EU-Geldbußen keine Betriebsausgabe

Richtet sich die Bemessung einer Geldbuße wegen eines Kartellverstoßes allein nach dem Grundbetrag, ist die Geldbuße nicht - auch nicht teilweise - als Betriebsausgabe abziehbar.

Hintergrund

Gegen eine KG wurde im Streitjahr 2006 wegen einer Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG-Vertrag und Art. 53 EWR-Abkommen eine Geldbuße festgesetzt. Bei der Bemessung der Geldbuße ermittelte die Kommission einen Ausgangsbetrag, den sie im Hinblick auf die lange Dauer der Zuwiderhandlung von 9 Jahren um 90 % (10 % pro Jahr) auf einen "Grundbetrag" erhöhte. Da dieser Grundbetrag 10 % des Gesamtumsatzes überstieg, wurde er sodann wieder auf einen Höchstbetrag herabgesetzt. 

Die KG bildete auf 31.12.2006 wegen der damals noch nicht entrichteten Geldbuße eine Rückstellung in Höhe eines nach ihrer Auffassung steuerlich zu berücksichtigenden geschätzten "Abschöpfungsteils", d.h. soweit mit der Geldbuße der durch den Gesetzesverstoß erlangte wirtschaftliche Vorteil abgeschöpft wurde. Dem widersprach das FA. Es hatte sich im Einspruchsverfahren an die "Generalkommission Wettbewerb" der Kommission gewandt und die Antwort erhalten, entsprechende Geldbußen dienten der Abschreckung und die Kommission könne  daher keinen Abschöpfungsanteil bestimmen.

Das FG wies die Klage mit der Begründung ab, eine Abschöpfung sei nicht feststellbar. Auch im Schätzungswege könne daher kein Anteil berücksichtigt werden.

Entscheidung

Mit dem FA und dem FG verneint auch der BFH die Bildung einer Rückstellung für einen Abschöpfungsanteil an der Geldbuße. Die Revision der KG wurde zurückgewiesen.

Von Organen der Europäischen Gemeinschaften festgesetzte Geldbußen dürfen grundsätzlich den Gewinn nicht mindern (§ 4 Abs. 5 Nr. 8 Satz 1 EStG). Das Abzugsverbot gilt lediglich nicht, soweit der wirtschaftliche Vorteil, der durch den Gesetzesverstoß erlangt wurde, abgeschöpft worden ist, d.h. soweit die Geldbuße eine Abschöpfungsteil enthält (§ 4 Abs. 5 Nr. 8 Satz 4 EStG).

Der BFH verweist zunächst auf die Leitlinien der Kommission für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen. Aus diesen Leitlinien aus 2006, die die früheren Leitlinien präzisieren, ergibt sich, dass die Geldbußen den Zweck verfolgen, die Zuwiderhandlung der beteiligten Unternehmen zu sanktionieren (Spezialprävention) und andere Unternehmen abzuschrecken (Generalprävention). Gleichwohl – wie der BFH schon in 2004 entschieden hat – schließt diese Zweckbestimmung grundsätzlich nicht aus, dass mit derartigen Geldbußen auch durch den Wettbewerbsverstoß erlangte wirtschaftliche Vorteile teilweise abgeschöpft werden (BFH, Beschluss v. 24.3.2004, I B 203/03, BFH/NV 2004, 959).

Für den Streitfall verneint der BFH jedoch, dass die Geldbuße auch einen Abschöpfungsteil umfasst. Das scheidet deshalb aus, weil die Geldbuße nach einem Grundbetrag bemessen wurde, der anschließend auf einen Höchstbetrag gekürzt wurde. Nach den Leitlinien enthält der Grundbetrag keinen Abschöpfungsanteil. Eine eventuelle Gewinnabschöpfung erfolgt erst im Rahmen einer nach den Leitlinien möglichen Erhöhung des Grundbetrags wegen erschwerender Umstände. Eine derartige Erhöhung liegt im Streitfall jedoch nicht vor.

Hinweis

Bei der Festsetzung des Grundbetrags scheidet daher stets die Berücksichtigung von Abschöpfungsgesichtspunkten aus. Ob solche Aspekte bei der Bemessung einer Geldbuße zum Tragen gekommen sind, ist erst zu untersuchen, wenn und soweit es im konkreten Fall zu einer Erhöhung des Grundbetrags gekommen ist.

Urteil v. 07.11.2013, IV R 4/12, veröffentlicht am 19.2.2014