Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuerbescheid kein Grundlagenbescheid für ESt-Bescheid; Anforderungen an Verfahrensrügen bei NZB: Unrichtigkeit des Tatbestands, Nichtberücksichtigung des Akteninhalts, unterlassene Aussetzung des Verfahrens
Leitsatz (NV)
- Unrichtigkeiten im Tatbestand des finanzgerichtlichen Urteils sind nicht mit der Verfahrensrüge im Rechtsmittelverfahren, sondern mit dem Antrag auf Tatbestandsberichtigung beim FG geltend zu machen.
- Mängel der Beweiswürdigung des FG rechtfertigen grundsätzlich nicht die Zulassung der Revision wegen Verfahrensmangels.
- Der Körperschaftsteuerbescheid ist im Verhältnis zum Einkommensteuerbescheid kein Grundlagenbescheid i.S. von § 171 Abs. 10 AO 1977.
Normenkette
FGO §§ 74, 76, 96 Abs. 1, §§ 108, 115 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3; AO 1977 § 171 Abs. 10
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat keinen Verfahrensmangel in der gesetzlich geforderten Form bezeichnet. Anwendbar ist die Finanzgerichtsordnung (FGO) i.d.F. vor dem In-Kraft-Treten des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) ―FGO a.F.―, weil das angefochtene Urteil dem Kläger vor dem 1. Januar 2001 zugestellt worden ist (Art. 4 2.FGOÄndG).
1. Soweit der Kläger mit der Beschwerde vorträgt, das Finanzgericht (FG) habe den entscheidungserheblichen Sachverhalt im Tatbestand des angefochtenen Urteils zum Teil unzutreffend dargestellt, hätte er diesen Mangel in einem anderen Verfahren rügen müssen. Unrichtigkeiten im Tatbestand des finanzgerichtlichen Urteils sind nicht im Rechtsmittelverfahren beim Bundesfinanzhof (BFH), sondern grundsätzlich nur mit einem (fristgebundenen) Antrag auf Tatbestandsberichtigung (§ 108 FGO) beim FG geltend zu machen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 17. März 2000 VII B 1/00, BFH/NV 2000, 1125; vom 7. Mai 1999 IX B 20/99, BFH/NV 1999, 1369; vom 27. Oktober 1997 X B 203/95, BFH/NV 1998, 707; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 108 FGO Rz. 4 f.).
2. Nicht ausreichend bezeichnet i.S. von § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. ist auch die Rüge, das FG habe es pflichtwidrig unterlassen, die Akten des Strafverfahrens beizuziehen und den Zeugen X zu vernehmen (§ 76 FGO). Die Rüge der Verletzung der Amtsaufklärungspflicht ist nur dann zulässig erhoben, wenn mit der Beschwerde dargelegt wird, welche Tatsachenbehauptung aufklärungsbedürftig gewesen ist, welche Beweismittel zu welchen Beweisthemen das FG nicht ausgeschöpft hat, weshalb der Beschwerdeführer keine entsprechende Beweiserhebung beantragt hat oder weshalb sich dem FG die Beweiserhebung auch ohne einen entsprechenden Antrag hätte aufdrängen müssen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 28. Juli 1997 VIII B 68/96, BFH/NV 1998, 29, m.w.N.). Entsprechende Darlegungen enthält die Beschwerdeschrift nicht. Es fehlen insbesondere Ausführungen dazu, weshalb sich dem FG die Beiziehung der Strafakten oder die Vernehmung des Herrn X auch ohne entsprechende Beweisanträge hätte aufdrängen müssen.
3. Soweit der Kläger geltend macht, das FG habe bei seiner Annahme, der Kläger sei wirtschaftlicher Anteilseigner der Y-GmbH, den Inhalt des Protokolls vom 11. Dezember 1992 nicht berücksichtigt, rügt er sinngemäß eine Verletzung der Verpflichtung zur Entscheidung auf der Grundlage des Gesamtergebnisses des Verfahrens (§ 96 Abs. 1 FGO). Diese Rüge kann schon deshalb nicht durchgreifen, weil sich das FG in den Urteilsgründen ausdrücklich mit dem Inhalt dieses Schriftstücks auseinander gesetzt hat. Die Rüge des Klägers richtet sich der Sache nach gegen die Beweiswürdigung des FG; diese ist jedoch grundsätzlich einer Nachprüfung durch den BFH im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde und der Revision entzogen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 22. Juni 1999 X B 25/99, BFH/NV 1999, 1612). Das Revisionsgericht kann die Beweiswürdigung des FG nur daraufhin überprüfen, ob die Denkgesetze und allgemeinen Erfahrungssätze beachtet wurden. Soweit dem FG bei seiner Beweiswürdigung Verstöße gegen die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze unterlaufen sind, können diese nicht mit einer Verfahrensrüge nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO geltend gemacht werden, weil sie revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen sind (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 17. November 1997 VIII B 12/97, BFH/NV 1998, 608; vom 22. Juli 1999 VII B 19/99, BFH/NV 1999, 1635) .
4. Entsprechendes gilt für die Rüge des Klägers, das FG habe die von ihm eingereichten Nachweise über die Provisionszahlungen der Ehefrau des Klägers an die Z-Limited nicht ausreichend berücksichtigt.
5. Unschlüssig ist auch die Rüge, das FG habe es verfahrensfehlerhaft unterlassen, das Klageverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Einspruch der Y-GmbH gegen den Körperschaftsteuerbescheid 1992 auszusetzen. Die Entscheidung über die Aussetzung des Verfahrens nach § 74 FGO liegt grundsätzlich im Ermessen des FG. Eine Verpflichtung zur Aussetzung besteht ausnahmsweise dann, wenn im Klageverfahren über einen Folgebescheid eine Frage streitig ist, die im Verfahren über den noch nicht bestandskräftigen Grundlagenbescheid zu klären ist (vgl. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 74 Rz. 12, m.w.N.). Der Körperschaftsteuerbescheid ist jedoch im Verhältnis zum Einkommensteuerbescheid kein Grundlagenbescheid i.S. von § 171 Abs. 10 der Abgabenordnung (AO 1977). Ergeben sich zwischen dem für die Besteuerung der Kapitalgesellschaft zuständigen Finanzamt und der für die Einkommensteuerveranlagung der Anteilseigner zuständigen Finanzbehörde Meinungsverschiedenheiten über Grund und Höhe einer (verdeckten) Gewinnausschüttung, so ist darüber in dem jeweiligen Besteuerungsverfahren selbständig zu entscheiden (vgl. BFH-Urteil vom 27. Oktober 1992 VIII R 41/89, BFHE 170, 1, BStBl II 1993, 569, m.w.N.).
Im Übrigen sieht der Senat von einer Begründung dieses Beschlusses ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 779829 |
BFH/NV 2002, 1273 |