Keine Kürzung des Unterhaltshöchstbetrags wegen Zusammenlebens mit einem Lebensgefährten
Hintergrund: Das Kind lebt mit einem Lebensgefährten zusammen
Die Eltern (Ehegatten) machten für das Streitjahr 2014 Unterhaltsaufwendungen an ihre (über 25-jährige) studierende Tochter T nach § 33a EStG geltend. T lebte mit ihrem Lebensgefährten (und späteren Ehemann) N in einer gemeinsamen von N angemieteten Wohnung. T hatte im Streitjahr nur geringe eigene Einkünfte. Über eigenes Vermögen verfügte sie nicht.
Das FA berücksichtigte die Unterhaltsaufwendungen nur zur Hälfte. Da T in einer Haushaltsgemeinschaft mit N gelebt habe, sei zu vermuten, dass beide aus einem Topf gewirtschaftet hätten. Folglich sei T auch von N aus dessen Einkommen unterhalten worden. Werde der Unterhaltsberechtigte von mehreren Steuerpflichtigen unterhalten, könne der Unterhaltshöchstbetrag nach § 33a Abs. 1 Satz 7 EStG nur anteilig und damit im Streitfall nur hälftig gewährt werden.
Das FG gab der Klage mit der Begründung statt. Die Aufteilung nach § 33a Abs. 1 Satz 7 EStG setze die (hier fehlende) zivilrechtliche Unterhaltsverpflichtung (oder Gleichstellung nach § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG) beim anderen Unterhaltleistenden voraus.
Entscheidung: Keine Kürzung des Unterhaltshöchstbetrags
Der Unterhaltshöchstbetrag steht den Eltern in voller Höhe zu, allerdings gekürzt um die eigenen Einkünfte der T.
Keine Aufteilung nach § 33a Abs. 1 Satz 7 EStG
Eine Aufteilung des Unterhaltshöchstbetrags auf mehrere Personen kommt nur in Betracht, wenn jeder von ihnen gegenüber dem Unterhaltsempfänger gesetzlich unterhaltsverpflichtet ist (§ 33a Abs. 1 Satz 1 EStG) oder der Unterhaltsempfänger einer unterhaltsberechtigten Person gleichgestellt ist (§ 33a Abs. 1 Satz 3 EStG). Denn bei Unterhaltsgewährung durch mehrere Steuerpflichtige kann kein höherer Betrag anerkannt werden als bei der Zahlung durch eine Einzelperson.
Der Lebensgefährte ist nicht gesetzlich unterhaltsverpflichtet
Hiervon ausgehend kommt eine anteilige Aufteilung nach § 33a Abs. 1 Satz 7 EStG nicht in Betracht. Denn N war der T gegenüber als Nicht-Ehegatte nicht gesetzlich unterhaltsverpflichtet. T war auch nicht eine nach § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG einer gesetzlich Unterhaltsberechtigten gleichgestellte Person. Zwischen ihr und N bestand offenbar keine sozialrechtliche Bedarfsgemeinschaft, die eine der gesetzlichen Unterhaltspflicht gleichzusetzende konkrete Beistandsverpflichtung des N für T hätte begründen können. Denn T war wegen der Unterhaltsleistungen ihrer Eltern (und ihrer eigenen geringen Erwerbseinnahmen) nicht hilfsbedürftig (i.S.v. § 9 Abs. 1 SGB II).
Keine Minderung nach § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG
Es liegen auch keine Unterhaltsleistungen des N vor, die als den Unterhaltshöchstbetrag mindernde eigene Bezüge der T angesetzt werden könnten. Denn N hat an T im Streitjahr keine Unterhaltszahlungen geleistet. Vielmehr haben T und N die Kosten des gemeinsamen Haushalts jeweils zur Hälfte getragen. Nach dem festgestellten Sachverhalt hat T die Miete für die gemeinsame (von N angemieteten) Wohnung bezahlt und aus den Unterhaltszahlungen ihrer Eltern bestritten. N hat einen entsprechenden Beitrag für die darüber hinausgehenden Kosten des gemeinsamen Haushalts aufgewandt. Mit diesen Zahlungen hat N weder den Unterhaltsbedarf von T gemindert noch ihr dadurch – ohne Rechtspflicht – Unterhalt geleistet. Vielmehr erfüllte er dadurch seine eigene Verpflichtung zur Übernahme der hälftigen Kosten des gemeinsamen Haushalts.
Kein Erfahrungssatz, dass Lebensgefährten stets "aus einem Topf" wirtschaften
Bei Lebensgefährten, die in einem gemeinsamen Haushalt leben und über auskömmliche Mittel zur Deckung des eigenen Lebensbedarfs verfügen, ist regelmäßig davon auszugehen, dass sie sich einander keine Leistungen zum Lebensunterhalt gewähren, sondern jeder für den eigenen Lebensunterhalt – durch die Übernahme der hälftigen Haushaltskosten – aufkommt.
Woraus die "eigenen" finanziellen Mittel stammen, insbesondere ob es sich um (steuerbare) Einkünfte, Bezüge oder Unterhaltsleistungen Dritter handelt, ist insoweit unerheblich.
Die Vorlage einer Vereinbarung über die Kostentragung oder eine wechselseitige Abrechnung der Haushaltskosten nach Art eines Mittelverwendungsnachweises ist insoweit nicht erforderlich. Den Erfahrungssatz, dass Lebensgefährten stets aus "einem Topf" wirtschaften und daher das Gesamteinkommen der Gemeinschaft jedem gleichermaßen zur Verfügung steht, d.h. dass insoweit Zuwendungen entstehen, anerkennt der BFH nicht für Fälle, in denen (wie im Streitfall) beiden Partnern ausreichende Mittel zur Verfügung stehen. Er gilt nur in einer sozialrechtlichen Bedarfsgemeinschaft.
Hinweis: Unterhaltsleistungen Dritter als den Höchstbetrag mindernde "andere Bezüge"
Unterhaltsbeiträge von Personen, die die Voraussetzungen von § 33a Abs. 1 Sätze 1 und 3 EStG nicht erfüllen, führen nicht zu einer anteiligen Kürzung des Unterhaltshöchstbetrags nach § 33a Abs. 1 Satz 7 EStG. Regelmäßige Unterhaltsleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtungen erbracht werden, sind jedoch als "andere Einkünfte und Bezüge" der unterhaltenen Person gemäß § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG gegenzurechnen, so dass der Unterhaltshöchstbetrag des unterhaltspflichtigen Abzugsberechtigten entsprechend zu mindern ist (BFH v. 19.5.2004, III R 30/02, BStBl II 2004, 943). Nicht darunter fallen allerdings gelegentliche freigebige Zuwendungen nicht unterhaltsverpflichteter Dritter. Das sind keine Bezüge i.S. des § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG. Sie sind zur Bestreitung des Unterhalts weder bestimmt noch geeignet, wenn sie sich im sozialüblichen Rahmen bewegen.
BFH Urteil vom 28.04.2020 - VI R 43/17 (veröffentlicht am 03.09.2020)
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