Entscheidungsstichwort (Thema)

Bürgschaft eines GmbH-Geschäftsführers

 

Leitsatz (NV)

Übernimmt der Geschäftsführer einer GmbH ausschließlich zu dem Zweck, im geschäftlichen Interesse der GmbH Verbindlichkeiten eines Geschäftsfreundes abzusichern, zu dessen Gunsten eine Bürgschaft, so ist diese - wegen Fehlens besonderer Umstände - nicht durch das Arbeitsverhältnis veranlaßt (Anschluß an das BFH-Urteil vom 14. Mai 1991 VI R 48/88, BFHE 164, 431, BStBl II 1991, 758).

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr 1987 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger war zu dieser Zeit an der A-GmbH (GmbH) beteiligt und gleichzeitig als deren Geschäftsführer tätig (Bruttoarbeitslohn im Streitjahr: 150000 DM). Nachdem der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) die Einkommensteuer der Kläger für das Streitjahr antragsgemäß festgesetzt hatte, erhielt er durch eine Kontrollmitteilung davon Kenntnis, daß die GmbH im Streitjahr für den Kläger in Höhe von 30000 DM Zahlungen geleistet habe, die als verdeckte Gewinnausschüttungen zu qualifizieren seien. Entsprechend diesen Angaben setzte das FA in einem Änderungsbescheid beim Kläger Einkünfte aus Kapitalvermögen an. Mit dem gegen diesen Bescheid gerichteten Einspruch legten die Kläger eine Steuerbescheinigung gemäß § 44 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) vor und beantragten, den Änderungsbescheid entsprechend zu berichtigen.

Ferner beantragten sie, ,,die Zahlungen von 30000 DM aufgrund der Inanspruchnahme aus der Bürgschaft für Verbindlichkeiten der GmbH bei den Einkünften aus § 19 EStG zu berücksichrtigen". Hierzu legten die Kläger die Abschrift einer Erklärung vom 2. Dezember 1986 vor, nach der der Kläger für Bankverbindlichkeiten eines Herrn B die selbstschuldnerische Bürgschaft bis zum Betrag von 60000 DM übernommen hat. Sie legten ferner (die GmbH betreffenden) Schriftwechsel mit dem FA vor, aus dem sich u.a. ergibt, daß das FA es abgelehnt hat, bei der GmbH eine Abschreibung in Höhe von 30000 DM gewinnmindernd zu berücksichtigen, und statt dessen ,,die Zahlungen des (vorgenannten) Betrages" als verdeckte Gewinnausschüttung gewertet hat.

In seiner Einspruchsentscheidung folgte das FA dem Antrag, die Einkünfte des Klägers aus Kapitalvermögen um die anrechenbare Körperschaftsteuer zu erhöhen und die Körperschaftsteuer bei der Einkommensteuer anzurechnen. Den weiteren Antrag, den Betrag von 30000 DM als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen, lehnte es mit der Begründung ab, weder der Zahlungsabfluß noch der erforderliche Zusammenhang mit den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit seien nachgewiesen.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage, mit der die Kläger ihren Antrag auf Werbungskostenabzug weiter verfolgten, statt. Zur Begründung führte es im wesentlichen aus: Das Gericht habe nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung die Überzeugung gewonnen, daß die Bürgschaftsübernahme durch das Arbeitsverhältnis des Klägers veranlaßt gewesen sei und daß danach die dem Kläger durch die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft entstandenen Kosten Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit darstellten. Die Abziehbarkeit derartiger Bürgschaftsaufwendungen bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit werde von der Rechtsprechung und vom Schrifttum im Grundsatz anerkannt (Hinweis u.a. auf das Urteil des erkennenden Senats vom 20. Dezember 1988 VI R 55/84, BFH/NV 1990, 23). Im Streitfall sei für die Bürgschaftsübernahme und die daraus folgende Inanspruchnahme eine ausreichende Veranlassung durch das Arbeitsverhältnis des Klägers gegeben gewesen. Nach dem Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung sei die geschäftliche Verbindung zu dem Geschäftspartner B von maßgeblicher Bedeutung für die GmbH gewesen. Nach der Darstellung des Klägers habe die GmbH an einem . . . System für . . .-Anlagen gearbeitet. Die Entwicklung dieses Systems sei entscheidend durch die Zusammenarbeit mit B, dem die Entwicklung der Software oblegen habe, geprägt gewesen. In einer entscheidenden Phase dieser Entwicklungsarbeit habe für B der Verlust der Kreditwürdigkeit gedroht. Um B aus der Bedrängnis zu helfen und ihn an die GmbH zu binden, habe der Kläger die Bürgschaft übernommen. Eine Bürgschaft der GmbH selbst sei nicht akzeptiert worden. Dem Geschäftsinteresse der GmbH an der Aufrechterhaltung der geschäftlichen Verbindung zu B sei ein gleichgerichtetes Interesse des Klägers parallel gelaufen. Indem er das Geschäftsinteresse der GmbH gefördert habe, habe der Kläger als deren Geschäftsführer und Arbeitnehmer gleichzeitig sein Arbeitnehmer-Interesse am Fortbestand und der Weiterentwicklung der GmbH gefördert.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung des § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Hierzu führt es u.a. aus: Die Bürgschaftsinanspruchnahme und die daraus folgende Inanspruchnahme des Klägers sei nicht in dessen (nichtselbständiger) Tätigkeit als Geschäftsführer der GmbH, sondern in der Bestellung als Gesellschafter der GmbH begründet. Das FG habe unberücksichtigt gelassen, daß der Kläger mit einem Anteil von . . . v.H. (über 90 v.H.) an der GmbH beteiligt gewesen sei. Besondere Umstände, die nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) für eine Veranlassung durch das Arbeitsverhältnis sprechen könnten, lägen nicht vor.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Das angefochtene Urteil war aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Das FG hat zu Unrecht entschieden, daß dem Kläger wegen der Inanspruchnahme aus der zugunsten des B eingegangenen Bürgschaftsverpflichtung ein Werbungskostenabzug in Höhe von 30000 DM zusteht.

Hat der Geschäftsführer einer GmbH, der in einem nicht unbedeutendem Umfang an der Gesellschaft beteiligt ist, eine Bürgschaft für Verbindlichkeiten der GmbH übernommen und wird er aus der Bürgschaftsverpflichtung in Anspruch genommen, so kann er nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats die ihm hierdurch entstandenen Aufwendungen nur dann als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abziehen, wenn im Einzelfall besondere, sich aus der Geschäftsführerstellung ergebende Umstände vorliegen (Urteile in BFH/NV 1990, 23 und vom 14. Mai 1991 VI R 48/88, BFHE 164, 431, BStBl II 1991, 758). Dies gilt auch dann, wenn der Geschäftsführer die Bürgschaftsverpflichtung nicht unmittelbar zugunsten der GmbH, etwa zur Sicherung deren Verbindlichkeiten, sondern - wie im Streitfall der Kläger - im geschäftlichen Interesse der GmbH zur Sicherung von Verbindlichkeiten deren Geschäftspartners eingegangen ist.

Besondere Umstände, die nach der vorgenannten Rechtsprechung den Werbungskostenabzug ausnahmsweise rechtfertigen würden, sind im Streitfall nicht erkennbar. Dem Kläger ging es offensichtlich nur darum, die Zusammenarbeit zwischen der GmbH und dem Geschäftspartner B sicherzustellen und damit dessen Fertigkeiten und Kenntnisse auf dem Gebiet der Software-Entwicklung für die Gesellschaft gewinnbringend zu nutzen. Hierfür spricht zudem der Umstand, daß eine Bürgschaft von der GmbH angeboten, aber von der Bank nicht akzeptiert worden war. Derartige Überlegungen wären nicht in Frage gekommen, wenn Arbeitnehmerinteressen des Klägers gegenüber der GmbH betroffen gewesen wären.

2. Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden. Das FG hat keine Feststellungen getroffen, die es dem Senat ermöglichen zu überprüfen, ob das FA zu Recht eine verdeckte Gewinnausschüttung der GmbH angenommen hat. Es hat auch nicht geprüft, inwieweit ein Zusammenhang besteht zwischen der - sich aus den Akten ergebenden - Zahlung in Höhe von 30000 DM durch die GmbH und der Inanspruchnahme des Klägers in gleicher Höhe. Insofern hat es zu der - sich hiernach aufdrängenden - Frage keine Stellung genommen, ob das FA zu Recht Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr.2 EStG angesetzt hat. Das FG wird daher die erforderlichen Feststellungen nachzuholen und über die entsprechenden Rechtsfolgen selbst zu entscheiden haben.

 

Fundstellen

BFH/NV 1993, 645

GmbHR 1993, 830

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