Korrektur unzutreffender Steuerschuldnerschaft des Bauträgers

Ist ein Bauträger fälschlich davon ausgegangen, als Leistungsempfänger Steuerschuldner für von ihm bezogene Bauleistungen zu sein, kann er das Entfallen der unzutreffenden Besteuerung ohne weitere Voraussetzungen geltend machen (entgegen BMF-Schreiben v. 26.7.2017, BStBl I 2017 S. 1001).

Hintergrund: USt-Rückforderung durch den Bauträger

Die Bauträgerin (A) errichtete in 2011 bis 2013 Gebäude auf eigenen Grundstücken, die sie anschließend – umsatzsteuerfrei nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG - veräußerte. Für die Errichtung bezog sie Bauleistungen von Bauunternehmern (B), die ihr Nettorechnungen stellten, da sie übereinstimmend mit A davon ausgingen, diese sei als Leistungsempfängerin Steuerschuldnerin. Dementsprechend erklärte A USt nach § 13b UStG (Reverse-Charge-Verfahren). Gegen die entsprechende Steuerfestsetzung wandte A unter Hinweis auf das BFH-Urteil v. 22.8.2013, V R 37/10 (BStBl II 2014 S. 128) ein, als Bauträgerin sei sie nicht Steuerschuldnerin. Dem folgte das FG und gab der Klage statt.

Entscheidung: Keine Einschränkungen für die Rückforderung durch den Bauträger

Der BFH teilt die Auffassung des FG. A war nicht Steuerschuldnerin nach § 13b UStG. Denn ein Bauträger erbringt keine Bauleistung, sondern liefert – steuerfrei - bebaute Grundstücke (BFH v. 22.8.2013, V R 37/10, BStBl II 2014 S. 128). Hat ein Bauträger in der fälschlichen Annahme seiner Steuerschuld von ihm bezogene Bauleistungen nach § 13b UStG versteuert, kann er die Rechtswidrigkeit dieser Besteuerung nachträglich geltend machen, ohne dass es darauf ankommt, ob er einen gegen ihn gerichteten Nachforderungsanspruch des leistenden Unternehmers erfüllt oder die Möglichkeit für eine Aufrechnung durch das FA besteht. Das Entfallen einer rechtswidrigen Besteuerung nach § 13b UStG hängt nicht von weiteren Voraussetzungen ab. Denn die Steuerfestsetzung ist gegenüber dem Erhebungsverfahren vorgreiflich. Das wird durch die Übergangsregelung in § 29 Abs. 19 UStG bestätigt. Danach ist die Steuerfestsetzung gegenüber dem Leistenden (B) zu ändern, soweit der Leistungsempfänge (A) die Steuererstattung fordert. Eine vergleichbare Regelung zu Lasten des Leistungsempfängers (A), der sich unzutreffend als Steuerschuldner nach § 13b UStG angesehen hat, gibt es nicht.

Keine Steuerschuld aufgrund Treu und Glauben

Das Verlangen der A nach einer gesetzeskonformen Besteuerung verstößt nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Dieser Grundsatz hat lediglich rechtsbegrenzende Wirkung innerhalb bestehender Schuldverhältnisse. Er bewirkt nicht, dass Steueransprüche oder -schulden überhaupt erst zum Entstehen oder Erlöschen gebracht werden. Im Streitfall hat die Finanzverwaltung den Anwendungsbereich des § 13b UStG auf Leistungsempfänger ohne Recht auf Vorsteuerabzug erweitert und A als Bauträgerin rechtswidrig besteuert. Das Verlangen nach Korrektur dieser rechtswidrigen Besteuerung, ohne zuvor einen Nachforderungsanspruch des leistenden Unternehmers erfüllt zu haben, ist im Verhältnis zum FA nicht treuwidrig und stellt auch keine unzulässige Rechtsausübung dar. Die Erstattung zuviel entrichteter USt steht auch nicht im Widerspruch zum Neutralitätsgrundsatz. Der BFH bestätigte daher das FG-Urteil und wies die Revision des FA zurück. 

Hinweis: Abweichung von der Verwaltungsauffassung

Der BFH widerspricht damit der Auffassung des BMF in dem Schreiben v. 26.7.2017 (BStBl I 2017 S. 1001 S. Rz 15a). Die Finanzverwaltung sah früher die Bauträger als Steuerschuldner für die von ihnen bezogenen Bauleistungen an. Auf die Entscheidung des BFH, nach der der Bauträger von vornherein nicht USt-Schuldner sein kann (BFH v. 22.8.2013, V R 37/10, BStBl II 2014 S. 128) reagierte der Gesetzgeber in 2014 durch Änderung des § 13b UStG zum 1.10.2014 und eine Übergangsregelung für Altfälle (Stichtag 15.2.2014). Seitdem ist die Steuerschuldnerschaft im Baubereich eindeutig geregelt. Ungeklärt war bislang, ob das FA zur Verhinderung von Steuerausfällen dem Erstattungsverlangen des Bauträgers für Leistungsbezüge bis Februar 2014 nur nachkommen muss, wenn dieser die USt an den leistenden Bauunternehmer nachzahlt oder für das FA eine Aufrechnungsmöglichkeit gegen den Bauträger dadurch besteht, dass der Bauunternehmer seinen Anspruch gegen den Bauträger an das FA abtritt. Wie der BFH nunmehr entschieden hat, sind diese Einschränkungen des BMF-Schreibens v. 26.7.2017 (BStBl I 2017 S. 1001 S. Rz 15a) nicht vom Gesetz gedeckt.

BFH, Urteil v. 27.9.2018, V R 49/17; veröffentlicht am 14.11.2018.

Schlagworte zum Thema:  Bauträger, Erstattung, Umsatzsteuer, Steuerschuldner