Tz. 4

Stand: EL 113 – ET: 09/2019

Wie gerade ausgeführt enthält das deutsche Umsatzsteuerrecht in § 12 Abs. 2 UStG (Anhang 5) eine Auflistung von Fallgruppen, in denen der ermäßigte 7 %-ige Umsatzsteuersatz zur Anwendung gelangt. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG (Anhang 5) gilt der ermäßigte Steuersatz für Leistungen gemeinnütziger Körperschaften (also auch gemeinnütziger Vereine). Ausgenommen sind lediglich die Leistungen aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb sowie Leistungen aus dem Zweckbetrieb, wenn dieser bestimmte in § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG (Anhang 5) genannte Negativvoraussetzungen (hierzu sogleich unter II) erfüllt.

 

Tz. 5

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Aus der Vorschrift ergibt sich also für die Praxis, dass der gemeinnützige Verein grundsätzlich alle Umsätze im Zweckbetrieb und im Rahmen der Vermögensverwaltung zum ermäßigten Steuersatz erbringen kann. Ausschließlich im (ertragsteuerpflichtigen) wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erbrachte Ausgangsumsätze sind mit 19 % zu versteuern.

Hinweis:

Sonstige Bereiche, in denen es zu entgeltlichen Ausgangsumsätzen kommt, existieren beim gemeinnützigen Verein nicht. Vielmehr sind dies alleine die Vermögensverwaltung (z. B. Vermietungen), der (ertragsteuerpflichtige) wirtschaftliche Geschäftsbetrieb und der (ertragsteuerlich begünstigte) Zweckbetrieb. Im ideellen Bereich im Übrigen (z. B. Mitgliederverwaltung) kommt es nicht zu entgeltlichen Umsätzen. Den Sonderfall stellen aber die Mitgliedsbeiträge nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und des deutschen Bundesgerichtshofes dar: Beide Gerichte sehen die Mitgliedsbeiträge als Entgelt für die Zurverfügungstellung der Infrastruktur (z. B. Tennis- oder Golfplatz) zur Benutzung durch die Mitglieder an. Damit unterfallen die Mitgliedsbeiträge auch der Umsatzsteuer. Es muss dann geprüft werden, ob der reguläre Umsatzsteuersatz (19 %) oder der ermäßigte Steuersatz (7 %) anzuwenden ist (vgl. hierzu unter II).

 

Tz. 6

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Diese sich aus dem deutschen Umsatzsteuergesetz ergebende Rechtslage stimmt aber nicht mit der europarechtlichen Rechtsgrundlage überein. Bei der Umsatzsteuer handelt es sich um die (bislang) einzige europaweit vereinheitlichte Steuer (lediglich die Höhe der Steuersätze variiert in den einzelnen Mitgliedstaaten der EU). Die europarechtliche Rechtsgrundlage für die Umsatzsteuer stellt die sog. Europäische Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) dar.

 

Tz. 7

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Nach Art. 97 MwStSystRL wenden die Mitgliedstaaten einen Normalsteuersatz an, der mindestens 15 % betragen muss. Deutschland wendet den regulären Steuersatz i. H. v. 19 % an. Art. 98 Abs. 1 MwStSystRL bestimmt, dass die Mitgliedstaaten einen oder zwei ermäßigte Steuersätze anwenden können. Nach Art. 98 Abs. 2 MwStSystRL sind die ermäßigten Steuersätze aber nur auf die Lieferungen von Gegenständen und die Dienstleistungen der in Anhang III zur MwStSystRL genannten Kategorien anwendbar.

Hinweis:

Die europäischen Mitgliedstaaten sind also nicht frei in ihrer Entscheidung, auf welche Umsätze sie den ermäßigten Umsatzsteuersatz anwenden. So darf Deutschland ebenfalls nur die Umsätze mit dem ermäßigten 7 %-igen Umsatzsteuersatz belegen, die im Anhang III der MwStSystRL ausdrücklich aufgeführt werden. Belegt Deutschland daneben weitere, nicht dort genannte Umsätze mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz, stellt dies einen Verstoß gegen europäisches Recht dar.

 

Tz. 8

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Nach Nr. 15 des Anhangs III zu Art. 98 MwStSystRL kann der ermäßigte Umsatzsteuersatz angewandt werden auf Lieferungen von Gegenständen und Erbringung von Dienstleistungen durch von den Mitgliedstaaten anerkannte gemeinnützige Einrichtungen für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit, soweit sie nicht ohnehin schon nach anderen Regelungen von der Umsatzsteuer befreit sind.

 

Tz. 9

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Es zeigt sich, dass in dem in Anhang III zu Art. 98 MwStSystRL enthaltenen Verzeichnis der Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, auf die ermäßigte MwSt-Sätze gem. Art. 98 angewandt werden, nicht bestimmt wird, dass der ermäßigte Umsatzsteuersatz für sämtliche gemeinnützige Einrichtungen gilt. Ebenso wenig besagt dieses, dass die Ermäßigung auf sämtliche Bereiche (Zweckbetrieb, Vermögensverwaltung) anzuwenden ist. Vielmehr ist der Anwendungsbereich der MwStSystRL viel enger. Der ermäßigte Umsatzsteuersatz greift nur bei Lieferungen und Dienstleistungen gemeinnütziger Körperschaften (auch bei Vereinen) für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit. Fördert etwa ein gemeinnütziger Verein den Sport, dürften seine Umsätze hiernach nicht dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterfallen, weder in der Vermögensverwaltung noch im Zweckbetrieb.

 

Tz. 10

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Es besteht somit die Problematik, dass das deutsche Umsatzsteuerrecht von seiner europarechtlichen Ermächtigungsgrundlage abweicht. In entsprechenden Fällen besteht stets das Risiko, dass Deutschlan...

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