Tz. 22

Stand: EL 110 – ET: 02/2019

Anders als die vorgenannten Vorschriften ermöglicht § 30 OWiG die Verhängung von Sanktionen gegen einen Verband (juristische Person, nicht rechtsfähiger Verein, rechtsfähige Personengesellschaft), wenn eine Leitungsperson als Organ eine Pflicht des Verbandes verletzt oder in der Absicht gehandelt hat, diesen zu bereichern. Zwischen der Vorschrift und der die Verletzung der Aufsichtspflicht im Unternehmen sanktionierenden Regelung des § 130 OWiG sowie der Zurechnungsnorm des § 9 OWiG besteht ein enger Zusammenhang.

 

Tz. 23

Stand: EL 110 – ET: 02/2019

Der Tatbestand sieht vor, dass jemand

  • als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs,
  • als Vorstand eines nicht rechtsfähigen Vereins oder als Mitglied eines solchen Vorstandes,
  • als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft,
  • als Generalbevollmächtigter oder in leitender Stellung als Prokurist oder Handlungsbevollmächtigter einer juristischen Person oder einer der vorgenannten Personenvereinigung oder
  • als sonstige Person, die für die Leitung des Betriebs oder Unternehmens einer juristischen Person oder einer der vorgenannten Personenvereinigung verantwortlich handelt (wozu auch die Überwachung der Geschäftsführung oder die sonstige Ausübung von Kontrollbefugnissen – d. h. regelmäßig der Aufsichtsrat), gehört,

eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit begeht. Durch die Straftat oder Ordnungswidrigkeit müssen Pflichten verletzt werden, welche die juristische Person oder die Personenvereinigung treffen, oder eine Bereicherung der juristischen Person oder der Personenvereinigung erreicht oder zumindest beabsichtigt werden.

 

Tz. 24

Stand: EL 110 – ET: 02/2019

Einen Hauptanwendungsfall der Pflichtverletzung stellt die Aufsichtspflichtverletzung nach § 130 OWiG dar. Häufig besteht ein Bedürfnis, den Personenverband wegen organisatorischer Mängel selbst zu belangen und nicht nur eine – idR erheblich geringere – Geldbuße gegen den Betriebsinhaber zu verhängen, s. Niesler in Graf/Jäger/Wittig, § 30 OWiG Rn. 39.

 

Tz. 25

Stand: EL 110 – ET: 02/2019

Zur Verhängung einer Geldbuße ist es nicht erforderlich, dass der Täter individualisiert werden kann, wenn nur feststeht, dass die Anknüpfungstat von einem tauglichen Tätigen begangen wurde. Zudem ist es nicht erforderlich, festzustellen, wer von mehreren in Frage kommenden Verantwortlichen die Aufsichtspflicht gem. § 130 OWiG verletzt hat. Notwendig ist allein die Feststellung, dass ein i. S. von § 30 OWiG Verantwortlicher die Zuwiderhandlung vorwerfbar begangen hat, s. Niesler in Graf/Jäger/Wittig, § 30 OWiG Rn. 55.

 

Tz. 26

Stand: EL 110 – ET: 02/2019

Bei Verwirklichung des Tatbestandes kann gegen den Verein als solchen eine Geldbuße verhängt werden (§ 30 Abs. 2 OWiG).

Hinweis:

Die Verbandsgeldbuße wird also gegen die jeweilige rechtliche Einheit festgesetzt, nicht gegen eine handelnde Person wie in § 130 OWiG. Es empfiehlt sich, um etwaige nachteilige Folgen zu verhindern, mit der Ahndungsbehörde abzustimmen, ob statt der Verhängung einer Geldbuße – diese kann über den Eintrag im Gewerbezentralregister, durch den möglicherweise eine Sperrung im Hinblick auf die Vergabe öffentlicher Aufträge eintritt – ein Verfall gem. § 29a OWiG (Einziehung des Wertes von Taterträgen) in Betracht kommt.

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