Grundsätzlich gelten für die Volljährigenadoption die Bestimmungen über die Adoption von Minderjährigen sinngemäß (§ 1767 Abs. 2 BGB). Die Voraussetzungen der Volljährigenadoption sind teilweise strenger, aber auch teilweise weniger streng als diejenigen der Minderjährigenadoption.[1] So ist nicht erforderlich, dass die Adoption dem Kindeswohl "dient". Es genügt eine sittliche Rechtfertigung für die Annahme (§ 1767 Abs. 1 BGB). Sie ist insbesondere dann gegeben, wenn bereits zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden ist, was bei der Annahme eines Pflegekindes, eines Stiefkindes und der Kettenadoption der Fall ist. Besteht noch kein Eltern-Kind-Verhältnis, kommt es darauf an, ob eine starke innere Verbundenheit gegeben ist. Es genügt, wenn bei objektiver Betrachtung der bestehenden Bindungen und ihrer Entwicklungsmöglichkeiten zu erwarten ist, dass sich eine dem Alter der Beteiligten entsprechende Eltern-Kind-Beziehung noch ausbilden wird.[2] Besondere Bedeutung kommt hierbei der Bereitschaft zu gegenseitigem Beistand zu. Auch im natürlichen Eltern-Kind-Verhältnis steht mit fortschreitendem Alter das Bedürfnis nach Fürsorge des Annehmenden im Vordergrund.[3]

3.1.1 Erbschaftsteuerliche und erbrechtliche Gründe

In der Praxis hat die Erwachsenenadoption meist erbschaftsteuerliche Gründe; es handelt sich um ein vielfach empfohlenes Instrument der Nachlassplanung.[1] Weitere Gründe sind die Reduzierung unerwünschter Pflichtteilsansprüche, die Schaffung eines "Abkömmlings", wenn in einem Testament oder Erbvertrag ein solcher, z. B. als Nacherbe, bestimmt wurde und keine Einschränkung auf leibliche Abkömmlinge erfolgt ist, Nachfolgeregeln in Gesellschaftsverträgen, die nur rechtliche Kinder als Unternehmensnachfolger zulassen, sowie die Weitergabe eines "wohlklingenden Namens" (Adelsprädikat). Schließlich können durch die Volljährigenadoption mit "starken" Wirkungen drohende Unterhaltsansprüche leiblicher Eltern beseitigt werden. Umgekehrt droht allerdings das Risiko der Unterhaltspflicht gegenüber den Adoptiveltern, wenn diese im Alter z. B. Pflegefall werden.[2]

[1] Becker, ZEV 2009 S. 25 ff.
[2] Vgl. Muscheler, Familienrecht, 4. Auflage 2017, Rz. 723.

3.1.2 Gründe zur Untersagung einer Adoption

Die oben genannte Motivpalette zeigt, dass die Absicht, eine Eltern-Kind-Beziehung herzustellen, nicht stets bei sämtlichen Beteiligten vorliegt.[1] Deshalb haben die Gerichte eine Erwachsenenadoption untersagt

  • bei vorangegangenen sexuellen Beziehungen[2],
  • zur ausschließlich bezweckten Fortführung eines Adelsnamens[3],
  • bei einer hauptsächlich steuerlich motivierten Annahme[4],
  • bei Bestehen lediglich freundschaftlicher und verwandtschaftlicher Beziehungen,
  • bei bloßer Sicherung von Pflegeleistungen[5]

    ,

  • bei Unterstützungsleistungen auf Grundlage eines "450-Euro-Vertrages"[6]

    ,

  • bei im Vordergrund stehender finanzieller Absicherung des Anzunehmenden[7]
  • sowie beim Schutz vor einer drohenden Ausweisung.[8]

Erforderlich ist auch bei der Volljährigenadoption ein angemessener Altersabstand zwischen Annehmendem und Anzunehmendem.[9] Umstritten ist, ob die Adoption von Ehegatten möglich ist, obwohl diese dadurch Geschwister werden.[10]

Die Adoption eines Ex-Schwiegerkindes ist dann sittlich gerechtfertigt, wenn die Schwägerschaftsbeziehung die Ehe überdauert hat und eine vom Kind des Annehmenden unabhängige Beziehung zwischen den Beteiligten entstanden ist.[11]

Eine Adoption des Schwiegerkindes durch den Schwiegerelternteil soll zulässig sein.[12]

Auch mit einer langjährigen Hausangestellten kann ein Eltern-Kind-Verhältnis entstehen.[13]

Schließlich kann eine Erwachsenenadoption der Nichte gerechtfertigt sein.[14]

Die sittliche Rechtfertigung der Volljährigenadoption ist Gegenstand einer umfassenden Würdigung der Umstände des Einzelfalls. Das Eltern-Kind-Verhältnis muss dem durch die natürliche Abstammung geschaffenen familiären Band ähneln. Nebenzwecke (z. B. steuerliche Motive) schließen familienbezogene Zwecke, die überwiegen müssen, nicht aus. Verbleiben begründete Zweifel ist die Adoption abzulehnen.[15]

Der Annahme dürfen keine überwiegenden Interessen der Kinder der Beteiligten entgegenstehen (§ 1769 BGB). Eine Anhörung der betroffenen Kinder ist zwingend erforderlich.[16] Vielfach wenden sich leibliche Kinder gegen die Hinzuadoption eines volljährigen Kindes, da ihr Erbrecht und damit auch ihre Pflichtteilsansprüche geschmälert werden. Anders als bei...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Basic. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge