Einkommensteuer-Entrichtungspflicht des Zwangsverwalters
Hintergrund
Streitig war, ob die ESt, die aus der Vermietung von unter Zwangsverwaltung stehenden Grundstücken herrührt, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Insolvenzverwalter oder vom Zwangsverwalter zu entrichten ist.
Im Vermögen des Schuldners befanden sich bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens vermietete Grundstücke. Der Einnahmenüberschuss aus der Vermietung betrug im Streitjahr rund 24.000 EUR. Das FA setzte die aus diesen Einkünften resultierende ESt gegen den Insolvenzverwalter fest (4.724 EUR). Dieser wandte ein, die Festsetzung sei nicht gerechtfertigt, da nicht er, sondern allein der Zwangsverwalter über den Grundbesitz habe verfügen können.
Das FG wies die Klage des Insolvenzverwalters im Streitpunkt ab. Dieser habe die anteilig auf die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung entfallende ESt als Masseverbindlichkeit zu entrichten.
Entscheidung
Der BFH widerspricht dem FG. Nicht der Insolvenzverwalter, sondern der Zwangsverwalter hat die ESt des Schuldners zu entrichten, soweit sie aus der Vermietung der im Zwangsverwaltungsverfahren beschlagnahmten Grundstücke herrührt. Das gilt auch dann, wenn während der Zwangsverwaltung das Insolvenzverfahren eröffnet wird, solange die Zwangsverwaltung nicht aufgehoben ist.
Der Zwangsverwalter tritt als Vermögensverwalter und damit als weiterer Steuerpflichtiger neben den Steuerschuldner. Außer seinen sonstigen Pflichten hat er auch die steuerlichen Pflichten des Vollstreckungsschuldners zu erfüllen, soweit sie aus der ordnungsgemäßen Verwaltung des beschlagnahmten Vermögens herrühren. Steuerschuldner bleibt jedoch der Vollstreckungsschuldner. Die Anordnung der Zwangsverwaltung lässt bestehende Miet- oder Pachtverhältnisse unberührt. Erzielt der Zwangsverwalter daraus Einnahmeüberschüsse, ist die darauf entfallende ESt des Schuldners unmittelbar durch die Verwaltung verursacht. Denn der Verwalter übt die Überlassung des Grundstücks im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung selbst aus. Die ESt weist somit einen hinreichenden Bezug zu dem der Zwangsverwaltung unterliegenden Vermögen auf.
Die früher vom BFH vertretene gegenteilige Auffassung (Urteil v. 22.8.1958, VI 157/57), die ESt sei nur vom Schuldner persönlich zu entrichten, ist damit überholt. Der BFH hatte vertreten, der Zwangsverwalter hafte nicht für die auf einen Überschuss aus der Zwangsverwaltung entfallende ESt des Eigentümers.
An der Entrichtungspflicht des Zwangsverwalters ändert sich nichts, wenn - wie im Streitfall - während der Zwangsverwaltung das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Treffen die Zwangsverwaltung und die Insolvenzverwaltung zeitlich zusammen, haben beide Verwalter die steuerlichen Pflichten des Schuldners zu erfüllen, soweit ihre Verwaltungsbefugnis jeweils reicht. Dabei hat eine früher angeordnete Zwangsverwaltung grundsätzlich Vorrang vor der Insolvenzverwaltung. Denn mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht zwar die an das Eigentum geknüpfte Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter über. Die Befugnis, das Grundstück zu verwalten und zu benutzen und auch der Besitz verbleiben jedoch beim Zwangsverwalter.
Hinweis
Die Entscheidung, dass neben dem Schuldner auch der Zwangsverwalter die aus der Zwangsverwaltung resultierende ESt entrichten muss, bedeutet für Zwangsverwalter eine erhebliche Ausweitung ihrer Aufgaben und Pflichten. Insolvenzverwalter - wie im Streitfall der Kläger - werden hingegen entlastet. Die Entrichtungspflicht des Zwangsverwalters für die anteilig auf seine Tätigkeit entfallende ESt des Schuldners liegt auf einer Linie mit der neueren Rechtsprechung des BFH zur Entrichtungspflicht des Zwangsverwalters bezüglich der USt und der Kfz-St im Zusammenhang mit seiner Verwaltungstätigkeit.
BFH, Urteil v. 10.2.2015, IX R 23/14, veröffentlicht am 10.6.2015
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