Tz. 10

Stand: EL 133 – ET: 08/2023

Der Begriff der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit i. S. d. UStG geht über den Begriff des Gewerbebetriebes nach dem EStG und dem GewStG hinaus (s. BFH vom 05.09.1963, BStBl III 1963, 520). Es handelt sich um einen eigenen umsatzsteuerlichen Unternehmerbegriff, der letztlich auf Art. 9 MwStSystRL zurückgeht. Die MwStSystRL definiert allerdings nicht den Unternehmer, sondern den "Steuerpflichtigen", der eine "wirtschaftliche Tätigkeit ausübt". Als "wirtschaftliche Tätigkeit" gelten alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe. Hieraus leitet der deutsche Gesetzgeber ab, gewerblich oder beruflich sei jede nachhaltige Tätigkeit, die ein Verband/Verein zur Erzielung von Einnahmen ausübt. Die Absicht, bei dieser Tätigkeit Gewinne zu erzielen, ist nicht erforderlich (s. § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG, Anhang 5) und s. Abschn. 2.3 Abs. 1ff. UStAE.

Aufgrund dieses weit auszulegenden Unternehmerbegriffs kann man davon ausgehen, dass fast jeder Verband/Verein Unternehmer ist, weil er außer dem ideellen/steuerneutralen Bereich/Privatbereich mindestens Zweckbetriebe unterhält und Zweckbetriebe dem unternehmerischen Bereich zuzuordnen sind. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Verband/Verein Leistungen erbringt und dafür eine Gegenleistung (Geldzahlung oder eine andere Leistung des Leistungsempfängers) erhält. Damit ist also auch der Tausch umsatzsteuerlich relevant. Allerdings reicht der bloße Erhalt eines Entgelts für sich allein noch nicht aus, einer Tätigkeit wirtschaftlichen Charakter zu verleihen, vielmehr muss das Element der Nachhaltigkeit (sogleich) dazutreten, s. Urteil des EuGH C-520/14 (Gemeente Borsele) vom 12.05.2016, MwStR 2016, 492.

 

Hinweis:

Im Rahmen der Prüfung, ob eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit vorliegt, sollte stets davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber grundsätzlich sämtliche Tätigkeiten erfassen wollte, die gegen Entgelt erbracht werden können. Hierbei sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt: selbst das Unterlassen einer Tätigkeit kann als solches der Umsatzsteuer unterfallen, wenn hierfür Geld gezahlt wird oder eine andere (Gegen-)leistung erbracht wird. Es empfiehlt sich daher, "großzügig" eher vom Vorliegen einer umsatzsteuerbaren Handlung – d. h. einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit – auszugehen, als diese abzulehnen.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Reuber, Die Besteuerung der Vereine. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge