Vorbehalte in Bezug auf eine Pensionszusage steuerschädlich

Enthält eine Pensionszusage einen Vorbehalt, nach dem die Pension gemindert oder entzogen werden kann, ist die Bildung einer Rückstellung steuerrechtlich nur zulässig, wenn der Vorbehalt ausdrücklich einen nach der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannten, eng begrenzten Tatbestand normiert, der nur ausnahmsweise eine Minderung oder einen Entzug der Pensionsanwartschaft oder Pensionsleistung gestattet.

Hintergrund: Unklarheiten bei einer Pensionszusage

Streitig war die Anerkennung von Pensionsrückstellungen nach § 6a EStG für die Streitjahre 2004 bis 2007. 

Die X-KG führte in 2003 eine betriebliche Altersversorgung mit Gehaltsumwandlung in Form der Direktzusage für ihre Mitarbeiter ein. Die Höhe der Versorgungsleistung ergibt sich nach einer Betriebsvereinbarung aus sog. Versorgungsbausteinen, die aus einer "Transformationstabelle" (beruhend auf einer dort nicht genannten mathematischen Formel, unter Berücksichtigung einer Verzinsung und biometrischer Faktoren) abgeleitet werden können.

Die Betriebsvereinbarung enthält den Vorbehalt, dass die Transformationstabelle und der Zinssatz von der KG einseitig durch eine nachfolgende Transformationstabelle unter Beachtung der Wertgleichheit ersetzt werden können. Die Ersetzung war erstmals möglich mit Ablauf des 31.12.2007.

Wegen dieses Vorbehalts anerkannte das FA die Rückstellungen nur teilweise an (2004: 40%, 2005: 50%, 2006, 2007: 60%).

Mit dem FA sah auch das FG sah den Vorbehalt als steuerschädlich an und wies die Klage ab.

Entscheidung: Schädlicher Vorbehalt

Der BFH bestätigt das FG-Urteil. Der Vorbehalt verhindert eine (weiter gehende) Rückstellungsbildung. Wegen des dem Arbeitgeber (X-KG) eingeräumten freien Ermessens kann die Rückstellung nicht anerkannt werden. Dem steht nicht entgegen, dass nach der Betriebsvereinbarung die Transformationstabelle erstmals nach Ablauf des 31.12.2007 ersetzt werden konnte.

Vermeidung von Unklarheiten

Der Gesetzeszweck des § 6a EStG besteht darin, Unklarheiten hinsichtlich der maßgeblichen Faktoren für die Bildung einer Pensionsrückstellung zu vermeiden.  Deshalb ist § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG dahin zu verstehen, dass die Bildung einer Rückstellung steuerrechtlich nur dann zulässig sein soll, wenn ein mit der Pensionszusage verbundener Vorbehalt positiv (also ausdrücklich) einen nach der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannten, eng begrenzten Tatbestand normiert, der nur ausnahmsweise eine Minderung oder einen Entzug der Pensionsanwartschaft oder Pensionsleistung gestattet. Denn ein solcher Vorbehalt hat kein allgemein lastminderndes Gewicht.

Unzulässigkeit eines beliebigen Widerrufsvorbehalt

Uneingeschränkte Widerrufsvorbehalte oder Vorbehalte, deren Zuordnung oder arbeitsrechtliche Anerkennung nicht von vorneherein eindeutig zu bejahen ist, sind daher schädlich. Für diese Auslegung sprechen auch Gesichtspunkte der Praktikabilität und der Rechtssicherheit. Andernfalls würde die Beurteilung der Rückstellungsfähigkeit von der nur schwer einzuschätzenden Fortentwicklung der arbeitsrechtlichen Beurteilung schwieriger Rechtsfragen abhängen.

Der BFH widerspricht damit der in der Literatur vertretenen Auffassung, sämtliche Widerrufsvorbehalte seien steuerunschädlich, weil nach der aktuellen arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung Widerrufsvorbehalte nur noch nach billigem Ermessen zulässig und damit die Voraussetzungen des (aus diesem Grund auch überflüssigen) § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG stets zu bejahen seien. Wegen der bereits zum Bilanzstichtag erforderlichen Klarheit hinsichtlich der für die Bildung einer Pensionsrückstellung maßgeblichen Faktoren darf die Formulierung einer Pensionszusage nicht in das Belieben des Arbeitgebers gestellt werden.

Die Rückstellung ist im Streitfall nicht anzuerkennen

Hiervon ausgehend hat das FG die Rückstellungsbildung zutreffend verneint. Durch die einseitige Ersetzung der Transformationstrabelle und des Zinssatzes stand die Änderung der Pensionszusage im Belieben des Arbeitgebers (X-KG). Denn der Vorbehalt normiert nicht positiv (d.h. ausdrücklich)  einen nach der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannten, eng begrenzten Tatbestand, der nur ausnahmsweise eine Minderung oder einen Entzug der Pension gestattet.

Der in der Betriebsvereinbarung enthaltene Hinweis, dass das in § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG normierte Gebot der Wertgleichheit zu beachten sei, führt zu keinem anderen Verständnis. Denn ob und ggf. inwieweit das dem Arbeitgeber ausdrücklich eingeräumte freie Ermessen bei einer möglichen Ersetzung von Transformationstabelle und Zinssatz durch den Bezug auf das Gebot der Wertgleichheit eingeschränkt sein könnte, lässt sich der Betriebsvereinbarung nicht entnehmen.

Die Unklarheiten bestanden schon vor 2008

Zwar bestand die Ersetzungsbefugnis des Arbeitgebers noch nicht in den Streitjahren (2004 bis 2007). In diesen Jahren bereits zugeteilte "Versorgungsbausteine" sollten von einer Ausübung der Ersetzungsbefugnis nicht betroffen sein. Nach dem Gesetzeszweck genügt jedoch bereits die abstrakte Möglichkeit, dass aufgrund des Vorbehalts Abschläge auf eine Pensionsrückstellung nicht mit Gewissheit ausgeschlossen werden können. Das könnte hier der Fall sein. Denn nach der Betriebsvereinbarung hat die Ersetzungsbefugnis des Arbeitgebers "auch Wirkung für bereits bestehende, über den 31.12.2007 hinausgehende Entgeltumwandlungsvereinbarungen". Der Gesetzeszweck des § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG schließt es aus, dass im Hinblick auf diese "Wirkung" Erwägungen angestellt werden müssen, welche konkreten Folgen ein in das freie Ermessen des Arbeitgebers gestellter Vorbehalt für die Bewertung einer Pensionsrückstellung schon in den Streitjahren hat. Es soll auch vermieden werden, dass die Nachprüfbarkeit der Pensionszusage erschwert wird.

Hinweis: "Verböserungsverbot"

Im Streitfall lagen bereits die in § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG geregelten Voraussetzungen für die Bildung einer (weiter gehenden) Pensionsrückstellung nicht vor, so dass die Revision der KG zurückzuweisen war. Dabei konnte der BFH offen lassen, ob insoweit (auch) die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG (Schriftform) nicht erfüllt sind. Unerheblich ist auch, dass das FG zu den Grundlagen der Bewertung der Rückstellungen keine Feststellungen getroffen hat. Denn einer Änderung der angefochtenen Bescheide zum Nachteil der KG stände jedenfalls das Verböserungsverbot entgegen, das eine Verschlechterung der Rechtsposition des Revisionsklägers im Vergleich zu dem angefochtenen FG-Urteil untersagt.

Unschädliche Vorbehalte

Ergänzend sei auf R 6a Abs. 4 EStR hingewiesen. Dort sind Beispiele für Formulierungen unschädlicher allgemeiner und spezieller Vorbehalte aufgeführt.

BFH, Urteil v. 6.12.2022, IV R 21/19; veröffentlicht am 16.3.2023

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