Notärztlicher Bereitschaftsdienst bei Veranstaltungen
Hintergrund: Notärztliche Betreuung bei Veranstaltungen
Der Arzt A leistete u.a. den Bereitschaftsdienst bei Sport- und ähnlichen Veranstaltungen. Seine Aufgaben umfassten die Kontrolle des Veranstaltungsbereichs im Vorfeld und die Beratung der Verantwortlichen hinsichtlich möglicher Gesundheitsgefährdungen. A sollte bei Rundgängen während der Veranstaltungen frühzeitig Gefahren und gesundheitliche Probleme der anwesenden Personen erkennen. Bei Bedarf sollte er ärztliche Untersuchungen und Behandlungen von Patienten durchführen.
Das FA unterwarf diese gegenüber dem Veranstalter erbrachten Leistungen der USt. Die dagegen gerichtete Klage wies das FG mit der Begründung ab, die bloße Anwesenheit und Leistungsbereitschaft des A stelle keine ärztliche Leistung dar.
Entscheidung: Der notärztliche Bereitschaftsdienst ist Heilbehandlung
Der BFH vertritt eine großzügigere Auffassung. Der notärztliche Bereitschaftsdienst fällt unter den Begriff der Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin i.S.d. § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG. Die Vorschrift beruht auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL. Der Begriff der "Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin" i.S.d. MwStSystRL ist nicht eng auszulegen (EuGH "Dornier" vom 06.11.2003 - C-45/01, BFH/NV 2004, Beilage 1, 40-47). Er umfasst die Diagnose, die Behandlung und die Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen. Heilbehandlungen müssen einen therapeutischen Zweck haben.
Dazu gehören auch Leistungen, die zum Zweck der Vorbeugung erbracht werden (wie vorbeugende Untersuchungen und ärztliche Maßnahmen an Personen, die an keiner Krankheit oder Gesundheitsstörung leiden), sowie Leistungen, die zum Schutz einschließlich der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der menschlichen Gesundheit erbracht werden. Die Steuerbefreiung kommt somit ärztlichen Leistungen zugute, die den Schutz, die Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der menschlichen Gesundheit bezwecken (EuGH "Klinikum Dortmund" vom 13.03.2014 - C-366/12, BFH/NV 2014, 812; BFH Urteil vom 18.03.2015 - XI R 15/11, BStBl II 2015, 1058).
Keine Heilbehandlungen sind dagegen Maßnahmen, die anderen Zwecken dienen (BFH vom 30.04.2009 - V R 6/07, BStBl II 2009, 679, unter Verweis auf EuGH "D." vom 14.09.2000 - I-6795, BFH/NV Beilage 2001, 31, betr. Feststellung einer anthropologisch-erbbiologischen Verwandtschaft).
Der Notfalldienst geht über die Anwesenheit und Einsatzbereitschaft des Arztes hinaus
Hiervon ausgehend handelt es sich bei dem von A ausgeführten Notfalldienst um Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin. In der von ihm versehenen Form diente der Dienst unmittelbar dem Schutz und der Aufrechterhaltung der menschlichen Gesundheit. A hat nicht lediglich Anwesenheit und Einsatzbereitschaft geleistet. Denn seine Notfalldienste zielten - ähnlich wie Leistungen zum Zweck der Vorbeugung - darauf ab, gesundheitliche Gefahrensituationen frühzeitig zu erkennen, um sofort entsprechende Maßnahmen einleiten und damit einen größtmöglichen Erfolg einer (späteren) Behandlung sicherstellen zu können. Das ist eine unmittelbar ärztliche Tätigkeit, die auch nur von einem Arzt geleistet werden kann. Die Einbeziehung dieser Tätigkeit in die Steuerbefreiung steht mit den gesetzlichen Zielen im Einklang. Der BFH hob daher das entgegenstehende FG-Urteil im Streitpunkt auf und gab der Klage auch insoweit statt.
Hinweis: Keine enge Auslegung des Begriffs der Heilbehandlung
Der Begriff der Heilbehandlung (§ 4 Nr. 14 Buchst. a UStG, Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL) ist einerseits nicht zu eng auszulegen. Damit sind lediglich ärztliche Leistungen ausgeschlossen, die anderen Zwecken als der Heilung dienen, z.B. ein Abstammungsgutachten (EuGH "D." vom 14.09.2000 - I-6795, BFH/NV Beilage 2001, 31). Andererseits ist zu berücksichtigen, dass Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL (betr. Heilbehandlungen) – im Gegensatz zu Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL (betr. Krankenhausbehandlungen) – Umsätze die "mit ärztlichen Heilbehandlungen eng verbunden" sind, nicht mit einbezieht. Deshalb erfasst Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL mit ärztlichen Heilbehandlungen "eng verbundene Umsätze" grundsätzlich nicht. Ärztliche Maßnahmen, die andere Zwecke verfolgen, sind daher keine Heilbehandlungen i.S.v. § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG, Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL).
BFH Urteil vom 02.08.2018 - V R 37 17 (veröffentlicht am 02.01.2019)
-
Vorsteuerabzug bei Betriebsveranstaltungen
407
-
Antrag auf Aufteilung der Steuerschuld nach § 268 AO ist unwiderruflich
391
-
Sonderausgabenabzug für einbehaltene Kirchensteuer auf Kapitalerträge aus anderen Einkunftsarten
355
-
Abschreibung für eine Produktionshalle
350
-
Vermietung an den Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
293
-
Anschrift in Rechnungen
266
-
Berechnung der Zehn-Jahres-Frist bei sanierungsrechtlicher Genehmigung
220
-
Teil 1 - Grundsätze
217
-
Korrektur des IAB-Abzugs nach § 7g Abs. 3 EStG
210
-
Entgeltlicher Verzicht auf Nießbrauch bei einem vermieteten Grundstück
2051
-
Unentgeltliche Übertragung eines Teil-Mitunternehmeranteils
23.12.2025
-
Rückgängigmachung eines nicht ordnungsgemäß angezeigten Erwerbsvorgangs
23.12.2025
-
Einbringung von Anteilen an einer grundbesitzenden PersG in erst kurz zuvor gegründete KapG
22.12.2025
-
Besteuerung von Zahlungen aus einem US-amerikanischen 401(k) pension plan
22.12.2025
-
Schadenersatz wegen Datenschutzverstößen einer Finanzbehörde
22.12.2025
-
Grunderwerbsteuer bei Verlängerung der Beteiligungskette
19.12.2025
-
Grunderwerbsteuer bei Verkürzung der Beteiligungskette
19.12.2025
-
Alle am 18.12.2025 veröffentlichten Entscheidungen
18.12.2025
-
Abgeltungszahlungen für den Urlaubsanspruch
17.12.2025
-
Anwendungsbereich des § 64 EStG
17.12.2025