Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Klagebefugnis einer vollbeendeten OHG gegen Gewinnfeststellungsbescheid
Leitsatz (NV)
Erhebt eine vollbeendete OHG Klage gegen einen Gewinnfeststellungsbescheid und stellt der fachkundige Prozessbevollmächtigte nach Hinweis des Gerichts auf Zweifel an der Klagebefugnis klar, dass Kläger die Gesellschaft, vertreten durch den Liquidator, sein soll, ist die Klage als unzulässig abzuweisen.
Normenkette
FGO § 48 Abs. 1 Nr. 1
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet und war daher zurückzuweisen.
1. Es bestehen bereits Zweifel, ob die Beschwerdebegründung den Anforderungen an eine schlüssige Darlegung eines Revisionszulassungsgrundes gemäß § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. genügt und damit die Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt. Gemäß Art. 4 des 2.FGOÄndG richtet sich die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs gegen eine gerichtliche Entscheidung nach den bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Vorschriften, wenn die Entscheidung vor dem 1. Januar 2001 verkündet oder von Amts wegen anstelle einer Verkündung zugestellt worden ist. Das ist hier der Fall. Die Anforderungen an eine schlüssige Darlegung ergeben sich deshalb für den Streitfall aus § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F.
2. Letztlich kann aber dahinstehen, ob die Beschwerde zulässig ist, denn sie ist zumindest unbegründet. Es liegt keiner der geltend gemachten Gründe für die Zulassung einer Revision vor.
a) Dem Finanzgericht (FG) ist kein Verfahrensfehler unterlaufen. Es hat insbesondere nicht gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens verstoßen. Die Beachtung von Formalien durch die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) und den Beklagten und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) ist nicht nach unterschiedlichen Maßstäben beurteilt worden. Entscheidungserheblich war vorliegend nur die Beurteilung der Klage; auf die Beurteilung des angefochtenen Bescheids und der Einspruchsentscheidung kam es für das FG nicht an, weil es die Klage bereits als unzulässig angesehen hat.
Ob eine Auslegung der Klageschrift dahin gehend, dass nicht die Gesellschaft, sondern der Gesellschafter M Kläger sein sollte, möglich gewesen wäre, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn die Prozessbevollmächtigten haben in Kenntnis der gerichtlichen Zweifel an der Klagebefugnis der OHG ausdrücklich klargestellt, dass Kläger die Gesellschaft, vertreten durch den Liquidator, sein soll. Daran müssen sich die fachkundigen Prozessbevollmächtigten festhalten lassen.
Sie können sich auch nicht auf einen Verstoß gegen die Hinweispflicht nach § 76 Abs. 2 FGO berufen. Denn das FG hatte durch den Anruf des Berichterstatters bei einem der Prozessbevollmächtigten auf seine Zweifel an der Klagebefugnis der Gesellschaft hingewiesen. Es kann auch dahinstehen, ob das Rubrum der Klage noch hätte berichtigt werden können. Denn die Bevollmächtigten haben eine solche Berichtigung nicht vorgenommen, obwohl sie nach dem Hinweis des Gerichts nahe gelegen hätte.
Aus dem behaupteten Verstoß gegen die Denkgesetze kann ein Verfahrensfehler im Übrigen nicht folgen, denn die Denkgesetze gehören nach ständiger Rechtsprechung dem materiellen Recht an (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 19. April 1999 I B 97/98, BFH/NV 1999, 1356; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, § 115 Anm. 29, jeweils m.w.N.).
b) Die Vorentscheidung weicht nicht von dem BFH-Beschluss vom 8. Oktober 1998 VIII B 61/98 (BFH/NV 1999, 291) ab. Dort hat der BFH in Fortführung seiner früheren Rechtsprechung entschieden, dass nach Vollbeendigung der Personengesellschaft allein die von dem angefochtenen Feststellungsbescheid betroffenen Gesellschafter einspruchs- und klagebefugt seien. Von diesem Rechtssatz ist das FG vorliegend ausdrücklich ausgegangen und hat zutreffend angenommen, dass nur die früheren Gesellschafter der OHG persönlich klagebefugt gewesen wären, also die Gesellschafter M und S.
Auch die geltend gemachte Divergenz gegen das BFH-Urteil vom 22. Oktober 1986 II R 118/84 (BFHE 148, 331, BStBl II 1987, 183) liegt nicht vor. Der dort beurteilte Sachverhalt unterscheidet sich wesentlich von dem Streitfall, worauf das FA zu Recht hingewiesen hat. Der BFH hatte den Rechtsstreit von Gesellschaftern einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gegen einen an die Gesellschaft gerichteten Grunderwerbsteuerbescheid zu beurteilen. Er erachtete die von den dortigen Klägern im eigenen Namen erhobene Klage als unzulässig, weil im Grunderwerbsteuerrecht der GbR steuerliche Rechtsfähigkeit zukomme; die GbR sei Steuerschuldnerin und damit selbst (steuerliches) Rechtssubjekt. Dies gilt jedoch nicht für die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung. Steuerschuldner sind insoweit die Gesellschafter; der Bescheid richtet sich inhaltlich an sie und nicht an die Gesellschaft.
c) Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung. Im Streitfall ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zu klären, ob an die Auslegung von Verwaltungsakten und Klageschriften unterschiedliche Kriterien angelegt werden dürfen. Denn vorliegend war nach der ausdrücklichen Klarstellung desjenigen, der Kläger sein soll, keine Auslegung der Klageschrift mehr vorzunehmen. Das FG hat sich vielmehr zutreffend an die Erklärung der fachkundigen Prozessbevollmächtigten gebunden gesehen.
Fundstellen