Sonderausgabenabzug beim Wirtschaftsüberlassungsvertrag

Auf einem Wirtschaftsüberlassungsvertrag beruhende Leistungen des Nutzungsberechtigten an den Überlassenden sind nicht als Sonderausgaben abziehbar.

Hintergrund

Der Enkel E bewirtschaftet den im Eigentum seines Großvaters (GV) stehenden Hof. 1989 hatte GV die Bewirtschaftung dem Vater (V) des E überlassen. 2008 trat E als Wirtschaftsübernehmer in den Wirtschaftsüberlassungsvertrag ein. Nach dem Vertrag hat GV mit seiner Ehefrau das Recht der freien Mitbenutzung und, falls sie einen eigenen Haushalt gründen sollten, das Recht auf im Betrieb gewonnene Lebensmittel.

E ermittelte seinen Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen und machte Versorgungsleistungen aufgrund des Wirtschaftsüberlassungsvertrags in Höhe von rund 6.000 EUR als Sonderausgaben geltend. Das FA lehnte dies im Hinblick auf die ab 2008 geltende Neufassung des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG ab. Das FG gab der Klage statt. Es meinte, für Wirtschaftsüberlassungsverträge habe sich durch die Neufassung nichts geändert. 

Entscheidung

Der BFH widerspricht dem FG und lehnt - mit dem FA - den Sonderausgabenabzug ab.

Da E nach dem 31.12.2007 in den Wirtschaftsüberlassungsvertrag eingetreten ist, richtete sich der Sonderausgabenabzug nach der Neufassung des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG. Danach sind Versorgungsleistungen u.a. als Sonderausgaben abziehbar, wenn sie im Zusammenhang mit der Übertragung eines Betriebs stehen. 

Bis zu der Neuregelung wurde der Sonderausgabenabzug auch bei einem Wirtschaftsüberlassungsvertrag zugelassen. Das wurde damit begründet, es handele sich um einen familienrechtlichen Vertrag, dem in aller Regel die Vermögensübertragung in Vorwegnahme der künftigen Erbregelung folge oder der durch den Erbfall beendet werde. 

Demgegenüber wurden durch die Neufassung die Voraussetzungen des Sonderausgabenabzugs konkretisiert. Verlangt ist nunmehr u.a. die "Übertragung eines Betriebs". Die Regelung wurde auf ihren Kernbereich zurückgeführt und begünstigt lediglich noch Vermögensübertragungen im Zusammenhang mit Betriebsvermögen. Hätte der Gesetzgeber den Sonderausgabenabzug auch bei Wirtschaftsüberlassungsverträgen zulassen wollen, hätte er dies ausdrücklich regeln müssen. Für die - vom FG vorgenommene - über den Wortlaut hinaus gehende Auslegung der Vorschrift ist damit kein Raum. 

Im Übrigen besteht auch keine Notwendigkeit, Wirtschaftsüberlassungsverträge den Vermögensübergaben gegen Versorgungsleistungen gleichzustellen. Denn überlässt der Hofeigentümer seinen Betrieb zu einem angemessenen Entgelt, kann der Nutzende seine Aufwendungen für die altenteilsähnlichen Leistungen als Betriebsausgaben abziehen, und zwar unabhängig davon, ob er seinen Gewinn nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften (§ 13 EStG) oder nach Durchschnittssätzen (§ 13a EStG) ermittelt. 

Der BFH musste die Sache an das FG zurückverweisen. Dieses muss noch prüfen, in welcher Höhe die Versorgungsleistungen als Betriebsausgabe abziehbar sind. Da E nur sehr geringe Flächen überlassen wurden, könnten bei Leistungen von 6.160 EUR Bedenken hinsichtlich der Angemessenheit bestehen. 

Hinweis

Dem BFH ist zuzustimmen. Mit der Neuregelung wurde die bis dahin unklare Rechtslage dahin bereinigt, dass nur noch der Kernbereich, nämlich Vermögensübertragungen im Zusammenhang mit Betriebsvermögen begünstigt sind. Eine Auslegung gegen den Gesetzeswortlaut scheidet damit aus. 

Auch der Grundsatz von Treu und Glauben gebietet nicht die Beibehaltung der bisherigen Behandlung von Wirtschaftsüberlassungsverträgen. Der Gesetzeswortlaut kann durch Treu und Glauben nur in ganz besonders gelagerten Fällen zurückgedrängt werden, in denen das Vertrauen des Steuerpflichtigen in einem so hohen Maße schutzwürdig ist, dass die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zurücktreten müssen. Daran fehlt es hier. Selbst wenn man davon ausginge, dass beim Vertragsschluss im November 2008 trotz der Neuregelung zum 1.1.2008 die Rechtslage unklar war, ob auch Leistungen aufgrund eines Wirtschaftsüberlassungsvertrags begünstigt sind, würde es an einer ausreichenden Vertrauensbasis für eine Disposition des E. Bei einer ungeklärten Rechtslage kann es keinen Vertrauenstatbestand geben.

Urteil v. 25.6.2014, X R 16/13, veröffentlicht am 3.9.2014

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