitig, daß die Waren die vorausgesetzte Beschaffenheit (Empfindlichkeit) nicht aufweisen.

Die Waren gehören auch nicht als Geräte zum Messen oder Prüfen elektrischer Größen zur Tarifnr. 90.28 (vgl. Vorschrift 5 Buchst. a zu Kapitel 90), weil sie dieser Zweckbestimmung nicht entsprechen, vielmehr --als Waagen geringerer Empfindlichkeit-- zum Messen nichtelektrischer Größen (Gewichte) bestimmt sind, obwohl ihre Arbeitsweise auf einem meßtechnischen Verfahren beruht (elektrisches Meßverfahren). Die Erläuterungen zum Zolltarif (ErlZT), die zwar keine Rechtsnormqualität haben, wohl aber nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) und des Senats maßgebliche Erkenntnismittel bei der Auslegung des GZT sind, zählen die hauptsächlichen elektrischen Messungen wie Spannungs- und Stromstärkemessung auf (ErlZT zu Tarifnr. 90.28 I Rdnrn. 46 ff.). Zum Messen elektrischer Größen gehört jedoch nicht nur die von der OFD als Messen bezeichnete Aufnahme der von den Dehnungsmeßstreifen der Wägezellen stammenden elektrischen Spannungssignale, sondern auch, bei "anzeigenden" Geräten wie den Wiegeindikatoren, das Sichtbarmachen (Anzeige) des Wertes der gemessenen elektrischen Größe. Hiervon gehen auch die ErlZT (zu Tarifnr. 90.28 I Rdnr. 29) aus, wenn sie anzeigende Geräte als solche charakterisieren, die zu jeder Zeit auf einer Skala den Wert der "gemessenen" Größe anzeigen.

Ohne --auch-- die entsprechende Anzeige --bei registrierenden Geräten die Aufzeichnung-- kann von einem Meßvorgang nicht gesprochen werden. Die Wiegeindikatoren zeigen indessen nicht ermittelte elektrische Größen als solche an, sondern lediglich Gewichte (nichtelektrische Größen); sie setzen die aufgenommenen elektrischen Impulse nicht, wie bei Geräten zum Messen elektrischer Größen erforderlich, in Anzeigen dieser Größen um. Der Umstand, daß die Anzeige --der Gewichte-- durch Verarbeitung empfangener elektrischer Größen (gewichtsproportionale Spannungssignale) zustande kommt, kennzeichnet die Waren zwar als elektrische, unter den hier gegebenen Voraussetzungen der Zusätzlichen Vorschrift 2 zu Kapitel 90 (vgl. zu ihr Senatsurteil vom 3.Mai 1983 VII K 13/81, BFHE 138, 280) als elektronische Geräte, indessen noch nicht als solche zum Messen der empfangenen elektrischen Spannung.

Die Auffassung des Senats, daß Geräte zum Messen elektrischer Größen diese anzeigen oder registrieren müssen, wird durch die Vorschrift 5 Buchst. b zu Kapitel 90 nicht entkräftet, sondern sogar bestätigt. Nach diesem Teil der Vorschrift gehören, wie ausgeführt, u.a. Präzisionswaagen (Tarifnr. 90.15) zur Tarifnr. 90.28, wenn die Arbeitsweise der betreffenden Waren auf einer sich mit der zu ermittelnden Größe ändernden elektrischen Erscheinung beruht. Waagen dieser Art sind jedoch nicht Geräte zum Messen elektrischer Größen, sondern, wenn nicht für zivile Luftfahrzeuge bestimmt, je nachdem, ob sie als elektrische oder als elektronische Geräte anzusehen sind, Geräte zum Messen nichtelektrischer Größen (Gewichte) der Tarifst. 90.28 A II b oder 90.28 B II (vgl. auch ErlZT zu Tarifnr. 90.28 I Rdnrn.7 und 9). Dies ergibt sich aus dem Aufbau der Vorschrift 5 zu Kapitel 90. Denn wenn die entsprechenden Präzisionswaagen schon aufgrund ihrer Arbeitsweise als Geräte zum Messen elektrischer Größen zu werten wären, hätte es ihrer Anführung in Vorschrift 5 Buchst. b zu Kapitel 90 nicht bedurft, hätte vielmehr bereits Buchst. a dieser Vorschrift i.V.m. der Tarifnr. 90.28 ausgereicht, um ihre Zuweisung zu dieser Tarifnummer zu rechtfertigen.

Da die Wiegeindikatoren hiernach nicht zur Tarifnr. 90.28 und, da sie auch keine Waagen der Tarifnr. 90.15 sind, auch sonst nicht zu Kapitel 90 gehören, sind sie nicht, wie von der OFD angenommen, durch Vorschrift 1 1 zu Abschn. XVI GZT von diesem Abschnitt ausgeschlossen.

 

Fundstellen

BFHE 144, 320

BFHE 1986, 320

HFR 1986, 28-28 (ST)

DStZ/E 1985, 367-367 (S)

ZfZ 1986, 114-115 (ST)

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