Einkünfteerzielungsabsicht bei der Vermietung von Gewerbeobjekten
Hintergrund
Zum Abzug vorab entstandener Aufwendungen bei langjährigem Leerstand von Wohnungen hat der BFH in dem Grundsatzurteil v. 11.12.2012, IX R 14/12 (BStBl II 2013, 279), zwei Fallgruppen gebildet:
- Aufwendungen für eine nach Herstellung, Anschaffung oder Selbstnutzung leerstehende Wohnung sind als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar, wenn die Einkünfteerzielungsabsicht erkennbar aufgenommen (und später nicht wieder aufgegeben) wurde.
- Bei einer Wohnung, die nach vorheriger (auf Dauer angelegter) Vermietung leer steht, ist der Werbungskostenabzug weiterhin möglich, solange eine Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht nicht festgestellt werden kann.
Im aktuellen Streitfall ging es nicht um ein Wohnobjekt, sondern um eine Gewerbeimmobilie. Die A-GbR pachtete ein mit einer Halle und einem Bürogebäude bebautes Grundstück, das bereits drei Jahre leer stand. Die Gebäude waren schadhaft; die Halle konnte noch für Lagerzwecke genutzt werden. Die GbR gab an, trotz Bemühungen habe sie nur einzelne Teilflächen vermieten können. Sie erzielte in den Streitjahren (1999 bis 2005) lediglich Einnahmen von rund 8.000 EUR, denen Werbungskosten von rund 116.000 EUR gegenüber standen.
Das FA stellte die Einkünfte der GbR aus Vermietung und Verpachtung mit jeweils 0 EUR fest. Dem folgte das FG und in der Revision auch der BFH.
Entscheidung
Aufwendungen im Zusammenhang mit der beabsichtigten Vermietung eines leerstehenden Grundstücks, die anfallen, bevor Einnahmen erzielt werden, sind nach allgemeinen Grundsätzen als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar.
Bei Gewerbeimmobilien ist jedoch zu beachten, dass die vom BFH für Wohnobjekte in der o.g. Leitentscheidung aufgestellten typisierenden Vermutungen nicht anwendbar sind. Bei Gewerbeimmobilien ist stets im Einzelfall konkret festzustellen, ob der Betreffende tatsächlich beabsichtigt hat, auf die voraussichtliche Nutzungsdauer einen Überschuss zu erzielen. Die Beweislast dafür trifft den Steuerpflichtigen. Ist ihm bekannt oder zeigt es sich später, dass für das Objekt kein Markt besteht und die Immobilie daher nicht vermietbar ist, muss er, um die Aufnahme oder Fortdauer seiner Vermietungsabsicht zu belegen, zielgerichtet darauf hinwirken, einen vermietbaren Zustand zu erreichen. Bleibt er untätig, spricht dies gegen den Entschluss zu vermieten bzw. für die Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht.
Im Streitfall handelte es sich um ein Objekt mit geringer, wenn nicht sogar nahezu fehlender Marktgängigkeit. Als gewerblicher Zwischenmieter hätte die GbR darauf reagieren und durch bauliche Umgestaltungen einen vermietbaren Zustand herstellen müssen. Die Revision wurde daher zurückgewiesen.
Hinweis
Der Grundsatz, dass bei einer auf Dauer ausgerichteten Vermietung die Einkünfteerzielungsabsicht vermutet wird, gilt somit nur für die Vermietung von Wohnungen, und zwar auch dann, wenn der Mieter das Objekt nicht zu Wohnzwecken nutzt. Anders ist es - wie hier - bei der Vermietung von Gewerbeobjekten. Hier muss die Einkünfteerzielungsabsicht konkret festgestellt werden.
Der BFH ergänzt noch, dass die Schaltung von Vermietungsanzeigen und der Kontakt mit Mietinteressenten für die Einkünfteerzielungsabsicht nicht ausreichen, wenn das Objekt gleichzeitig auch zum Verkauf angeboten wird. Denn es ist dann letztlich noch offen ist, ob tatsächlich vermietet werden soll.
Urteil v. 19.2.2013, IX R 7/10, veröffentlicht am 8.5.2013
Alle am 8.5.2013 veröffentlichten Entscheidungen im Überblick
-
Antrag auf Aufteilung der Steuerschuld nach § 268 AO ist unwiderruflich
787
-
Vermietung an den Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
764
-
Abschreibung für eine Produktionshalle
710
-
BVerfG verhandelt im November zum Solidaritätszuschlag
542
-
Berechnung der Zehn-Jahres-Frist bei sanierungsrechtlicher Genehmigung
536
-
Anschrift in Rechnungen
504
-
Sonderausgabenabzug für einbehaltene Kirchensteuer auf Kapitalerträge aus anderen Einkunftsarten
473
-
Abzug von Fahrtkosten zur Kinderbetreuung
459
-
Selbst getragene Kraftstoffkosten bei der 1 %-Regelung
452
-
Neue Grundsteuer B in Baden-Württemberg ist verfassungsmäßig
443
-
Neue anhängige Verfahren im November 2024
03.12.2024
-
Herstellung von Alkohol durch einen Obstlandwirt
03.12.2024
-
Keine Schätzungsbefugnis bei pauschaler Verbuchung der Entnahme von Non-Food-Artikeln
02.12.2024
-
Bemessung der Schenkungsteuer bei niedrig verzinsten Darlehen
02.12.2024
-
Ablösung eines unentgeltlichen Nießbrauchs nicht steuerbar
02.12.2024
-
Übergewinne von Stromerzeugern durften abgeschöpft werden
29.11.2024
-
Gemeinnützigkeit und Verfassungsschutzbericht
28.11.2024
-
Keine Steuerbegünstigung für extremistische Körperschaften
28.11.2024
-
Alle am 28.11.2024 veröffentlichten Entscheidungen
28.11.2024
-
Kein Anspruch auf Zahlung von Umsatzsteuer auf PV-Anlagen nach dem 1.1.2023
27.11.2024