Tz. 35

Stand: EL 134 – ET: 11/2023

Soweit ein Verein zur Erfüllung ihrer den Gesamtbelangen sämtlicher Mitglieder dienenden satzungsgemäßen Gemeinschaftszwecke tätig wird und dafür echte Mitgliedsbeiträge erhebt, die dazu bestimmt sind, ihr die Erfüllung dieser Aufgaben zu ermöglichen, fehlt es grundsätzlich an einem Leistungsaustausch. Erbringt die Vereinigung dagegen Leistungen, die den Sonderbelangen der einzelnen Mitglieder dienen, und erhebt sie dafür Beiträge entsprechend der tatsächlichen oder vermuteten Inanspruchnahme ihrer Tätigkeit, liegt ein Leistungsaustausch vor (Abschn. 1.4 Abs. 1 UStAE).

 

Tz. 36

Stand: EL 134 – ET: 11/2023

Problematisch sind jedoch die Vereine, die ihre Tätigkeit überwiegend gegenüber ihren Mitgliedern erbringen. Dazu zählen insbesondere die Sportvereine.

Zu Sportvereinen hat nämlich der EuGH in der Rs. "Kennemer Golf & Country Club" entschieden (EuGH vom 21.03.2002, UR 2002, 320), dass Sportvereine bereits durch die Zurverfügungstellung ihrer Sportanlagen an ihre Mitglieder Leistungen erbringen, die durch die Zahlung der Mitgliedsbeiträge vergütet werden. D.h. die Mitgliedsbeiträge der Mitglieder eines Sportvereins sind als pauschalierte Leistungsentgelte für die Leistung des Sportvereins auf dauerhafte Nutzung der Sportstätten zu beurteilen.

Entsprechend wurde diese Rechtsprechung vom BFH (z. B. BFH vom 20.03.2014, BFH/NV 2014, 1470 m. w. N.) übernommen und die darin festgelegten Grundsätze sowohl bei Sportvereinen als auch anderen – die Mitglieder fördernden – Vereinen angewendet.

Danach hat der BFH festgestellt, dass Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL durch die Regelung des § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG (Anhang 5) nur unzureichend umgesetzt wurde. Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL befreien die Mitgliedstaaten die "in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben". Diese Regelung ist weiter gefasst als § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG (Anhang 5), so dass es insbesondere bei der Überlassung von Sporteinrichtungen bzw. Sportgeräten dazu kommen kann, dass – unter Berufung auf die EuGH-Rechtsprechung die Mitgliedsbeiträge umsatzsteuerbar werden und – mangels Befreiung nach § 4 Nr. 22 UStG (Anhang 5) nicht von der Umsatzsteuer befreit sind. Ein Steuerpflichtiger hat dann jedoch das Recht sich auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL zu berufen, wenn er für seine Umsätze – die unter Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL fallen müssen – eine Umsatzsteuerbefreiung erreichen möchte.

Der Gesetzgeber ignoriert bisher die Rechtslauffassung der obersten Gerichte und setzt Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL weiterhin nur unvollständig in das deutsche Recht um.

Auch die Finanzverwaltung hält an der – von ertragsteuerlichen Ansichten geprägten – Aufteilung von echten und unechten Mitgliedsbeiträgen fest und verlangt konkrete Sonderleistungen, um einen Leistungsaustausch annehmen zu können (Abschn. 1.4 UStAE).

Das hat zur Folge, dass die Sportvereine derzeit wählen können, wie sie ihre Beiträge behandeln. Folgen sie der Auffassung der Finanzverwaltung, sind die Beiträge ohne konkrete Gegenleistung gar nicht steuerbar.

Folgen die Stpfl. der Auffassung der Rechtsprechung, sind die erhaltenen Mitgliedsbeiträge umsatzsteuerbar und, soweit nicht eine Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL beantragt wird, auch umsatzsteuerpflichtig. Gerade bei größeren Investitionen in die Sportanlagen könnte die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs ein Grund dafür sein, sich unter Berufung auf die EuGH- und BFH-Rechtsprechung für die Steuerbarkeit der Mitgliedsbeiträge zu entscheiden. Wenn auf die Anwendung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL verzichtet wird, wäre die Umsatzsteuer auf die Beiträge an das Finanzamt abzuführen, daneben könnte jedoch ein Vorsteuerabzug aus den getätigten Investitionen vorgenommen werden.

 

Hinweis

Wer sich auf die Entgeltlichkeit seiner Beiträge berufen möchte, also nicht der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung folgen möchte, sollte sich jedoch im Vorfeld gründlich über die steuerlichen Folgen und Risiken informieren und sich steuerlich beraten lassen.

 

Tz. 37

Stand: EL 134 – ET: 11/2023

Liegen teilweise unechte Mitgliedsbeiträge vor, sind diese Entgelte insoweit steuerbar.

Sie können aber unter Anwendung der gesetzlichen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes steuerfrei oder steuerpflichtig sein.

Soweit die unechten Mitgliedsbeiträge – mangels Befreiung nach § 4 UStG (Anhang 5) – der Umsatzsteuer unterliegen, ist – je nach Zuordnung der Umsätze zu einem Zweckbetrieb oder steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb folgender Steuersatz anzuwenden:

Vgl. BFH vom 12.04.1962, BStBl III 1962, 260; vom 05.12.1968, BStBl III 1968, 302.

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