Steuerliche Berücksichtigung von Zuzahlungen für Bereitschaftsdienste
Hintergrund: Arbeitsvertragliche Regelung zum Bereitschaftsdienst
Die Klägerin (K) betreibt Fachkliniken in der Rechtsform einer GmbH und bezahlte seit langem Vergütungen für ärztlichen Bereitschaftsdienst.
Die Ärzte waren arbeitsvertraglich zum Bereitschaftsdienst verpflichtet, der laut Dienstplan an Wochentagen vom Ende der regulären Arbeitszeit bis zum Beginn der regulären Arbeitszeit am Folgetag dauerte; an Samstagen, Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen dauerte der Bereitschaftsdinest jeweils 24 Stunden. Die vereinbarten Pauschalen für den geleisteten Breitschaftsdienst rechnete K in einen Stundensatz um und behandelte diesen Stundenlohn als steuerfreien Zuschlag nach § 3b EStG. Nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung sah das Finanzamt die Voraussetzungen für die Annahme von steuerfreien Zuschlägen nicht als gegeben an und forderte die zu wenig gezahlte Lohnsteuer nach. Einspruch und Klage den Nachforderungsbescheid blieben erfolglos.
Entscheidung: Generell erhöhte Entlohnung
Der BFH wies die Revision der K als unbegründet zurück. Nach § 3b Abs. 1 Satz 1 EStG sind neben dem Grundlohn gewährte Zuschläge nur dann steuerfrei, wenn sie für tatsächlich gezahlte Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlt worden sind. Dies setzt grundsätzlich Einzelaufstellungen der tatsächlich erbrachten Arbeitsstunden an Sonntagen, Feiertagen oder zur Nachtzeit voraus (BFH, Urteile v. 28.11.1990, VI R 90/87, Haufe Index 63160, und v. 8.12.2011, VI R 18/11, Haufe Index 2903650).
K hat nach den Feststellungen des Finanzgerichts hingegen die Zusatzzahlungen allgemein, also ohne Rücksicht darauf vergütet, ob der Bereitschaftsdienst an Samstagen, Sonntagen oder Feiertagen erbracht worden worden waren. Damit wurden gerade nicht die besonderen Erschwernisse und Belastungen finanziell ausgeglichen, die mit einer Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit verbunden sind, sondern die Bereitschaftsdienstzeiten allgemein mit einer Zusatzvergütung bedacht. Derartige Zusatzvergütungen sind aber keine steuerfreien Zuschläge i.S. des § 3b EStG, sondern haben den Charakter einer generell erhöhten Entlohnung (BFH, Urteil v. 24.11.1989, VI R 92/88, Haufe Index 2903650).
Hinweis:
Im vorliegenden Fall ist K als Arbeitnehmerin ihrer Verpflichtung nach § 41a Abs. 1 EStG zur Einbehaltung, Anmeldung und Abführung der Lohnsteuer in der nach dem Gesetz geschuldeten Höhe nicht nachgekommen, weil sie zu Unrecht Teile der Löhne als steuerfrei angesehen hat. Das Finanzamt konnte deshalb gemäß § 155 i.V.m. § 167 Abs. 1 Satz 1 AO einen Lohnsteuernachforderungsbescheid gegenüber K erlassen. Bei diesem Nachforderungsbescheid handelt es sich um eine behördliche Änderung der Steueranmeldung der K und damit um eine Steuerfestsetzung. Deshalb musste das Finanzamt auch nicht - wie beim Erlass eines Haftungsbescheids über Lohnsteuer gegen den Arbeitgeber nach § 42d EStG - Ermessenserwägungen dahingehend ausüben, ob es die geschuldete Lohnsteuer etwa dadurch "nachfordern" kann, dass es gegen die einzelnen Arbeitnehmer geänderte Einkommensteuerbescheide erlässt (vgl. dazu BFH, Urteil v. 17.5.1985, VI R 137/82, Haufe Index 61069), zur Inanspruchnahme des Arbeitnehmers durch Einkommensteueränderungsbescheid).
BFH, Urteil v. 29.11.2016, VI R 61/14, veröffentlicht am 8.3.2017
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