Tz. 4

Stand: EL 123 – ET: 09/2021

Die Finanzverwaltung hat in früherer Auffassung eine sog. Geprägetheorie entwickelt, wonach das Überwiegen des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs die Selbstlosigkeit tangiert. Soweit also der Umfang des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs die Tätigkeiten im ideellen Bereich, in der Vermögensverwaltung oder im Bereich der Zweckbetriebe überwog, tangierte dies nach Auffassung der Finanzverwaltung die Gemeinnützigkeit. Der BFH hatte jedoch bereits im Urteil vom 15.07.1988 (BStBl II 2002, 162) ausgeführt, dass in § 64 AO (steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe; vgl. Anhang 1b) die Genehmigung zur Führung eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs enthalten sei und dass dieser deshalb die Selbstlosigkeit auch bei Übersteigen der Gewichtigkeitsgrenzen nicht ausschließen könne. Der BFH ging weiter und führte aus, dass auch eine zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit des Betriebs erforderliche Thesaurierung nicht den Schluss zulasse, dass die Tätigkeit nicht mehr selbstlos sei. Der BFH geht mehr oder weniger davon aus, dass der steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetrieb Mittel zum Zweck, nämlich zur Mittelbeschaffung für die steuerbegünstigten Zwecke ist. Die Finanzverwaltung hat im BMF-Schreiben vom 15.02.2002 (BStBl I 2002, 267) aber weiterhin an ihrer Auffassung festgehalten.

Der BFH hat aber in seinem weiteren Urteil vom 04.04.2007 (BStBl. 2007 II 631) am Beispiel einer Forschungseinrichtung erneut entschieden, dass ein Überwiegen des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nicht zur Verletzung der Gemeinnützigkeit führen kann.

 

Tz. 5

Stand: EL 123 – ET: 09/2021

Mit BMF-Schreiben vom 17.01.2012 hat die Finanzverwaltung die Geprägetheorie aufgegeben und die bisherige Nr. 2 im AEAO zu § 55 AO ersatzlos gestrichen.

Im AEAO Nr. 1 zu § 56 AO (Anhang 2) ist nunmehr ausdrücklich geregelt, dass die Unterhaltung eines Nicht-Zweckbetriebs gemeinnützigkeitsunschädlich sei, wenn dieser um des steuerbegünstigten Zweckes Willen unterhalten wird, indem dieser zum Beispiel der Beschaffung von Mitteln zur Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke dient. AEAO Nr. 1 zu § 56 AO (Anhang 2) regelt zudem, dass bei einer Förderkörperschaft, die zur Mittelbeschaffung ausschließlich einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält und alle Überschüsse satzungskonform weitergibt, dies ebenfalls gemeinnützigkeitsunschädlich geschieht.

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