Vorsteuerabzug für privat genutzten Gebäudeteil

Wird ein von einer GmbH bebautes Grundstück teilweise dem Geschäftsführer zu Wohnzwecken überlassen, scheidet ein Vorsteuerabzug für den Wohnteil aus, wenn dieser steuerfrei vermietet wurde.

Hintergrund

Zu entscheiden war, ob die auf die Herstellungskosten eines Gebäudes entfallende USt insgesamt als Vorsteuer abgezogen werden kann, wenn das Gebäude vom Gesellschafter-Geschäftsführer teils zu privaten Wohnzwecken genutzt wird.

Die X-GmbH erbrachte im Streitjahr 2003 steuerpflichtige EDV-Leistungen. Im Streitjahr begann sie ein Einfamilienhaus zu errichten, das ab Mai 2004 vom Gesellschafter-Geschäftsführer A und dessen Familie teilweise zu Wohnzwecken und ab Juni 2004 auch für die unternehmerische Tätigkeit der GmbH genutzt wurde. A war nach seinem Anstellungsvertrag zur privaten Nutzung berechtigt.

Die GmbH zog für 2003 die auf die Herstellungskosten des Gebäudes entfallenden Vorsteuerbeträge insgesamt ab. Das FA versagte den auf die private Nutzung (55 %) entfallenden anteiligen Vorsteuerabzug. Das FG wies die darauf erhobene Klage ab. Auf die Revision hob der BFH das FG-Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück. Denn das FG habe keine Feststellungen zur Dokumentation einer Zuordnungsentscheidung der GmbH hinsichtlich des Wohnteils zum Unternehmen getroffen.

Das FG wies die Klage auch im zweiten Rechtsgang ab. Zwar habe die GmbH in den USt-Voranmeldungen eine Zuordnungsentscheidung zum Unternehmen rechtzeitig dokumentiert. Gleichwohl seien die auf den privat genutzten Teil entfallenden Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, da insoweit eine steuerfreie Vermietung durch die GmbH an A beabsichtigt gewesen sei. Mit ihrer dagegen erhobenen Revision wandte die GmbH ein, die Wohnung sei unentgeltlich und nicht aufgrund eines Mietvertrags oder einer als Sachleistung bestehenden Gehaltserhöhung entgeltlich überlassen worden.

Entscheidung

Die GmbH wäre nur dann zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt, wenn sie das Gebäude insgesamt für steuerpflichtige Ausgangsumsätze zu verwenden beabsichtigt hätte. Das ist jedoch nicht der Fall, da sie mit der Überlassung zu Wohnzwecken steuerfreie Vermietungsleistungen erbrachte. Es liegt eine entgeltliche Vermietung an A vor. Denn eine im Anstellungsvertrag vereinbarte Wohnungsüberlassung durch den Arbeitgeber an seinen Arbeitnehmer wird regelmäßig als Gegenleistung für die Arbeitsleistung erbracht. Dem steht im Streitfall nicht entgegen, dass A die Räume "unentgeltlich" nutzen durfte. Da eine Arbeitsleistung im Wirtschaftsleben stets vergütet wird, war davon ausgehen, dass die Wohnungsüberlassung das Geschäftsführergehalt erhöht hat und die Nutzungsüberlassung folglich in unmittelbarem Zusammenhang mit der Arbeitsleistung stand.

Da somit eine steuerfreie Vermietung der GmbH an A vorliegt, sind die auf die Herstellung des Gebäudes entfallenden Vorsteuerbeträge nur insoweit abziehbar, als sie mit steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen in Zusammenhang stehen (§ 15 Abs. 4 Satz 1 UStG). Der auf die private Gebäudenutzung (55 %) entfallende anteilige Vorsteuerbetrag ist somit nicht abziehbar. Der BFH wies daher die Revision der GmbH als unbegründet zurück.

Hinweis

Die ertragsteuerliche Einordnung der Nutzungsüberlassung ist für die USt nicht bindend. Die Annahme eines geldwerten Vorteils im Rahmen der ESt begründet daher nicht bereits die Entgeltlichkeit der Nutzungsüberlassung. Auch die Annahme einer unentgeltlichen Überlassung aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses war im Streitfall ausgeschlossen, da die Nutzungsüberlassung im Anstellungsvertrag geregelt war. Allerdings könnte bei einer Überlassung in der Eigenschaft als Gesellschafter - was hier nicht vorliegt - eine unentgeltliche Wertabgabe vorliegen, die nicht zum Ausschluss des Vorsteuerabzugs führen würde. Denn die private Nutzung eines Gegenstands durch den Unternehmer kann mangels einer Entgeltzahlung nicht zu einer entgeltlichen Leistung (z.B. Vermietung) führen. Die private Nutzung wäre dann - anders als im Streitfall - nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG zu versteuern.

Das Urteil betrifft einen Fall vor Abschaffung des sog. Seeling-Modells zum 1.1.2011 durch § 15 Abs. 1b UStG n.F. Voraussetzung für die Anwendung des mit der EuGH-Rechtsprechung geschaffenen Steuerstundungsmodells war die vollständige Zuordnung des gemischt-genutzten Gebäudes zum Unternehmensvermögen (EuGH v. 8.5.2003, C-269/00, BStBl II 2004, 378). Nach der Neuregelung ist der Vorsteuerabzug nur noch hinsichtlich des unternehmerisch genutzten Gebäudeteils möglich.

BFH, Urteil v. 18.2.2016, V R 23/15, veröffentlicht am 4.5.2016